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Liebe wird oft überbewertet

Liebe wird oft überbewertet

Titel: Liebe wird oft überbewertet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Rösinger
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Hormon Oxytocin für Treue und soziale Bindungsfähigkeit verantwortlich ist. Die Präriewühlmaus (Microtus ochrogaster) zeigt nämlich im Gegensatz zur polygamen Bergwühlmaus langfristige Partnerbindungen. Und während die freiheitsliebenden Hallodri-Bergwühlmäuse wenig von dem Treuehormon ausschütten, zeigt sich bei den häuslichen Präriewühlmäusen ein sehr hoher Oxytocin-Spiegel.
    Es gibt allerdings auch Untersuchungen, die zeigen, dass die treue Präriewühlmaus zwar eher familiär und sozial monogam ist, allerdings durchaus sexuelle Abenteuer sucht. Aber wenn Wühlmäuse und Menschen verglichen werden, fallen solche Feinheiten auch mal unter den Tisch.
    Bevor man jetzt die Präriewühlmaus als leuchtendes Treuevorbild hochhält, sollte man bedenken, dass so ein Präriewühlmausleben ja nur zwei bis drei Jahre währt, eine Zeitspanne, in der auch menschliche Paarbeziehungen meistens noch ohne größere Schwierigkeiten auszuhalten sind.
    Monogame Präriewühlmaus
    Polygame Bergwühlmaus
    Nachdem das Oxytocin Karriere gemacht hat, wurden die Pheromone entdeckt. Sie entscheiden praktisch alles und ließen Forscher und Medienwelt vollends durchdrehen.
    Im Tierreich wird das Sexualleben vielfach durch Ausdünstungen, genannt Pheromone, geregelt. Dort sorgen diese Erkennungs-, Warn- oder Sexuallockstoffe dafür, dass sich die Paarungspartner zur richtigen Zeit treffen.
    Der deutsche Biochemiker Adolph Butenandt erforschte in den fünfziger Jahren bei der Seidenraupe erstmals ein Pheromon, das die Lust des Partners weckt. Heute ist das Wirken der Pheromone bei Insekten gut erforscht. Schon bei den Wirbeltieren sind die Aussagen zu den Pheromonen spekulativ, weil die Art der chemischen Stoffe noch ungeklärt ist.
    Sicher identifiziert wurden Pheromone bislang bei Wildmäusen, Moschushirschen (Moschus moschiferus), bei der Zibetkatze (Viverra civetta) und bei Hamstern. Zu Pheromonen bei Menschen gibt es hingegen nur wenige gut überprüfbare Untersuchungen.
    In Versuchsreihen ließ man Frauen an verschiedenen Männerunterhemden schnüffeln, destillierte eine Essenz aus verschwitztem Männerachselhaar oder man präparierte Stühle in einer Arztpraxis mit Pheromonen und fand heraus, dass die Mehrzahl der Frauen sich auf den präparierten Stuhl setzte.
    Vor allem Männerzeitschriften wie »Penthouse« und »Playboy«, aber auch »Stern« und »Spiegel« (Schlagzeile: »Geile Düfte«) frohlockten über die angebliche Entdeckung eines Sexuallockstoffes beim Menschen. Die Vorstellung, man könne nur mittels eines Duftstoffs einfach unwiderstehlich für das andere Geschlecht sein, beflügelte vor allem die Phantasien des heterosexuellen Mannes.
    Man müsste doch nur ein Pheromon-Parfüm herstellen, und die Frauen würden den Lockstoffträger umschwärmen wie die Motten das Licht! An dieser Stelle wurde die Pheromon-Euphorie aber von der Geruchsforscherin Regina Maiworm vom Psychologischen Institut der Universität Münster gebremst.
    Sie konnte anhand einer Studie zeigen, dass Frauen unter dem Geruchseinfluss des männlichen Hormons Androsteron diejenigen Testmänner als noch erotischer einschätzten, die sie schon vorher ansehnlich gefunden hatten.
    Das heißt: Wenn die Optik nicht stimmt, kann die Chemie auch nichts mehr retten!
    Bei den im Internethandel erhältlichen Pheromonparfüms wird die Wirkung als fraglich eingestuft. Und die körpereigenen Pheromone sind erst 24  Stunden nach der letzten Achselwäsche und auch nur in einer Riechweite von wenigen Zentimetern wahrnehmbar. Bevor sie zu einem Rendezvous gehen, duschen oder baden jedoch die meisten Menschen.
    Ist also das, was man gemeinhin »Liebe« nennt, nur ein Wort für verschiedene hormonelle und neurologische Abläufe, und wenn ja, könnte man dann der Einfachheit halber nicht die entsprechenden Medikamente entwickeln?
    Versuche haben gezeigt, dass Oxytocin-Nasenspray das Vertrauen stärkt. Könnte so ein Nasenspray dann nicht aufwendige Paartherapien ersetzen? Auch wer unter allzu großer Schüchternheit leidet, kann in der Internet-Pheromon-Parfümerie erfolgversprechende Produkte erwerben. Dort kann man heute schon ein »Enhanced Liquid Trust« – das heißt so viel wie verbesserte Treue-Tröpfchen – zur Bindungssteigerung erwerben, und ein Eau de Toilette aus Oxytocin und Pheromonen verspricht das Dating- und Beziehungsleben anzukurbeln. Für Männer empfiehlt sich die Marke »Contact  18 «, für Frauen »Désirée  22 «.
    Die weitgehend

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