Liebe Unerwuenscht
Jennifers Stimme erkannte. »Was willst du?«
»Mich entschuldigen. Ich habe dich offensichtlich gekränkt. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich weiß nicht warum, aber du hast mich völlig missverstanden.«
»Ach. Wolltest du etwa nicht, dass ich dir interne Informationen beschaffe?«
»Ja, schon. Aber . . .«
»Dann habe ich dich doch ausgezeichnet verstanden«, erwiderte Caroline kühl.
»Verdammt. Diese Informationen sind mir im Moment total Schnuppe!« entfuhr es Jennifer. »Ich will . . . dich sehen, mit dir reden, diesen dummen Irrtum aus der Welt schaffen. Ich wollte dich nicht manipulieren.«
»Na schön, kann sein. Trotzdem. Ich halte es für keine gute Idee, dass wir weitermachen. Ganz ehrlich, Jennifer. Du bist eine Spur zu anstrengend für mich. Ich kann das nicht. Deine Art . . . das ist nicht mein Ding.«
»Was meinst du?«
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Aber du wusstest . . .«, begann Jennifer.
». . . ja, ich wusste es«, unterbrach Caroline sie. »Und habe es akzeptiert. Oder habe ich dich um irgend etwas gebeten? Ich wüsste nicht. Im Gegenteil. Ich sage dir, es ist in Ordnung. Du kannst gehen. Warum tust du es nicht endlich? Was willst du?«
Pause. Caroline lauschte in den Hörer.
»Noch eine Nacht mit dir«, sagte Jennifer leise.
Caroline glaubte sich verhört zu haben. »Was?«
Wieder Stille am anderen Ende. Keine Antwort. Dann ein Knacken in der Leitung. Jennifer hatte aufgelegt.
Langsam legte Caroline das Telefon zurück auf die Ladestation, Jennifers leise Worte immer noch im Ohr. Caroline wusste nicht, ob sie sich ärgern sollte. Dem Inhalt der Worte nach müsste sie es tun, aber dem Klang nach? Jennifers Stimme hatte so gar nichts Provokatives gehabt. Sie klang eher verwundert.
Jennifer hielt immer noch den Hörer fest, obwohl sie ihn schon lange aufgelegt hatte. Sie wurde nicht so sehr von der Frage beherrscht, was sie da eben gesagt hatte. Nein. Der Wunsch an sich bereitete Jennifer keine Sorgen. Es war nicht das erste Mal, dass sie so etwas gesagt hatte. Aber es war das erste Mal, dass sie sich so dabei fühlte. So – allein. Und was war das für ein seltsames Stechen in der Brust? Das alles irritierte Jennifer mächtig, machte sie unduldsam. Sie griff nach dem erstbesten Gegenstand und warf ihn unbeherrscht auf den Boden. Glas klirrte. Entgeistert blickte Jennifer auf die Scherben. Das war einmal eine schöne Kristallkaraffe gewesen.
Jennifer fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
Hättest besser vom Büro aus angerufen. Da gibt es keine so zerbrechlichen Gegenstände.
Sie holte Handfeger und Schaufel und kehrte die Scherben zusammen.
Es klingelte an der Tür. Genervt warf Jennifer die Schaufel hin, die Scherben klirrten erneut auf den Boden.
»Hallo holde Schönheit«, begrüßte Beatrice sie gutgelaunt, als Jennifer die Tür öffnete. Einem prüfenden Blick folgte die Frage: »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?« Sie ging an Jennifer vorbei, durchquerte zielsicher den Flur in Richtung Wohnzimmer und sah dort die Scherben am Boden liegen. »Oh«, rief sie. »Unfall oder Zerstörungswut?«
Jennifer brummte nur.
»Letzteres«, konstatierte Beatrice unbeeindruckt. »Wir sind gerade etwas gereizt.«
»Weshalb bist du gekommen?« fragte Jennifer.
»Und wir sprühen heute wieder vor Charme.« Beatrice ignorierte Jennifers schlechte Laune konsequent.
»Ja, ja.« Jennifer winkte ab.
»Also, wenn du so nett fragst: Ich soll einen Artikel über das Krankenhaus schreiben. Wie du ja weißt, wird es Veränderungen in den Besitzverhältnissen geben. Was wird das mit sich bringen? Es interessiert die Leute, welche medizinische Versorgung sie in Zukunft erwarten können. Ob sie mit einem akuten Blinddarm siebzig Kilometer bis zur nächsten Klinik fahren müssen oder nicht. Da dachte ich: Frag doch mal jemanden, der sich auskennt.«
»Fang du auch noch damit an! Als ob es nicht reichen würde, dass Caroline mir pausenlos nur Schlechtes unterstellt.«
Beatrice zog die Augenbrauen hoch. »Caroline? Ist das nicht . . .«
»Ja!«
»Sie hält wohl nichts von deinen Plänen?«
»Nein.«
»Und?«
»Was und?«
»Macht das die Sache für dich schwierig?«
»Nicht im geringsten«, erwiderte Jennifer verbissen. »Du glaubst doch wohl nicht, ich stoppe das Projekt, nur weil es Caroline nicht gefällt. Außerdem ist die Sache im Stadtrat beschlossen.«
»Du bist immerhin die Initiatorin des Ganzen. Du hast großen Einfluss im Stadtrat.
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