Lieber einmal mehr als mehrmals weniger
reagiert. Doch nicht ernsthaft, ich hab ja dich», sagte mein schönes Weib und blinkerte mich aus ihren großen blauen Augen treuherzig an.
«Nett von dir, Sonja, danke. Aber wenn du mich nicht hättest und dafür einen Traktor …»
«Ich hab noch NIE auf eine Kontaktanzeige geantwortet», entrüstete sie sich.
«Ich meine, wenn du mich nicht hättest, aber einen Traktor, und du eine Frau wärst, die eben doch mal auf eine Kontaktanzeige antworteten würde, tätest du dann …»
«Nein, der Traktor würde mir zu meinem Glück vollauf genügen.»
«Sonja! Du weißt, was ich meine: Du Weib hast Traktor, suchst trotzdem Macker per Kleinanzeige, ja? Würdest du auf diese Anzeige … ja oder nein?»
«Diiiiieter! Wie soll ich das wissen? Dieses Weib, das du da beschreibst, bin doch nicht ich. Da musst du schon diese andere fragen.»
Ich gab auf. Und fand mich damit ab, nie zu erfahren, ob der Bauer, der das Inserat verfasst hatte, wenigstens eine winzige Chance gehabt hätte, tatsächlich Bilder von Traktoren von Bauer suchenden Frauen zu erhalten. Für ihn und für eine bessere Welt hoffe ich es sehr.
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Immer noch Fußnote
Falls es irgendwo im Universum diese Frau gegeben hätte, die tatsächlich auf diesen Inserenten reagiert und in ihr Antwortkuvert kein Bild von sich gesteckt hätte, dafür ein Bild ihres Traktors, und dies Bild ihres Traktors hätte ihm gefallen, dann … hätten sie sich getroffen. Sie wäre zu ihm gefahren. Auf ihrem Traktor. Sie hätte ihn auch damit fahren lassen, weil sie ihm vertraut hätte, und er hätte nach der Probefahrt in ihre Augen geschaut und gesagt, dass sie da einen schönen Traktor habe, und sie hätte gesagt, dass er gut aussehe auf ihrem Traktor und er solle gefälligst beim Runterschalten den zweiten Gang nicht so reinwürgen. Und er hätte gesagt: «So, jetzt schau dir mal den Hof an», und sie wären, sein altes, rostiges Traktorenwrack umgehend, ins Haus gegangen, und sie hätte gesagt: «Da fehlt eine Frau, wie das hier aussieht», und er hätte gesagt: «Ich weiß», und sie hätte ihn prüfend angeschaut und gefragt: «Was wirft er denn ab, dein Hof?», und er hätte ihr gesagt, was er abwirft, sein Hof, und sie hätte die Stirn gerunzelt und gerechnet und dann genickt und gesagt: «Aha.» Und dann hätten sie noch das Vieh begutachtet und die Scheune, und danach hätten die beiden nicht recht weitergewusst, weil ja alles schon klar gewesen wäre, und dann hätte er gefragt: «Und jetzt?», und dann hätte sie gesagt: «Ich lass den Traktor bei dir», und er hätte genickt und gesagt: «Gut», und sie hätte ihm die Hand hingehalten, und er hätte eingeschlagen, und sie hätten sich lange und prüfend in die Augen gesehen, und er hätte gesagt: «Ich will dann kein Gejammer hinterher», und sie hätte gesagt: «Und ich kein Gefluche», und sie hätten sich weiter in die Augen gesehen, und dann hätten sie beide gleichzeitig genickt und sich, nach einem kräftigen Druck, wieder losgelassen an den Händen, und dann hätte sie gefragt: «Und wo wird geschlafen?», und er hätte es ihr gezeigt, und sie hätte den frischen Blumenstrauß auf dem Nachtkästchen entdeckt und gefragt: «Hast du gewusst, das ich bleibe?», und er hätte gesagt: «Nein, aber gehofft – bei dem schönen Traktor», und sie hätte ihm einen Schlag vor die Brust geknallt, und er wäre zurückgeprallt und rücklings aufs Bett gefallen, und sie hätte sich am liebsten gleich dazugeworfen, stattdessen aber hätte sie gesagt: «Ich brauch einen Schnaps», und sie wären in die Küche gegangen und hätten beim Selbstgebrannten viel besprochen und einander alles gesagt, was nämlich sie, die Frau, nie wieder durchgehen lassen würde bei einem Mann, respektive was er, der Mann, nie wieder hinnehmen würde bei einem Weib, und sie hätten sich oft zugenickt und sich in die Augen gesehen, und am anderen Morgen in der Früh wäre sie wieder aufgebrochen, aber sie hätte ihn, den Traktor, wirklich dagelassen, und dann, ein paar Tage später, wäre sie mit dem Rest ihrer Habe wiedergekommen, und ein paar Monate später hätten sie geheiratet.
Ich schwöre, sie wären miteinander glücklich geworden. Sehr, sehr glücklich.
Weil sie gewusst hätten, was der andere zu geben hat und was er zu nehmen gedenkt. Weil man in der Liebe nicht immer nur nehmen und nehmen und nehmen kann. Aber eben auch nicht immer nur geben und geben und geben. Die Liebe ist beides, sie ist ein Geschäft
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