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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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Hilfe?«
    »Nein, nein, alles unter Kontrolle.«
    Ich stellte mich hinter Linda und legte die Hände auf ihre Schultern.
    »Wie schön«, sagte sie.
    Es wurde still. Ich dachte, dass ich mit dem Weggehen warten musste, bis die Unterhaltung erneut in Schwung gekommen war.
    »Kurz vor Weihnachten bin ich mit ein paar Leuten im Haus des Films essen gegangen«, sagte Linda nach einer Weile. »Einer von ihnen hatte gerade eine Albinoschlange gesehen, ich glaube, es war eine Python oder eine Boa, aber egal. Ganz weiß, gelb gemustert. Daraufhin meinte eine andere, sie hätte mal eine Boa besessen. Zu Hause in ihrer Wohnung, als Haustier. Also eine riesige Schlange. Plötzlich, eines Tages, schreckte sie auf, und das Tier lag neben ihr im Bett
und hatte sich zu seiner vollen Länge ausgestreckt. Sie hatte die Schlange bis dahin immer nur zusammengerollt gesehen, aber nun lag sie dort so gerade wie ein Lineal. Sie bekam panische Angst und rief im Zoo an, um mit jemandem zu sprechen, der für Schlangen zuständig war. Wisst ihr, was der Typ meinte? Nun, es sei sehr gut, dass sie angerufen habe. Es sei nämlich höchste Zeit gewesen. Denn wenn sich die großen Schlangen auf die Art strecken, messen sie ihre Beute. Um zu sehen, ob sie in der Lage sein werden, sie zu verschlucken.«
    »Oh, verdammt!«, sagte ich. »Oh, verdammt!«
    Die anderen lachten.
    »Karl Ove hat Angst vor Schlangen«, sagte Linda.
    »Das ist die schrecklichste Geschichte, die ich jemals gehört habe! Oh, verdammt!«
    Linda drehte sich zu mir um.
    »Er träumt von Schlangen. Manchmal wirft er mitten in der Nacht die Decke auf den Fußboden und trampelt auf ihr herum. Einmal hat er sich aufgerichtet und ist aus dem Bett gesprungen. Stand vollkommen still, wie gelähmt, und starrte sie an. Was ist los, Karl Ove, du träumst, komm, leg dich wieder hin, habe ich gesagt. Da ist eine Schlange, hat er auf Norwegisch gesagt. Darauf ich auf Schwedisch, da ist keine Schlange. Komm jetzt ins Bett. Und daraufhin sagte er, voller Verachtung: Wenn du Wurm sagst, hört es sich nicht so gefährlich an!«
    Sie lachten. Geir erklärte Anders und Helena, dass das schwedische Wort für Schlange im Norwegischen Wurm bedeutet, und ich sagte, ich wisse, was jetzt kommen würde, die Freudsche Bedeutung, von Schlangen zu träumen, und dass ich es gar nicht erst hören wolle, woraufhin ich in die Küche zurückkehrte. Das Wasser kochte, und ich kippte die Tagliatelle hinein. Das Öl in den beiden gusseisernen Kochtöpfen knisterte in der Hitze. Ich schnitt ein paar Knoblauchzehen
klein und gab sie hinein, nahm die Miesmuscheln aus dem Waschbecken, verteilte sie darauf und legte den Deckel auf. Unmittelbar darauf begann es zu knattern und zu klopfen. Ich goss Weißwein an, schnitt Petersilie klein und streute sie über die Muscheln, zog den Topf nach ein paar Minuten von der Platte, schüttete die Tagliatelle in einen Durchschlag, holte das Pesto, und damit war alles fertig.
    »Oh, sieht das köstlich aus«, sagte Helena, als ich mit den Tellern hereinkam.
    »Das ist nun wirklich kein Kunststück«, sagte ich. »Das Rezept habe ich aus einem von Jamie Olivers Kochbüchern. Aber es ist gut.«
    »Es riecht fantastisch«, sagte Christina.
    »Gibt es irgendetwas, das du nicht kannst?«, sagte Anders und sah mich an.
    Ich senkte den Blick und hob das feuchte Innere einer Muschel mit der Gabel heraus, es war dunkelbraun mit einem orangenen Einschnitt entlang der Oberseite, und als ich hineinbiss, knisterte es zwischen meinen Zähnen wie von Sand.
    »Hat Linda euch von unserem Pinnekjøtt-Essen erzählt?«, sagte ich und sah zu ihm hoch.
    »Pinnekjøtt? Was ist das?«
    »Ein traditionelles norwegisches Weihnachtsgericht«, erläuterte Geir.
    »Hammelrippchen«, sagte ich. »Man pökelt sie und hängt sie mehrere Monate zum Trocknen auf. Meine Mutter hat sie mir mit der Post geschickt…«
    »Hammelfleisch in der Post?«, sagte Anders. »Ist das auch eine norwegische Tradition?«
    »Wie sollte ich denn sonst daran kommen? Jedenfalls, meine Mutter pökelt sie und hängt sie selber zu Hause auf dem Dachboden auf. Es schmeckt fantastisch. Sie hatte mir versprochen, mir zu Weihnachten welche zu schicken, wir
wollten sie an Heiligabend essen, Linda hatte sie noch nie probiert, und für mich ist es völlig undenkbar, Weihnachten ohne Pinnekjøtt zu feiern, aber sie kamen erst nach Weihnachten an. Okay, ich packte sie aus, und wir beschlossen, abends ein zweites Weihnachtsessen abzuhalten, und am

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