Liebe vor der Kamera
abend erhalten habe.« Sie stand auf und stöhnte. »Ich
habe das Gefühl, als wären sämtliche Organe verrutscht .«
»Die fallen nach ein paar Tagen
meistens wieder an ihren angestammten Platz zurück«, erwiderte ich.
»Wenn Sie weiter so
teilnahmsvoll sind, fange ich gleich an zu heulen .« Sie betrachtete aufmerksam mein Gesicht. »Auf Ihrem Kinn leuchtet ja ein
prächtiger blauer Fleck. Der Anblick allein hebt mein Wohlbefinden ganz
gewaltig .«
7
Die Schmerzen waren fast ganz
abgeklungen, und ich fühlte mich gestärkt von dem saftigen Steak, das ich zum
Abendessen verzehrt hatte. Nachdem Marisa das Badezimmer geräumt hatte, hatte
ich eine lange, heiße Dusche genommen und dann ein frisches Hemd und eine
frische Hose angezogen. Jetzt hockte Marisa mir gegenüber mit angezogenen
Beinen auf der Couch, in der Hand ein Glas Scotch mit Soda. Sie trug eine
orangefarbene Bluse, Jeans, und wirkte frisch wie der junge Morgen. Die kurzen,
blonden Locken hatte sie mit der Bürste bearbeitet, so daß sie jetzt wie ein
goldener Heiligenschein um ihren Kopf standen.
»Es hätte mir wirklich nichts
ausgemacht, ihn mit einer anderen Frau zu teilen«, sagte sie. »Ehrlich! Aber
ausgerechnet diese Gail Corinth. Sie ist eiskalt und berechnend .«
»Sie verstanden sich nicht mit
ihr ?« erkundigte ich mich, scharfblickend wie ich nun
einmal bin.
»Zu Anfang gab sie sich die
größte Mühe. Bis sie sicher war, daß sie meinen armen Vater so fest an der
Angel hatte, daß sie sich meinetwegen keine Sorgen mehr zu machen brauchte.
Dann kam sie mir mit der altbewährten Masche der großen Schwester. Sie wissen
schon. >Warum versuchst du es nicht einmal mit einer neuen Frisur, Kind? Du
solltest dir Freunde in deinem Alter suchen, weißt du. Dein Vater ist jetzt ein
bedeutender Mann, Liebes, du kannst nicht erwarten, daß er weiterhin soviel
Zeit für dich hat wie damals, als er noch ein armseliger Schulmeister auf dem
Land war .< Ich hatte die Nase so voll von dem
Getue, daß ich es einfach nicht mehr ertragen konnte. Wir hatten ein paar tolle
Kräche, und sie erzählte natürlich immer alles brühwarm meinem Vater .« Sie zuckte die Achseln. »Da fand ich schließlich, es wäre
einfacher für ihn, wenn ich gar nicht vorhanden wäre, und bin gegangen .«
»Wohin?«
»Ich besaß etwas eigenes Geld —
zweihundert Dollar. Ich nahm mir in einer Absteige in West-Hollywood ein
Zimmer. Ich fand, es wäre an der Zeit, Bilanz zu ziehen .« Sie lächelte ein wenig bitter. »Da stand ich nun, zweiundzwanzig Jahre alt, und
das wichtigste war zunächst, daß ich meinen Vaterkomplex auf immer und ewig
begrub. Ich wollte mir ein eigenes Leben aufbauen. Etwas tun. Und was tat ich?
Ich hockte in meinem schäbigen Zimmer und heulte mir die Augen aus .«
»Aber dann tat sich etwas ?« warf ich ein.
»Es war ein Freitagabend«,
erzählte sie. »Ich hatte noch ganze drei Dollar im Portemonnaie, und die
Zimmermiete war am folgenden Montag fällig. Ich wollte mich ins Wasser stürzen,
aber ich wußte nicht, wo in West-Hollywood ein Gewässer zu finden war, das tief
genug gewesen wäre. Dann schob jemand eine zusammengefaltete Zeitung unter
meiner Tür durch. Sie war so gefaltet, daß mir sofort eine mit schwarzer Tinte
umrandete Annonce ins Auge sprang. Sie lautete ungefähr so: >Machen Sie das
große Geld! Attraktive und ungehemmte junge Mädchen für Untergrundfilme
gesucht. Erfahrung nicht notwendig. Rufen Sie Bonnie unter...< Na, Sie
wissen schon .«
»Und da haben Sie Bonnie
angerufen ?«
»Am nächsten Morgen besuchte
ich sie in ihrer Wohnung. Sie meinte, ihrer Meinung nach wäre ich genau
richtig, aber natürlich müßte mich der Produzent erst begutachten. Wir fuhren
also zu der alten Garage hinaus, und sie machte mich mit dem Wunderregisseur
Danny Bridges bekannt. Er meinte ebenfalls, ich würde mich sicher gut machen,
und fragte, ob ich gleich anfangen wollte. Die Gage betrüge fünfzig Dollar pro
Tag, sagte er. Warum nicht, dachte ich. Wir fingen mit Standaufnahmen an .« Sie kaute einen Moment auf ihrer Unterlippe. »Wissen Sie,
es geht so ähnlich wie bei der Abrichtung von Pferden. Ganz allmählich wird der
Widerstand gebrochen. Erst posiert man brav in der Unterwäsche. Dann steht man
plötzlich ohne alles da. Und dann sagen sie, wie wär’s denn, wenn wir noch
jemanden dazunehmen? Um die Sache ein bißchen zu beleben. Wie wäre es, wenn Sie
und Bonnie — «
»Ich verstehe«, warf ich ein.
»Und dann kamen
Weitere Kostenlose Bücher