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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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daher verdrängen müssen, testen Sie vertrauensvoll die Moor’sche Verdrängung-durch-Verknüpfung-Methode – und werden Sie wieder ein wertvolles, weil befreites Mitglied unserer Gesellschaft! Über mögliche unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen fragen Sie nicht mich, sondern lesen Sie ein weiteres Mal dieses Buch …

Bonus-Material II
Die Schweizer Begrüßung
    In der Schweiz ist vieles, was sich im zwischenmenschlichen Bereich des Alltags abspielt, etwas komplizierter als anderswo. Dies betrifft unter anderem auch das Begrüßungsritual, welches
immer
zu vollziehen ist, wenn Schweizer sich begegnen. Denn die Schweizer sind eigentlich von alters her daran gewöhnt, einander nicht zu begegnen. Sie sind lieber getrennt voneinander. Da darf man sich von der Tatsache, dass sie sich gemeinschaftlich als Genossen, ja sogar als Eidgenossen bezeichnen, nicht täuschen lassen. Bis nämlich Napoleon die Eidgenossen mit Waffengewalt zur Genossenschaft zwang – was die Genossen zunächst gar nicht genossen –, war die Schweiz gewissermaßen das Afghanistan Mitteleuropas. Während rundherum Hochkulturen blühten, die Geisteswissenschaften das Bild der Schöpfung neu erfanden, die Französische Revolution eine gerechtere Gesellschaftsordnung durchzusetzen begann und in ganz Europa ein künftiges Weltkulturerbe nach dem anderen erbaut wurde, herrschte in der Schweiz nach wie vor die unbegrenzte Willkür lokaler Warlords, die das ganze Gebiet untereinander aufgeteilt hatten in einen Flickenteppich selbstherrlicher Gewaltausübung. Sozialpolitik und Gesetzgebung wurden gestaltet und umgesetzt mit Hilfe des guten, altbewährten Faustrechts.
    Wer hatte, dem wurde gegeben, wem nicht gegeben wurde, der hatte auch nichts zu wollen, sondern gefälligst gefällig zu sein und sich mit dem zu bescheiden, was er nicht hatte, und bescheiden abzuwarten, ob ihm vielleicht (aber nur ausnahmsweise und nur, wenn dem Habenden die unterwürfige Gefälligkeit des Habenichtses gefällt), ob ihm dann vielleicht eine trockene Brotkruste zugeworfen würde, auf dass er wieder zu jenen Kräften komme, die er doch brauchte, um weiterhin bescheiden und gefällig sein zu können.
    Es war kein schönes Leben damals, in der schönen Schweiz.
    So suchten viele ihr Wohl im himmlischen Jenseits, in das man ja vielleicht dermaleinst eingelassen würde. Aber nur vielleicht und nur, wenn man Gott gefällig war und dem Allmächtigen die Gefälligkeit gefällt und man nicht am Jüngsten Tag vom gefällten Gottesurteil gefällt wurde und man hinab musste in die Hölle, wo man von ausländischen Fötzeln und anderer Teufelsbrut weiter so geplagt wurde wie schon das ganze ausgehauchte Leben lang heroben auf dem schönen Schweizer Boden.
    Damit man es aber überhaupt wagen konnte, aufs Jenseits zu hoffen, war es im Diesseits sehr wichtig, nicht falsch gefällig zu sein, sondern eben richtig. Leider gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, wer Gott richtig und wer ihm falsch gefällig war. Und weil es in dieser Frage immerhin um die Ewigkeit ging, also um alles, hatten sich natürlich die richtig Gefälligen zu verteidigen gegen die falsch Gefälligen, um des Himmels willen. Also verteidigten sich die Katholiken gegen die Lutheraner und die Zwinglianer, die Lutheraner gegen die Zwinglianer, die beiden wiederum gegen sich untereinander und alle drei gemeinsam gegen die Unchristen, sodass jeder sich verteidigte gegen alle anderen. Und weil die beste Verteidigung bekanntlich der Angriff ist, schlugen sie sich die Köpfe ein, derart zuhauf, dass die Frauen fast nicht mehr nachkamen mit dem Gebären von neuen richtigen Christen. Hätte man die «Weyber», wenn sie nicht gefällig sein mochten, nicht fleißig vergewaltigt, es wäre knapp geworden mit dem verteidigungswilligen Nachschub.
    Vor lauter Kämpfen für das würdige Jenseits blieb den Menschen weder genug Kraft noch genug Macht übrig, zu kämpfen für ein menschenwürdiges Diesseits. Was die Erhalter der menschen-
un
-würdigen Zustände freute und sie zu Erhaltern von allem machte – womit sie alles erhielten.
    Bis heute
gehört das Erhalten von Erhaltenem zu den obersten Schweizer Tugenden. Und das Gefälligsein, auf dass man etwas erhalte. Und die Angst vor den Un-Gefälligen und den anders Glaubenden, die sowieso.
    Kurz: Es war früher in der Schweiz nicht zum Aushalten. Es war zum Davonlaufen. Tausende und Abertausende taten es auch. Ganze Täler entvölkerten sich. Und weil sie von den

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