L(i)ebenswert (German Edition)
Bett, er wird euch versorgen. Ein heißes Bad, saubere Kleidung, ihr könnt alles haben, was ihr braucht. Alles weitere, wie etwa deine Rückkehr nach Hause, planst du wohl besser mit vollem Magen und ausgeruhtem Kopf.“
Noar trat näher an ihn heran und flüsterte:
„Gewaschen und gestriegelt sieht dein Wildfang dort sicherlich ausgesprochen hübsch aus. Willst du ihn für dich allein, oder darf ich ihn auch mal reiten?“
Befremdet starrte Geron diesen Mensch an, mit dem ihn nichts als etwa ein halbes Dutzend hitziger Liebesnächte verband. Noars Grinsen wurde immer breiter.
„Schon gut, ich erkenne einen verliebten Mann, wenn ich ihn sehe. Er sei dein, nur für dich. Du bist ein Glückkind, Geron. Er liebt dich auch.“
„Schön wär’s“, murmelte Geron, bevor er sich daran hindern konnte. Er ließ Noar stehen, bevor der noch mehr Unsinn reden konnte. Ninosh wirkte verloren auf diesem großen Platz, zumal er darauf bedacht war, sein verräterisches Gesicht zu verstecken. Geron fasste ihn energisch am Arm und zog ihn mit auf das Gebäude mit den Schlafquartieren zu. Sie mussten reden. Jetzt sofort.
Sobald die Tür der Kammer, die man ihnen zugewiesen hatte, verrammelt und verriegelt war, baute Geron sich mit verschränkten Armen und finsterer Miene vor ihm auf. Ninosh sank auf das Bett nieder, das er sich ausgesucht hatte. Er hatte geahnt, dass die Dinge sich auf diese Weise entwickeln würden, trotzdem fühlte er sich wie betäubt. Sein Geheimnis war aufgedeckt. Es gab nichts, wohinter er sich nun noch verbergen konnte. So häufig hatte er nackt und wehrlos dagelegen, einzig Gerons Gnade ausgeliefert. Kein einziges Mal hatte er sich ähnlich entblößt und beschämt gefühlt wie jetzt.
„Ich will die ganze Geschichte hören. Keine Ausflüchte, kein ‚ich kann nicht mehr’. Von Anfang bis Ende alles, vorher gebe ich keine Ruhe.“
Geron kniete vor ihm nieder und ergriff seine Hände. Trotz der hart gesprochenen Worte war sein Blick weich und sorgenvoll. Es trieb Ninosh die Tränen in die Augen. Er hatte diese Sorge nicht verdient! Aber er sah ein, dass Geron die Wahrheit verdient hatte, darum fixierte er einen Punkt auf dem kargen Steinboden und begann zu erzählen:
„Ich bin, was ich sagte, ich habe dich nie belogen. Mein Vater hatte mich zwar als Sohn offiziell anerkannt, ich wuchs aber dennoch in einem Landhaus an der Küste auf. Meine Mutter war von schwacher Gesundheit, das hektische Treiben in der Stadt hätte sie niemals ertragen. Zudem hatte sie König Mannik nicht freiwillig geheiratet, sie war kaum sechzehn gewesen, er hingegen schon über fünfzig Jahre alt. Mein Vater war an keinem von uns beiden interessiert, es war eine rein politische Ehe gewesen. Ich muss etwa zwei Jahre alt gewesen sein, als wir fortgehen durften. Wie ich später erfuhr, erzählte Mannik überall, dass seine Frau gestorben sei, vielleicht damit er noch einmal heiraten konnte. Für meine Mutter bedeutete es Erlösung, ich durfte wohlbehütet und glücklich aufwachsen. Ich bekam keine militärische Ausbildung, die war meinem Vater zu teuer und er hatte schon fünf Söhne, die allesamt an Schwert, Armbrust und Reitersäbel ausgebildet worden waren. Er schickte trotzdem genug Geld, damit ich nicht völlig verwilderte.“ Ninosh lächelte bei der Erinnerung an seine Kindheit. Er hatte mit Stallburschen und Fischersöhnen gespielt, war so oft es ging ausgeritten, war im Meer geschwommen und hatte Rudern, Fischen und Tauchen gelernt, statt sich mit Politik oder Militärwesen zu beschäftigen, wie es einem Prinzen geziemt hätte. Sommer wie Winter war er barfuß gelaufen, keiner seiner Freunde wusste, wer er wirklich war. Sie hielten ihn für den Bastard irgendeines reichen Adligen, nicht für einen Prinzen. Seine Mutter hatte ihm alles durchgehen lassen, solange er wenigstens das Notwendigste an Lesen, Schreiben und allgemeinem Wissen erlernte. Sie hatte ihn geliebt, obwohl er äußerlich das Ebenbild seines Vaters war …
„All das endete auf einem Schlag, als König Mannik mit der Kriegstreiberei begann. Er war wohl schon immer ein herrschsüchtiger, grausamer Mann gewesen, doch irgendetwas muss geschehen sein, dass er sich von einem Herrscher, der das Wohl seines Volkes durchaus für schützenswert hielt, in einen Tyrannen verwandelte, der alles und jeden vernichten wollte, der ihm gefährlich erschien …
Ich war erst dreizehn, trotzdem forderte der König, dass ich an den Hof zurückkehren und für seine
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