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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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bisschen. Den Rest werde ich dann morgen Abend und Freitagabend erledigen müssen.«
    »Du fährst Samstag?«, sagte sie, während sie den Kopf zurücklegte und mit dem kleinen Pinsel über die Wimpern strich.
    »Ja.«
    Im Treppenhaus setzte sich der Aufzug in Bewegung. Es wohnten nicht viele Parteien in unserem Haus, so dass die Wahrscheinlichkeit groß war, dass es die beiden waren. In der Tat. Die Maschine stoppte, die Aufzugtür öffnete sich im Hausflur, unmittelbar darauf folgte das Geräusch von jemandem, der einen Kinderwagen manövrierte.
    Ingrid öffnete die Tür und betrat den Flur, der augenblicklich von ihrer energisch-hektischen Präsenz erfüllt war.
    »Vanja ist unterwegs eingeschlafen«, sagte sie. »Das kleine Goldstück war völlig erschlagen. Heute hat sie aber auch viel erlebt! Wir waren in Astrid Lindgrens Spielwelt, ich habe eine Jahreskarte gekauft, die könnt ihr haben … dann habt ihr für den Rest des Jahres freien Eintritt…«
    Sie setzte die zahlreichen Tüten ab, die sie trug, zog eine Brieftasche aus der Jacke und zupfte eine gelbe Karte heraus, die sie Linda gab.
    »Dann hab ich ihr noch einen neuen Overall gekauft, es ist der gleiche wie der alte, der ihr ein bisschen klein geworden ist… Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen?«
    Sie sah mich an, ich schüttelte den Kopf.
    »Und bei der Gelegenheit auch noch neue Handschuhe.«
    Sie wühlte in den Tüten und zog ein Paar rote Handschuhe heraus.
    »Sie haben Klammern, die man am Ärmel befestigen kann. Sie sind groß und warm.«
    Sie sah Linda an.
    »Gehst du aus? Ach, stimmt ja, du wolltest dich ja mit Christina treffen.« Sie sah mich an. »Dann hättest du ja eigentlich etwas mit Geir unternehmen können. Aber ich will euch nicht länger stören. Ich gehe jetzt.«
    Sie wandte sich Vanja zu, die im Wagen hinter ihr lag, die Mütze bis über die Augen herabgezogen.
    »Sie schläft bestimmt noch eine Stunde. Heute Vormittag
hat sie nämlich nicht lange geschlafen. Soll ich sie reinfahren?«
    »Das kann ich übernehmen«, sagte ich. »Fährst du jetzt nach Gnesta oder was hast du vor?«
    Sie sah mich fragend an.
    »Eigentlich nicht. Ich wollte mit Barbro ins Theater gehen. Ich dachte, ich leihe mir dein Büro noch für eine Nacht. Ich dachte … Ich hatte Linda Bescheid gesagt. Brauchst du es selbst?«
    »Nein, nein«, sagte ich. »Es war nur eine Frage. Ich würde nur gerne kurz etwas mit dir besprechen, verstehst du. Es gibt da etwas, was ich dir sagen muss.«
    Die großen Augen hinter den dicken Brillengläsern sahen mich prüfend und ein wenig besorgt an.
    »Hättest du vielleicht Zeit für einen kleinen Spaziergang?«, sagte ich.
    »Natürlich«, antwortete sie.
    »Dann lass uns sofort gehen. Es dauert nicht lange.«
    Ich schraubte die Muttern an den Schrauben auf, von denen die Doppeltür zusammengehalten wurde, zog den Zapfen hoch, der sie im Boden verankerte, öffnete sie und schob den Wagen herein. Während ich das tat, ging Ingrid in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Als ich den Mantel anzog, stand sie ein paar Meter von mir entfernt und wartete in Gedanken versunken. Linda war ins Wohnzimmer gegangen.
    »Ihr wollt euch doch nicht etwa scheiden lassen?«, sagte sie, als ich die Tür hinter uns geschlossen hatte. »Sag, dass ihr euch nicht scheiden lassen wollt…?«
    Bei diesen Worten war ihr Gesicht kreidebleich.
    »Aber nein, du liebes bisschen, das haben wir nicht vor. Ich möchte mit dir über etwas ganz anderes sprechen.«
    »Oh, da bin ich aber erleichtert.«
    Wir gingen auf den Hinterhof und durch den Ausgang dort
auf die Davd Bagares gata hinaus, der wir bis zur Malmskillnadsgatan folgten. Ich sagte nichts, wusste nicht, wie ich es sagen, wie ich anfangen sollte. Sie schwieg ebenfalls, blickte mich aber zwei Mal auffordernd oder fragend an.
    »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll«, setzte ich an, als wir zur Kreuzung gekommen waren und uns in Richtung Johannes-Kirche bewegten.
    Pause.
    »Aber es ist so, dass … Nun ja, es wird wohl das Beste sein, nicht um den heißen Brei herumzureden. Ich weiß, dass du heute Schnaps getrunken hast, als du auf Vanja aufgepasst hast. Und dass du gestern das Gleiche getan hast. Und das … das kann ich einfach nicht tolerieren. Das geht nicht. Das kannst du nicht machen.«
    Sie sah mich die ganze Zeit aufmerksam an.
    »Ich meine damit nicht, dass ich dich in irgendeiner Weise kontrollieren will«, fuhr ich fort. »Von mir aus kannst du machen, was du willst. Aber nicht,

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