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Lieber Dylan

Lieber Dylan

Titel: Lieber Dylan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Curham
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ich will nicht, dass sie deine Mails sieht, denn   – nun ja, das ist ein bisschen kompliziert, aber sie heimst immer alle Aufmerksamkeit von den Jungen in unserer Schule ein, und es ist einfach schön, mal etwas für mich allein zu haben.
    Ich habe über das, was du über deine Eltern und all das gesagt hast, nachgedacht und   – oh nein, ich höre, sie kommt zurück!
    G x

    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: Stief-Ärsche, zweiter Teil
    Datum: Montag, 24. Juli, 16:13

    Lieber Dylan,
    tut mir leid wegen Samstag   – Jessica kam plötzlich zurück in ihr Zimmer gerannt und ist total ausgeflippt wegen ihrer Haare. Sie hat ein bisschen zu viel Farbe aufgetragen, und so waren schließlich nicht nur die Spitzen von ihrem Pony pink, sondern der ganze Pony! Ich weiß, es hört sich fies an, aber am liebsten hätte ich laut losgelacht, denn mit ihrem pinken Pony und ihren wasserstoffblonden Haaren sah sie total aus wie eins dieser ekligen Krabbenstäbchen, die sie immer isst. Ich wusste, ich durfte nicht lachen, also musste ich an etwas wirklich Trauriges denken, um mich abzulenken. Immer, wenn ich mich am Lachen hindern muss, denke ich an den Tag, an dem mein Vater gestorben ist und daran, wie das Gesicht meiner Mutter ganz grau wurde, als sie mir von dem Unfall erzählt hat. Er ist bei einem Motoradunfall auf der Autobahn gestorben. Nun ja, wenigstens ein Gutes kam dabei heraus   – es bewahrt mich davor, in der Schule Ärger zu bekommen. Es ist nämlich so: Ich habe immer diesen fürchterlichen Drang zu kichern, wenn ich ausgeschimpft werde, obwohl ich weiß, dass ich damit die Sache milliardenmal schlimmer mache. Aber wenn ich daran denke, wie mein Vater da auf der Straße gelegen hat und neben ihm sein Motorrad als ein einziger Schrotthaufen und das Blut und so   … es ist kaum zu glauben, wie schnell da das Lachen aufhört. Es ist ein bisschen so, als wenn man Wasser auf eine heiße Herdplatte gießt und sich das Ganze dann einfach zischend in nichts auflöst.
    Gestern Abend habe ich es also geschafft, mir das Lachen zu verkneifen, und stattdessen habe ich Jessica von deinen Mails erzählt. Ich weiß, ich habe gesagt, ich würde das nicht machen, aber sie war so fertig wegen ihrer Haare, und ich dachte, das würde sie ein bisschen ablenken. Ich dachte, sie würde hin und weg sein, weil du, der weltberühmte Dylan Curtland, mir Mails schickst, die ja nun auf gar keinen Fall nur Spam sein können. Das Problem war, dass das ganze Drama mit ihren Haaren sie wirklich traumatisiert hatte, sodass sie überhaupt nicht hin und weg von deinen neuen Mails war. Im Gegenteil, sie hat gesagt, ich sei blöd, weil ich dir die ganze Zeit E-Mails schreibe, und ich sollte mir lieber mal ein echtes Leben anschaffen. (Du denkst aber nicht, dass ich blöd bin, oder? Wenn du das denken würdest, hättest du mir doch nicht geantwortet, stimmt’s?) Jessica kann manchmal ein bisschen so sein. Meine Mum sagt, sie ist eine verwöhnte kleine Madame, aber ich glaube, es liegt an dem Stress, den sie mit den Vorbereitungen für ihre künftige Karriere als Supermodel hat. Vor allem wenn dabei was schiefgeht so wie gestern Abend, als sie wie ein Krabbenstäbchen aussah. Sie musste bei der Party absagen und konnte Jamie nicht sehen und so weiter.
    Wie auch immer, nachdem ich irgendeine Ausrede gemurmelt hatte und nach Hause gegangen war, habe ich über das, was du in deiner letzten Mail geschrieben hast, nachgedacht   – und über die Hausaufgabe, die du mir wegen der Eltern vom Ton-Zerstörer gegeben hast. Ich habe nur seine Mutter kennengelernt, und die scheint in Ordnung zu sein. (Wenn man nichts gegen alte Frauen hat, die spucken und ständig »Ist ja nicht zu glauben« sagen. Und die ununterbrochen auf Toffees herumkauen und mit weit gespreizten Beinen sitzen   – wobei sie einen Rock anhaben.) Über seinen Vater weiß ich gar nichts, abgesehen davon, dass er sie verlassen hat, als der Ton-Zerstörer ein Kind war. Also habe ich meine Mum nach ihm gefragt, als wir Michaela gestern Abend gebadet haben, und Mum hat gesagt, er hat den Ton-Zerstörer und seine Brüder verprügelt, und deshalb wollen sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Sie hat auch gesagt, der Ton-Zerstörer hätte eine Menge »ungelöste Probleme mit Jähzorn«, und deshalb sagt sie mir immer, ich soll still sein, denn sie hat Angst, dass er bei mir mal die Kontrolle verliert. Ich wollte ihr sagen, dass ich es nicht besonders fair

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