Lieben: Roman (German Edition)
Fleischbällchen im Kühlschrank?«, sagte ich. »Ich habe einen Mordshunger.«
Sie nickte.
Ich ging in die Küche, schüttete die Fleischbällchen in eine Bratpfanne, setzte Nudelwasser auf und merkte, dass Linda hinter mir hereinkam.
»Im Sommer war doch nichts daran auszusetzen«, sagte ich. »Am Trinken, meine ich. Damals hattest du nichts dagegen, oder?«
»Nein«, sagte sie. »Und es war fantastisch. Ich fürchte mich davor, Grenzen zu überschreiten, aber damals nicht, nicht mit dir, ich fühlte mich vollkommen sicher. Ich hatte nie das Gefühl, dass es umschlagen und manisch oder auch nur hässlich werden könnte. Ich fühlte mich vollkommen sicher. Und so habe ich mich noch nie gefühlt. Aber jetzt ist es anders. Wir sind nicht mehr dort.«
»Nein«, sagte ich und drehte mich um, während die Butter
in der Pfanne langsam zwischen den Fleischbällchen zerlief. »Und wo sind wir?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß es nicht. Aber es kommt mir vor, als hätten wir etwas verloren. Etwas ist vorbei. Und ich habe Angst, dass auch der Rest verschwinden könnte.«
»Aber du kannst mich nicht zwingen. Also wenn du mich fragst, ist das der beste Weg, um es verschwinden zu lassen.«
»Natürlich. Das weiß ich doch.«
Ich streute Salz ins Nudelwasser.
»Willst du auch?«, sagte ich.
Sie nickte, strich die Tränen mit den Daumen fort.
Thure Erik kam gegen zwei am nächsten Tag und füllte die gesamte kleine Wohnung mit seinem Wesen, sobald er einen Fuß in sie gesetzt hatte. Wir gingen in ein paar Antiquariate, er sah sich an, was sie an alten naturgeschichtlichen Büchern hatten, und anschließend gingen wir ins Pelikan und aßen und tranken Bier, bis sie schlossen. Ich erzählte ihm von meiner Nacht im Bahnhof, dass ich beschlossen hatte, den Zug zurück nach Norwegen zu nehmen.
»Aber ich wollte doch kommen!«, sagte er. »Hätte ich etwa auf der Stelle kehrtmachen sollen?«
»Genau daran musste ich denken, als ich aufwachte«, sagte ich. »Thure Erik Lund kommt, dann kann ich verdammt nochmal nicht nach Hause fahren.«
Er lachte und erzählte mir von einer Beziehung, die so stürmisch gewesen war, dass Lindas und meine dagegen wie die reinste Mittsommernachtskomödie wirkte. Ich trank an diesem Abend zwanzig Bier, und aus den letzten Stunden ist mir als Einziges ein alter Trinker in Erinnerung geblieben, mit dem Thure Erik ins Gespräch kam und der sich an unseren Tisch setzte und dauernd sagte, ich sei so schön, ein so schöner Junge. Thure Erik lachte und knuffte meine Schulter zwischen
seinen Versuchen, den Mann über sein Leben auszuquetschen. Und danach weiß ich nur noch, dass wir vor der Wohnung standen und er in seinen Wagen stieg und sich auf die Rückbank legte, um zu schlafen, während leichte Schneeflocken unter einem grauen und kalten Himmel wirbelten.
Ein Zimmer und die Küche, das war unsere Arena. Dort kochten wir, aßen wir, schliefen wir, liebten wir uns, redeten wir, sahen fern, lasen Bücher, stritten wir, empfingen wir alle Besucher. Es war eng und klein, aber es ging, wir kamen zurecht, hielten den Kopf über Wasser. Wenn wir jedoch Kinder bekommen wollten, worüber wir die ganze Zeit geredet hatten, mussten wir uns eine größere Wohnung suchen. Lindas Mutter hatte eine mitten in der Stadt, die zwar nur aus zwei Zimmern bestand, aber über achtzig Quadratmeter groß war, verglichen mit unserer war sie geradezu ein Fußballplatz. Sie brauchte die Wohnung nicht mehr, verlieh sie aber, und meinte, wir könnten sie übernehmen. Nicht direkt, das war nicht erlaubt, in Schweden sind Mietverträge personengebunden und gelten ein Leben lang, aber es war möglich zu tauschen: Die Mutter übernahm Lindas, wir übernahmen ihre.
Eines Tages fuhren wir hin, um sie uns anzusehen.
Es war die bürgerlichste Wohnung, die ich je gesehen hatte. Ein riesiger, russisch anmutender Kachelofen aus dem vorigen Jahrhundert am einen Ende des Wohnzimmers, mit einer massiven Marmorfront, ein anderer, ebenso hoher, aber weniger massiver Kachelofen im Schlafzimmer. Weiße, schön profilierte Holzpaneele an allen Wänden, Gipsstuck an den über vier Meter hohen Decken. Fantastisches Fischgrätenparkett als Fußboden. Die Möbel ihrer Mutter waren genauso; schwer, kunstvoll, vom Ende des 19. Jahrhunderts.
»Können wir hier wohnen?«, sagte ich, während wir umhergingen und uns umschauten.
»Nein, natürlich nicht«, erwiderte Linda. »Sollen wir sie nicht lieber gegen eine Wohnung in
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