Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
Vom Netzwerk:
Bücher. Romane. » Mr. Mackintosh, um Höflichkeit bemüht, hatte daraufhin verkündet: «Ich habe auch einmal einen Roman gelesen. Handelte von dem Leben auf einem Bauernhof.» Er schüttelte den Kopf. «Aber der Mann hatte von Ackerbau und Viehzucht keine Ahnung. Hoffentlich halten Sie sich an das, was Sie kennen und wovon Sie etwas verstehen, Mr. Pentecost.»
    Zu Gaylords heller Empörung verbot Miss Mackintosh den Dammbau am Fluß. Das sei zu gefährlich. Und außerdem sei es ein müßiges Unternehmen, erklärte sie. Müßig! Gaylord trabte in die Küche. «Mummi, was ist müßig?»
    «Überflüssig, unnütz», antwortete Mummi.
    Er hatte es geahnt. Das war ein starkes Stück! «Miss Mackintosh, die gemeine Ziege, will nicht, daß wir den Damm durch den Fluß bauen, Mummi. Und dabei hatten wir ihn schon beinahe fertig!»
    «Liebling», sagte Mummi, «Julia ist ein süßes kleines Mädchen, aber kein Wasserbautechniker. Ich kann ihre Tante schon verstehen.» Im stillen dachte sie: Was denkt die sich eigentlich? Diese Ziegel Meinem Sohn zu sagen, was er darf und nicht darf! Energisch warf sie den Kopf zurück. Die soll sich bloß vorsehen!
     

3
     
    Vor vier Wochen war er noch ein Niemand gewesen. Ein pickliger Junge, dem die Lehrer vergeblich Mathematik und Liebe zu Shakespeare beizubringen versuchten. Ein Duckmäuser, der sich, ohne zu mucksen, von seinen Freunden herumschubsen, von seiner Mutter ständig schelten und von seinem Vater abwechselnd verwünschen und verwöhnen ließ. Das alles hatte sich geändert. Und wie! In seiner neuen ledernen Rüstung, mit hohen Stiefeln und mit dem Schutzhelm, der die Pickel verbarg, so thronte er auf seinem Feuerstuhl. Ein Aufheulen, und fort war er - ein Rausch aus Lärm und Geschwindigkeit und Macht. Junge und alte Leute, Männer und Frauen und Kinder - alle machten, daß sie wegkamen. Jaguar- und Mercedesfahrer behandelten ihn mit Respekt, oder jedenfalls mit Vorsicht. Er hatte etwas entdeckt, was vielen älteren und klügeren Männern nie aufgegangen war: das Geheimnis der Macht. «Ich bin ein Riese!» dachte er.
    Macht jedoch korrumpiert, und sie war auch schon dabei, Derek Bates zu korrumpieren. Es genügte ihm nicht mehr, wenn eine alte Frau sich schleunigst auf den Bürgersteig rettete. Er wollte deutlichere und persönlichere Beweise seiner Macht. Jeder sollte ihn sehen; und jeder, der nicht aufblickte, wenn er vorüberschoß, war sein Feind. Feinde mußte man strafen. Daran dachte er, als er eines Tages ein kleines Mädchen so gedankenverloren auf einer Wiese tanzen sah, daß es ihn gar nicht bemerkte. Selbst als er anhielt und erbost auf die Hupe drückte, blickte die Kleine nicht zu ihm herüber. Er beschloß, es ihr zu zeigen. Vor allem, da sie offensichtlich ganz allein war...
    Es war ein strahlender Oktobernachmittag. Hoch oben am hellblauen Himmel segelten weiche Wölkchen. Leise tschilpten die Sperlinge in den Hecken, und die Kühe standen still da und schlugen sinnend mit den Schwänzen. Eine späte Libelle schoß wie ein lebender Regenbogen durch die Sonnenstrahlen. Julia sah den hellen Schimmer, den grazilen schlanken Körper und war entzückt. Sie wurde selber eine Libelle. Reglos stand sie auf den Zehenspitzen, mit ausgestreckten Armen und bebenden Fingerspitzen. Jetzt tat sie einen Sprung, blieb stehen, sprang abermals. Sie hörte nichts mehr von den Alltagsgeräuschen rings um sie her, und sie hörte auch nicht das Knattern, als ein Motorradfahrer vor dem offenen Gatter zur Wiese anhielt. Hätte sie es gehört, und hätte sie aufgeblickt, dann wäre Derek Bates vielleicht zufrieden gewesen. So jedoch bog er voller Wut mit seinem Motorrad von der Straße auf die Wiese ab, gab Gas und fuhr auf Julia zu.
    Sie schrie auf. Einen Meter vor ihr drehte er ab und kurvte dann in engen Kreisen um sie herum. Hinter dem roten Schutzhelm verzog sich der Mund in bösem Triumph. Bei Gott, jetzt hatte sie ihn gesehen. Und so leicht würde sie ihn nicht vergessen.
    Julia wußte nicht, wie ihr geschah. Angstvoll drehte sie sich im Kreis. Zu Tode erschrocken fiel sie schluchzend ins Gras.
    Gut! dachte Derek. Er beschrieb noch einen weiteren Kreis um die Kleine, versetzte ihr im Fahren einen kräftigen Fußtritt und schoß dann mit triumphierendem Motorgebrüll auf die Öffnung im Gatter zu.
    Aber die Öffnung im Gatter war jetzt geschlossen. Ein leichter Schreck fuhr Derek in die Glieder. Und dann sah er, daß an dem Gatter ein vierschrötiger, kräftig aussehender

Weitere Kostenlose Bücher