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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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doch immer unter Zyt-Druck, bis die dazu kommen, eine solche Einzelanfertigung zu machen, die müssen ja die Drähbank extra dafür einrichten und justieren, ein riesiger Ufwand für nur ein einziges Stückli, also in der Schwyz würden die da glatt sagen, nei, mached mer nöd, und wenn doch, wartescht du Minimum zwei Mönet auf so ein Einzelstückli. Ganz abgesehen von den Chosten, die müssten ja einen ungeheuren Preis verlangen, damit die ihren Ufwand wieder drin haben.»
    «Man müsste halt ma reden mit denen», bemerkt Müsebeck. «Denn wüsste man, was dett kostet. An Zeit und an Geld.»
    «Außerdem ist das ein ganz spezieller Traktorenstahl», gibt Jakob zu bedenken, ohne auf Müsebecks Einwurf einzugehen. «Da müsste es schon mit dem Teufel zugehen, dass die dann ausgerechnet gerade so ein Stück lagernd hätten, noch dazu in geeigneter Dimension. Wie gesagt, die haben ja nicht darauf gewartet, dass da einer einen Hürlimann-Herzbolze braucht, weisch.»
    «Man müsst halt mal reden mit denen …», wiederholt Müsebeck ungerührt. «Is ’ne Werft. Die haben jede Art Stahl. Jede.»
    «Ja, wenn du uns die Nummer gibst», sage ich zu Müsebeck, «dann rufen wir da einfach an, morgen früh, und dann können wir mal reden, mit denen.» Warum fühle ich mich plötzlich wie ein Papagei?
    «Nummer bringt nichts. Warum fahrt ihr nicht einfach hin? Denn wisst ihr sofort Bescheid.»
    «So einfach auf gut Glück?», überlege ich. «Ob sich das lohnt?»
    Müsebeck zuckt nur mit den Schultern. Jakob zuckt nur mit den Schultern.
    Drei Männer stehen in meiner Scheune, inmitten der Hürlimann-Eingeweide, und denken über ein Problem nach. Schweigend.
    Es ist Müsebeck, der als Erster seine Stimme erhebt: «Ich sag ja immer: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger.»
    Das klingt gut! Jedoch, der genaue Sinn in Bezug auf die Werft erschließt sich mir denn doch nicht. Ich blicke fragend zu Jakob. Der nickt Müsebeck anerkennend zu. «Genau! So heb ich’s au immer», sagt er. Offenbar hat er die Botschaft verstanden.
    «Wo genau an der Ostsee liegt denn diese Werft?», frage ich. «Wenn die autobahntechnisch günstig liegt …»
    «Was haste denn immer mit deiner Ostsee?», unterbricht mich Müsebeck. «Oder. An der Oder liegt die Werft, mit dem Auto ’ne halbe Stunde von Amerika.»
    «So nah?», staune ich und schaue zu Jakob.
    «An der Oder, oder?», meint der, als wäre ihm das immer schon klar gewesen.
    «Ja, aber dann könnten wir’s ja doch schaffen», rufe ich. «Wirklich, Müsebeck, warum sagst du nicht gleich, dass das eine Oder-Werft ist?»
    «Hat mich einer gefragt?» Müsebeck zieht seinen Mund in die Breite, tippt an sein Hütchen, und weg ist er.
    «Jakob, was meinte Müsebeck mit … äh, wie war das noch mal: Lieber einmal mehr, als mehrmals weniger?»
    «Kei Ahnig, Dieter, aber den Spruch merk ich mir. Tönt gut!»

[zur Inhaltsübersicht]
    Die Werft
    «Di ganzi Nacht hab ich den blöden Bolzen im Chopf gehabt», sagt Jakob. «Da komm ich den weiten Weg hierher wegen dem Kuppligs-Schibli und dann: Hab ich en Bolze im Chopf!» Er schlägt sich mit der Handfläche gegen die Stirn.
    «Ich glaube, es ist schlimmer, Jakob, du hast ihn im Herzen, den Bolzen.»
    «Ja sonscht noch öppis? Wäre ja no schöner!»
    Er spielt mit dem abgebrochenen Teilstück des Herzbolzens in seiner Hand, wirft es auf, fängt es wieder, hält es sich vor die Augen und legt es schließlich an den eigentlichen Bolzen, der zwischen seinen Beinen auf dem Beifahrersitz liegt.
    Schon früh um halb sieben Uhr waren wir losgefahren, nach einem hastigen Frühstück, während dem wir Sonja zu erklären versucht hatten, wo das Hürlimann-Problem lag, warum unser Ruf in Amerika, gut oder schlecht, vom Herzbolzen abhing und somit unsere Ehre und damit das Wohl oder Weh unseres ganzen künftigen Daseins allhier und welch existenzielle Hoffnung wir nun in unseren Ausflug legten, zu Müsebecks mysteriöser Werft an der Oder. Sonja hatte sich das alles eine Weile stoisch angehört und dann gesagt: «Ich schau nach den Schafen.» Sie schnappte sich die Hunde und floh. Frauen haben ja so was von keine Ahnung von der Ehre der Männer!
     
    «Ich hab eine Idee», sagt Jakob. «Wenn die uns den Bolze sechs Millimeter länger machen als das Original, dann könnte ich dir die Hängerkupplig so befeschtigen, dass sie mitdreht, auf unebnem Gelände. Dann würde es weniger an der Deichselöse umenwürgen, wenn du was ziehscht. Wäre, glaub i, noch eine

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