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Liebe wird oft überbewertet

Liebe wird oft überbewertet

Titel: Liebe wird oft überbewertet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Rösinger
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englischen Sprache genannt werden).
    Der Begriff »Spielerfrau« transportiert ja schon ein Rollenverständnis aus den fünfziger Jahren, als die Frau eines Apothekers noch ganz selbstverständlich die Frau Apotheker war.
    Die Spielerfrau kümmert sich fürsorglich um ihren Mann und soll immer gut aussehen, blond und langmähnig, eine möglichst kleine Konfektionsgröße ist Einstellungsvoraussetzung. Zu zwei Anlässen hat die Spielerfrau ihren großen Auftritt: Wenn der Fußballheld schwächelt und wenn ein großes Turnier ansteht.
    Sie ist von Beruf gerne Model, aber auch wenn sie studiert oder als Moderatorin arbeitet, beginnt während des Turniers für sie die Anhängsel-Zeit. Die Spielerfrauen-Tätigkeit ist für beide Seiten ein lukratives Geschäft. Fotostrecken und Werbeaufträge winken der Model-Spielerfrau, aber auch der ungeschlacht wirkende Fußballer gewinnt an Ansehen, wenn er plötzlich eine attraktive Freundin hat.
    Die echte »Trophy-Frau« lässt eben ihren Freund wie einen Mann und Gewinner aussehen.
    Die Sportwissenschaftlerin Christine Eisenbeis hat eine Diplomarbeit über das Phänomen der Spielerfrauen geschrieben. Das Interesse an den Spielerfrauen sei auch deshalb so groß, so Eisenbeis, weil es mittlerweile eine Vielzahl von »People«-Magazinen gebe, die gefüllt werden müssen. Letztendlich gehe es darum, dass auch weibliche Zuschauer für Fußballsendungen gewonnen werden sollen. Dass dies wohl am ehesten durch »Boulevardthemen« passiert, ist traurig genug. Noch trauriger, dass junge Mädchen, die eine Medienkarriere anstreben, schon »Spielerfrau« als Berufsziel angeben. Wie man bei den englischen » WAG s« sieht, kann eine geschickte Fußballerfrau Millionen als Turnschuhmodel, mit Fernsehshows, mit Bestsellern über das eigene Leben und Body-Workout- CD s verdienen, wenn sie es geschafft hat, als Stilikone zu gelten.
    Allerdings muss man es auch aushalten, dass die Tribünenplätze der Spielerfrauen abfällig »Hühnerstange« genannt werden.
    Obwohl also in unserer privaten WM -Gruppe keiner Spielerfrau oder Spielermann werden möchte, hat das »Wenn du müsstest«-Spiel eine große Anziehungskraft auf alle Geschlechter und wird gerne aus der Sphäre des Fußballs herausgenommen und in anderen größeren Zusammenhängen gespielt – immer dort, wo ein Pool an potentiellen Partnern und Partnerinnen geboten wird. Zum Glück bleibt aber die Erkenntnis: »Wenn du müsstest! Gibt es nicht!«
    Kein Mensch muss müssen!

Berlin, 7 . Juli
    Nach so einer WM oder EM ist man immer ein bisschen angeschlagen, egal, wie es ausgeht. Aber eigentlich liegt der Post- WM -Depression eine tiefergehende Trauer zugrunde. Vorbei ist die Zeit der Geselligkeit des Auf-den-Gehwegen-Hockens, die Zeit der Euphorie, in der es immer etwas zu tun, immer eine Verabredung gab. Was wird nun aus uns werden, was kommt jetzt? Wahrscheinlich erst einmal das Sommerloch.
    Es passiert nicht viel zurzeit, viele sind schon verreist. Es kommen auch wenig Aufträge, für Konzerte und Lesungen gilt ja auch die Sommerpause. Hin und wieder tritt ein Politiker zurück. Was der Burnout für Manager und Freiberufler ist, ist ja die »Amtsmüdigkeit« beim Politiker.
    Die neue Modekrankheit erwischt meist Männer im besten Alter. Plötzlich wollen sie das schöne Leben jenseits von Parteitagen und Plenarsitzungen entdecken und aussteigen.
    Aber auch im Sport kann man amtsmüde werden, ein Fußballpräsident hatte es ganz poetisch ausgedrückt: »Ich spüre eine tiefe Sehnsucht nach dem Privaten.«
    Alles Memmen, wohin man schaut! Klar, das Regieren macht nicht so viel Spaß, wenn es überall Schulden, Streit und Probleme gibt. Aber was ist mit unsereins? Fragt uns einer, ob immer alles Spaß macht?
    Die Lo-Fi-Boheme kann sich keine Amtsmüdigkeit leisten, obwohl es Gründe genug gäbe, sich amtsmüde zu fühlen: Die Sinnlosigkeit des Musikjournalismus, die Musikindustrie, die Obszönität der Event- und Sponsorenkultur, die allgemeine Dummheit in den Medien, bei Funk und Fernsehen, die verbreitete Plattheit der Gedanken. Immer wieder gibt es neue blöde Bands, mit noch blöderen Jungs! Immer wieder neue Backlashs, ewig währender Sexismus, Ageism!
    Die Verflachung des Kulturbetriebs, der Niedergang der Schreibkultur, die Ballermannisierung des Ausgehlebens. Die allgegenwärtige Pärchenlüge, der Partnerschaftsterror! Es ist immer wieder alles so sinnlos!
    Das Wetter! Der trostlose Wechsel der Jahreszeiten, der aufgeblasene

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