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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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lächelte vor mich hin. Die israelische Botschaft! Dann wunderte es mich allerdings nicht, dass er misstrauisch gewesen war! Das
Handy war bestimmt außen und innen sorgfältig untersucht worden. Alle SMS, alle Telefonnummern … He he he!
    Ich schaltete es ein und rief Geir an.
    »Hallo?«, sagte er.
    »Es rief gestern noch jemand wegen des Handys an«, sagte ich. »Ein Mann, der extrem misstrauisch, am Ende aber einverstanden war, es mir zurückzugeben. Ich habe es gerade abgeholt. Er hatte es an einer Supermarktkasse hinterlegt. Ich habe die Kassiererin gefragt, ob sie wüsste, wer er war. Weißt du, was sie gesagt hat?«
    »Natürlich nicht.«
    »Er arbeitet in der israelischen Botschaft.«
    »Machst du Witze?«
    »Nein. Wenn ich mein Handy verliere, fällt es nicht auf die Erde, sondern in eine Tasche. Und wenn ich es in einer Tasche verliere, ist es nicht einfach die Tasche irgendeines Durchschnittsschweden, sondern sie gehört der Freundin eines Typs, der in der israelischen Botschaft arbeitet. Merkwürdig, nicht?«
    »Das mit der Freundin kannst du, glaube ich, vergessen. Wahrscheinlicher ist, dass sie in der israelischen Botschaft arbeitet und deren Mitarbeiter kontaktiert hat, als sie dein Handy fand. Und dann haben sie zusammengehockt und sich das Handy angesehen und überlegt, wer zum Teufel ihr dieses Ding untergeschoben haben könnte. Und was es wohl ist! Eine Bombe? Ein Mikrofon?«
    »Und was in aller Welt diese Verbindung zu Norwegen bedeuten könnte. Irgendetwas mit der Herstellung von schwerem Wasser? Rache für die Operation Lillehammer?«
    »Es ist unglaublich, wie du es immer wieder schaffst, in solche Dinge verwickelt zu werden. Russische Prostituierte und israelische Agenten. Diese Schriftstellerin, die ihr zum Essen eingeladen hattet, die alles Essen abwog, bevor sie es aß, wie hieß die noch?«
    »Maria. Sie hat übrigens auch eine Verbindung zu Russland.«
    »Die direkt nach dem Essen irgendjemanden anrufen und ihm haargenau erzählen musste, was sie gegessen hatte. Ha ha ha!«
    »Was hat das denn hiermit zu tun?«
    »Ich weiß nicht? Vielleicht seltsame Dinge, die immer dort passieren, wo du bist? Lindas andere Freundin, die in einen Drogensüchtigen verliebt ist, dessen Schwester ausgerechnet in eurem Haus wohnt? Die Wohnung, die man dir in dem Treppenaufgang anbot, in dem Linda wohnte? Dein Computer, der alles Mögliche mitmachen musste, der völlig vom Regen durchnässt worden und aus dem Zug auf die Schienen gefallen ist, ohne kaputtzugehen. Dass du dein Handy verlierst und es in die Tasche einer Mitarbeiterin der israelischen Botschaft fällt, fügt sich ganz natürlich in dieses Bild.«
    »Das hört sich jetzt ganz intensiv und toll an«, meinte ich. »Aber die Wahrheit über mein Leben ist, wie du weißt, eine ganz andere.«
    »Ach, nun komm schon, können wir nicht mal für einen Moment so tun, als ob?«
    »Nein. Was machst du gerade?«, sagte ich.
    »Was glaubst du?«
    »Es hört sich jedenfalls nicht an, als würdest du backstage malochen. Also schreibst du wahrscheinlich.«
    »So ist es wohl. Und du?«
    »Ich bin auf dem Weg zum Haus des Films. Ich will mit Linda zu Mittag essen. Wir unterhalten uns später.«
    »Machen wir.«
    Ich unterbrach die Verbindung, steckte das Handy in die Tasche und beschleunigte meine Schritte. Ging an dem trockengelegten Springbrunnen auf dem Karlaplan vorbei, durch das Einkaufszentrum Fältöversten und gelangte auf den Valhallavägen,
dem ich bis zum Haus des Films folgte, das am Rande der halb schneebedeckten Brachfläche Gärdet lag und in der Sonne funkelte.
     
    Nach dem Essen nahm ich die U-Bahn zum Odenplan und ging in mein Büro, in erster Linie, um dort meine Ruhe zu haben. Ingrid hatte einen Schlüssel zu unserer Wohnung und würde sich mit Vanja sicher dort aufhalten. Nach Cafés mit ihren vielen unbekannten Menschen und rastlosen Blicken stand mir nicht der Sinn. Ich setzte mich an den Schreibtisch und versuchte eine Weile, meinen Vortrag zu schreiben, was mich allerdings nur deprimierte. Stattdessen legte ich mich auf die Couch und schlief ein. Als ich aufwachte, lagen die Straßen im Dunkeln und es war zehn nach vier. Der Journalist von Aftenposten wollte um sechs vorbeikommen, so dass mir nichts anderes übrig blieb, als mich anzuziehen und nach Hause zu gehen, wenn ich an diesem Tag noch etwas von Linda und Vanja sehen wollte.
    »Jemand zu Hause?«, rief ich, als ich die Tür öffnete. Vanja krabbelte mit Vollgas durch den Flur auf

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