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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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angefangen zu kochen…«
    »Es ist erst halb fünf«, sagte ich. »Und vor Donnerstag gibt es keine freien Waschzeiten mehr.«
    »Okay«, sagte sie. »Sind wir wieder Freunde?«
    »Ja«, sagte ich. »Natürlich.«
    Sie kam zu mir, und wir küssten uns.
    »Weißt du was, ich liebe dich«, sagte sie.
    Vanja kam aus dem Wohnzimmer gekrabbelt. Sie griff nach Lindas Hosenbein und richtete sich auf.
    »Hallo, willst du auch dabei sein?«, sagte ich und hob sie hoch. Sie legte den Kopf zwischen unsere. Linda lachte.
    »Gut«, sagte ich. »Dann gehe ich jetzt eine Maschine anstellen.«
    Mit zwei Tüten in jeder Hand wackelte ich die Treppen hinunter. Die Unruhe, die von dem Gedanken an die Nachbarin in mir ausgelöst wurde, weil sie völlig unberechenbar und jetzt noch dazu tief verletzt war, verdrängte ich. Was konnte schon passieren? Sie würde ja wohl kaum mit einem Messer in der Hand aus ihrer Wohnung stürzen. Rache im Verborgenen, das war ihr Ding.
    Leer lag die Treppe, leer lag der Flur, leer lag die Waschküche. Ich schaltete das Licht an, sortierte die Kleider in vier Haufen, Buntwäsche vierzig, Buntwäsche sechzig, weiße Wäsche vierzig, weiße Wäsche sechzig, und stopfte zwei der Haufen in die beiden voluminösen Maschinen, gab Pulver in die herausziehbaren Fächer an der Front und stellte sie an.
    Als ich wieder hochkam, hatte Linda Musik aufgelegt, eine dieser Tom Waits-Platten, die erschienen waren, nachdem ich schon das Interesse an ihm verloren hatte, und mit der ich folglich nichts verband. Linda hatte für eine Theatervorstellung in Stockholm Waits-Texte nachgedichtet, was ihr zufolge zum Befriedigendsten gehörte, was sie je gemacht hatte, und hatte nach wie vor ein intensives, um nicht zu sagen intimes Verhältnis zu seiner Musik.
    Sie hatte Gläser, Besteck und Teller aus der Küche geholt und auf den Tisch gestellt. Außerdem lagen dort eine noch zusammengefaltete Decke sowie ein Stapel knittriger Stoffservietten.
    »Die müssen wir wohl bügeln, nicht?«, sagte sie.
    »Ja, wenn wir eine Decke haben wollen schon. Kannst du sie nicht bügeln, dann fange ich schon mal an zu kochen?«
    »Okay.«
    Sie holte das Bügelbrett aus der Abstellkammer, während ich in die Küche ging und die Lebensmittel herausholte. Ich stellte den gusseisernen Topf auf den Herd und schaltete die Platte an, gab etwas Öl hinein, schälte und hackte Knoblauch, als Linda hereinkam und die Sprühflasche aus dem Schrank unter der Spüle holte. Sie schüttelte sie leicht, um zu ermitteln, ob noch Wasser darin war.
    »Du kochst ohne Rezept?«, sagte sie.
    »Mittlerweile kann ich es auswendig«, antwortete ich. »Wie oft haben wir dieses Gericht jetzt schon Leuten vorgesetzt? Zwanzig Mal?«
    »Den beiden aber noch nicht«, sagte sie.
    »Nein«, sagte ich, hielt das Schneidebrett über den Topf und ließ die kleinen Knoblauchscheiben herabrieseln, während sie ins Wohnzimmer zurückkehrte.
    Draußen schneite es immer noch, inzwischen jedoch etwas leichter. Ich dachte, dass ich in zwei Tagen wieder in meinem Büro sitzen würde, und eine Welle des Glücks durchflutete mich. Vielleicht konnte Ingrid sogar drei und nicht nur zwei Tage in der Woche auf Vanja aufpassen. Mehr verlangte ich wirklich nicht vom Leben. Ich wollte meine Ruhe haben, und ich wollte schreiben.
     
    Fredrik war der Freund Lindas, den sie am längsten kannte. Die beiden hatten sich kennengelernt, als sie mit sechzehn Jahren
in der Theatergarderobe gejobbt hatten, und waren seither in Verbindung geblieben. Er war Filmregisseur und arbeitete derzeit vor allem an Werbefilmen, während er darauf wartete, seinen ersten Spielfilm drehen zu dürfen. Er hatte große Kunden, seine Filme liefen ständig im Fernsehen, weshalb ich davon ausging, dass er sein Handwerk verstand und mehr als gut verdiente. Er hatte drei Kurzfilme gedreht, zu denen Linda die Drehbücher geschrieben hatte, und einen etwas längeren. Er hatte eng stehende blaue Augen und blonde Haare. Sein Kopf war groß, sein Körper schmächtig, und in seinem Charakter gab es etwas Ausweichendes, vielleicht auch Vages, das es einem schwer machte zu wissen, woran man bei ihm war. Er kicherte mehr, als er lachte, und hatte ein heiteres Temperament, was einen insgesamt dazu verleitete, ihn falsch einzuschätzen. Es war nicht unbedingt so, dass seine Leichtigkeit eine große Tiefe oder Schwere verbarg, sie wirkte sich vielmehr in einer schwer zu bestimmenden Weise aus. Es hauste etwas in Fredrik, was es war, wusste

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