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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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mit anderen Worten ein Verständnis für die Situation gezeigt, wie es Linda niemals getan hatte, was natürlich zu vagen Reibereien zwischen ihr und meiner Mutter führte. Dafür hat man Formen, sie helfen uns, zusammen zu sein, sind für sich genommen bereits Zeichen von Freundschaftlichkeit oder gutem Willen, und wenn das funktioniert, gibt es auch einen größeren Spielraum für größere persönliche Abweichungen, für mehr Idiosynkrasie, was die idiosynkratischen Personen niemals verstehen, da es zum Wesen der Idiosynkrasie gehört, so etwas nicht zu verstehen. Linda wollte nicht bedienen, sie wollte bedient werden, und die Konsequenz daraus lautete, dass sie nicht bedient wurde. Während Mikaela bediente, so dass sie selbst bedient wurde. So einfach war das. Wenn meine Mutter sich davon einnehmen ließ, versetzte mir das auch deshalb einen Stich, weil Lindas Wesen ein ganz anderer Reichtum und eine ganz andere
Unvorhersehbarkeit eigen war. Plötzliche Abgründe, jähe Umschwünge, riesige Mauern aus Widerstand. Dinge ins Rollen zu bringen, dafür zu arbeiten, Widerstandslosigkeit zu erreichen, das ist das genaue Gegenteil zum Wesen der Kunst, es ist das Gegenteil von Weisheit, die darauf basiert, zu stoppen oder gestoppt zu werden. Bleibt die Frage, was man wählt, die Bewegung, die dem Leben nahe ist, oder den Ort außerhalb der Bewegung, an dem sich die Kunst befindet, aber auch, in einem gewissen Sinne, der Tod?
    »Ich nehm doch auch einen Schluck Tee«, sagte ich.
    »Es ist Kräutertee«, sagte Linda. »Den willst du bestimmt nicht, oder? Aber das Wasser ist sicher noch heiß.«
    »Nein, lieber nicht«, erwiderte ich und ging in die Küche. Während ich darauf wartete, dass das Wasser kochen würde, griff ich nach einem Bleistift, stellte mich vor dem Schrank auf einen Stuhl und markierte alle Flaschen. Nur ein kleiner Punkt auf den Etiketten, so klein, dass man von seiner Existenz wissen musste, um ihn wahrzunehmen.
    Ich benahm mich wie der Vater eines Teenagers und kam mir einigermaßen dämlich vor, sah aber gleichzeitig keinen anderen Weg. Ich wollte nicht, dass die Frau, die auf mein Kind aufpasste und abgesehen von Linda und mir der Mensch war, der am meisten mit Vanja zu tun hatte, Schnaps trank, wenn sie mit ihrem Enkelkind zusammen war.
    Dann legte ich einen Teebeutel in die Tasse und goss Wasser darüber. Schaute zum Nalen hinunter, wo die Köche dabei waren, den Fußboden abzuspülen, und die Spülmaschinen dampften. Den Aufbruchsgeräuschen aus dem Wohnzimmer entnahm ich, dass Mikaela nach Hause gehen wollte. Ich trat in den Flur und verabschiedete mich von ihr. Dann setzte ich mich an den Computer, ging ins Internet, rief die Mails ab, nichts, ging auf ein paar Zeitungsseiten und googelte mich schließlich selbst. Die Suche ergab etwas mehr als 29 000
Treffer. Die Zahl stieg und sank wie eine Art Index. Ich blätterte und klickte willkürlich Links an. Vermied Interviews und Kritiken, schaute in ein paar Blogs. Einer schrieb, meine Bücher seien es nicht einmal wert, sich mit ihnen den Hintern abzuwischen. Unter einem anderen Link gelangte ich auf die Homepage eines kleinen Verlags oder einer Zeitschrift. Mein Name stand in einem Bildtext unter einem Foto von Ole Robert Sunde, und im Text hieß es, er erzähle jedem, der es hören wolle, wie schlecht Knausgårds letztes Buch sei. Dann stieß ich auf Dokumente zu einem Nachbarschaftsstreit, in den offenbar einer meiner Verwandten verwickelt war. Es ging um eine Garagenwand, die einen Meter zu kurz oder zu lang war.
    »Was tust du?«, sagte Linda hinter mir.
    »Ich googele mich selbst. Das ist eine verdammte Büchse der Pandora. Du glaubst gar nicht, was die Leute sich alles zu schreiben erlauben.«
    »Du sollst das doch nicht tun«, sagte sie. »Komm lieber her und setz dich zu mir.«
    »Ich komme«, sagte ich. »Ich will nur erst noch ein, zwei Sachen checken.«
     
    Als Ingrid am nächsten Morgen gegen acht Vanja abholte, ging ich ins Büro. Dort schrieb ich bis drei an meinem Vortrag und war gegen halb vier wieder zu Hause. Linda lag in der Badewanne, sie war später noch mit Christina zum Essen verabredet. Ich ging in die Küche und überprüfte die Flaschen. Aus zwei war getrunken worden.
    Ich ging zu Linda hinein, setzte mich auf den Toilettendeckel.
    »Hallo«, sagte sie und lächelte. »Ich habe mir eine Badebombe gekauft.«
    Die Badewanne war voller Schaum. Als sie den Arm hob, um sich ein wenig aufzusetzen, hing ein Streifen Schaum

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