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Liebe

Titel: Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Precht
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Geschlechter aufeinander ausüben, nicht mitunter genau in dem, was Diamond »das menschliche Elend« nennt? Und hat diese Spannung nicht auch eine Reihe Gründe, die mit Fortpflanzung und Brutpflege rein gar nichts zu tun haben? Andernfalls nämlich würde es bedeuten, dass Frauen und Männer, die sich ohne Fortpflanzungsabsichten begegnen, füreinander unweigerlich reizlos wären – eine absurde These, auf die wir noch ausführlich zurückkommen werden.
    Die Sprache, in der wir diese nicht nur biologische Spannung
beschreiben, lässt sich, wenn man so will, ganz witzig mit Begriffen der Ökonomie erklären. Man kann das tun, muss aber nicht. In jedem Fall sollte man sich davor hüten, die Sprache der Wirtschaft für eine genuin biologische Logik zu halten, so als sei die Natur von sich aus ein wirtschaftliches Fachgebiet. Von sozialem und sexuellem »Geschäftssinn«, von »Verhandlungen« zwischen den Interessen der Gene, von »Transaktionen« im Liebesspiel sollte nur reden, der wirklich weiß, dass er schiefe Bilder benutzt. Wo das nicht der Fall ist, und das trifft nahezu auf alle namhaften Vertreter der evolutionären Psychologie zu, ist Wachsamkeit gefordert, und Zweifel sind angebracht. Im Handumdrehen werden aus Bildern Fakten, und aus Fakten entstehen neue Bilder. Kein Wunder, dass das, was uns auf diese Weise als »das menschliche Verhalten« vorgesetzt wird, häufig befremdlich erscheint. Und aus vermeintlicher Forschung wird Stammtisch. Dennoch scheint das Selbstbewusstsein der evolutionären Psychologen bislang fast ungetrübt. Sie haben nämlich noch ein weiteres Ass im Ärmel. Mag unser Erbe aus der Steinzeit auch im Nebel versacken und die Theorie des egoistischen Gens gleich mit – Tausende von Studien, Meinungsumfragen und Tests zu unserem Geschlechterverhalten, unseren erotischen Wünschen und unseren Partnerpräferenzen können doch wohl nicht irren. Oder doch?

Männer-Wünsche
    Einige Jahre war David Buss, Professor an der Universität von Texas in Austin, ein unzufriedener Sozialpsychologe. Dann stürzte sich der heute 55-jährige in der Mitte der 1980er Jahre mit Verve auf die evolutionäre Psychologie. Was in den Kinderschuhen der Zunft noch reine Spekulation war, wollte Buss beweisen: dass das Verhalten und die Interessen von Männern und
Frauen verschieden sind, und zwar vorrangig biologisch verschieden und nicht etwa sozial oder kulturell.
    Anders als die gelernten Biologen der Zunft bediente er sich der Mittel der empirischen Forschung. Buss wollte Zahlen, Statistiken und Fakten. Sein Projekt war gigantisch: Über mehrere Jahre hinweg befragte er 10 047 Menschen aus 30 verschiedenen Kulturen. Er achtete auf unterschiedliche Schichten, Religionen und Altersstufen. Und er befragte jede und jeden, was sie vom jeweils anderen Geschlecht begehrten.
    1989 wurde die Studie veröffentlicht. Es ist das bis heute umfangreichste Datenmaterial zu der Frage, nach welchen Kriterien Menschen in aller Welt ihre Sexualpartner auswählen und mit wem sie eine längere Bindung eingehen möchten. Einige Dutzend körperliche und psychische Eigenschaften standen dabei zur Auswahl. Und die befragten Testpersonen wurden gebeten, diese Kriterien in eine Rangliste zu bringen. Die wichtigste Eigenschaft kam nach oben, die unwichtigste nach unten. Das Ergebnis entsprach in vollem Umfang der Vermutung, die Buss von Anfang an gehabt hatte: Egal ob am Polarkreis oder im Wüstenzelt – die Vorlieben der Menschen bei der Partnerwahl gleichen sich überall. Unterschiedlich sind sie nur zwischen den Geschlechtern. Wer aber dem gleichen Geschlecht angehört, der favorisiert auch die gleichen Vorzüge beim anderen Geschlecht. Was zu beweisen stand, frohlockt Buss, sei damit bewiesen: Unsere sexuellen Auswahlkriterien sind »universelle Präferenzmodule« im Gehirn und damit grundsätzliche Eigenarten der Gattung Mensch.
    Für Männer bedeutet dies, dass sie ihre Sexual- und Bindungspartnerinnen nach dem Kriterium der »Fitness« auswählen. Was sie wollen, ist ein besonders gutes Zielobjekt für ihre Gene. Männer wollen junge Frauen, schöne Frauen mit vollen Lippen und glatter, straffer Haut, sie wollen klare Augen, glänzendes Haar, einen guten Muskeltonus, eine günstige Körperfettverteilung, einen federnden Gang, einen bewegten Gesichtsausdruck und
ein hohes Energieniveau. Denn all dies signalisiert vor allem eines – Fruchtbarkeit. Egal wo sie leben und wie alt sie sind: Im Prinzip ticken alle Männer

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