Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
Vom Netzwerk:
Buch, für das ich sicher noch fünf Jahre brauchen werde, bis es fertig ist, und das dann wahrscheinlich wieder keiner haben will.«
    »Du hättest mit mir reden sollen«, sagte Anders. »Ich hätte dich jedenfalls ins Fernsehen bringen können. Dann hättest du dort über dein Buch sprechen können.«
    »Und wie hätte das gehen sollen?«, sagte Helena. »An offer you can’t refuse?«
    »Selbst deine Kontakte wären nicht so gut gewesen, das hinzubekommen«, sagte Geir. »Aber danke für das Angebot.«
    »Jetzt bleibst nur noch du«, sagte Anders und sah mich an.
    »Karl Ove?«, sagte Geir. »Der flennt in einer Luxuslimousine. Das sage ich, seit er nach Stockholm gekommen ist.«
    »Da bin ich aber ganz anderer Meinung«, entgegnete ich. »Seit dem Erscheinen meines ersten Buchs sind fast fünf Jahre vergangen. Es stimmt, ab und zu rufen noch Journalisten an. Aber was fragen sie? Du Knausgård, ich schreibe da gerade etwas über Schriftsteller mit einer Schreibblockade. Und da wollte ich fragen, ob wir uns kurz unterhalten könnten? Oder noch schlimmer. Hört euch das an. Wir machen da was über Autoren, die nur ein Buch veröffentlicht haben. Wissen Sie, da gibt es nämlich viele. Und Sie, ja … Sie haben ja auch nur ein Buch geschrieben. Ich wollte Sie fragen, hätten Sie kurz Zeit,
mit mir darüber zu sprechen? Was das für ein Gefühl ist? Ja, Sie wissen schon. Schreiben Sie im Moment? Sind Sie ein wenig ins Stocken geraten?«
    »Hört ihr?«, sagte Geir. »Er flennt in der Luxuslimousine.«
    »Aber ich habe doch nichts! Vier Jahre schreibe ich jetzt schon, und es gibt nichts! Nichts!«
    »Alle meine Freunde sind Versager«, sagte Geir. »Nicht die üblichen Mainstream-Versager, sie sind wirklich weg vom Fenster. Einer von ihnen schreibt immer, er möge den Wald und das Würstchengrillen über einem Lagerfeuer und solche Dinge, wenn er Kontaktanzeigen im Netz aufgibt, und zwar aus dem einfachen Grund, dass er es sich überhaupt nicht leisten kann, jemanden in ein Restaurant oder Café einzuladen. Er hat nichts. Absolut nichts. Einer meiner Kollegen an der Universität war besessen von einer Prostituierten, er gab sein ganzes Geld für sie aus, über zweihunderttausend, er bezahlte ihr sogar eine Schönheitsoperation, ihre Brüste sollten so vergrößert werden, wie er es gern hatte. Ein anderer Freund hat einen Weinberg angelegt. In Uppsala! Ein dritter schreibt seit vierzehn Jahren an seiner Dissertation, er wird nie fertig, weil immer neue Theorien entwickelt werden oder irgendetwas auftaucht, was er noch nicht gelesen hat und das von ihm berücksichtigt werden muss. Er schreibt und schreibt, er ist intelligent, aber er ist in eine Sackgasse geraten. Und dann kannte ich in Arendal noch jemanden, der einer Dreizehnjährigen ein Kind gemacht hat.«
    Er sah mich an und lachte.
    »Entspannt euch, Karl Ove war es nicht. Soweit ich weiß jedenfalls nicht. Dann haben wir da noch meinen Freund, den Maler«, fuhr Geir fort. »Er ist begabt, steckt voller Talente, malt aber nur Wikingerschiffe und Schwerter und ist so weit nach rechts abgedriftet, dass für ihn kein Weg mehr zurück und auf gar keinen Fall in die Kunstszene führt. Ich
meine, Wikingerschiffe sind nun wirklich keine Eintrittskarte ins kulturelle Leben.«
    »Zähl mich bloß nicht zu dieser Gemeinde«, sagte Anders.
    »Nein, keiner der Anwesenden gehört dazu«, sagte Geir. »Noch nicht jedenfalls. Ich habe das Gefühl, dass wir abrutschen, auf einem Wrack sitzen. Sicher, im Moment ist alles okay, der Himmel ist schwarz und voller Sterne, und das Wasser ist warm, aber wir rutschen langsam, aber sicher ab.«
    »Das klingt ja poetisch und schön«, sagte Linda, »aber meinen Gefühlen entspricht das ganz und gar nicht.«
    Sie hatte beide Hände auf ihren Bauch gelegt. Ich begegnete ihrem Blick. Ich bin glücklich, sagte er. Ich lächelte sie an.
    Mein Gott. In zwei Wochen würden wir hier ein Kind haben.
    Ich würde Vater werden.
    Es war still geworden am Tisch. Alle hatten die Mahlzeit beendet, saßen zurückgelehnt auf ihren Stühlen, Anders mit seinem Weinglas in der Hand. Ich griff nach der Flasche, erhob mich und schenkte allen ein.
    »Wir sind so offen gewesen«, sagte Helena. »Das ist man sonst nie, denke ich gerade.«
    »Es ist ein Wettkampf«, erklärte ich, stellte die Flasche ab und strich mit dem Daumen über den Tropfen, der den Hals hinablief. »Wem geht es am schlechtesten? Mir!«
    »Nein, mir!«, sagte Geir.
    »Ich kann mir nicht

Weitere Kostenlose Bücher