Lieber Osama
ihnen heraus, sondern die meines Jungen. Mami, sagten ihre Lippen, meine Haare brennen, es tut so weh, es tut so weh.
Ich fuhr herum und stieß Petra zu Boden. Ich rollte sie über den blauen Teppichboden, versuchte, die Flammen zu ersticken. Sie schrie, trat und schrie Zeter und Mordio. Die Flammen breiteten sich auf die Arme aus. Meine ganze Vorderseite loderte, ich spürte, wie der Draht meines neuen BHs glühheiß zischend in die weiche Haut unter meinen Titten schmolz. Das tat so weh, dass mir die Worte dafür fehlen. Die Haut schälte sich von meinen Händen. Trotzdem versuchte ich immer noch, die Flammen zu ersticken. Ich griff mir all die Sachen, die wir anprobiert hatten, und drückte sie auf Petras Körper. So versuchte ich, den Brand zu löschen, doch das funktionierte nicht, stattdessen fingen die Sachen Feuer. Am Ende brannte alles, Katherine Hamnett, Armani und Diane von Furstenberg, und brennend sah alles gleich aus.
Ich fing an zu schreien, mehr konnte ich nicht tun, denn meine Hände waren zu zwei Stümpfen verbrutzelt. Ich schloss die Augen, und immer noch hörte ich aus Petras Mund die Schreie meines Jungen: MAMI, MAMI, WARUM HILFST DU MIR NICHT? Ich presste meine Arme auf die Ohren und schrie in den Rauch und die Dunkelheit hinein.
D AS E RSTE , WAS ICH WIEDER HÖRTE , war Petras Stimme. Schon gut, sagte sie. Es ist vorbei, es ist vorbei. Ich schlug die Augen auf. Ich saß auf dem Boden der Umkleidekabine, und überall lag Kleidung verstreut. Nichts brannte. Niemand war verletzt. Eine Ersthelferin war bei uns und betupfte einen Kratzer auf meinem Gesicht mit Hamamelisextrakt. Es brannte, aber den Geruch von Hamamelis mochte ich schon immer. Petra hielt meinen Kopf und strich mir das Haar aus dem Gesicht. Tief durchatmen, sagte sie. Tief durchatmen. Kann uns vielleicht jemand ein Glas Wasser bringen?
Ich blickte hoch. Leute vom Sicherheitsdienst standen an der Tür. Einer verschwand kurz und kam mit einem Plastikbecher Wasser zurück. Er war nur halb voll, und das Wasser war lauwarm. Es schmeckte nach Blut, wahrscheinlich weil ich mir auf die Zunge gebissen hatte.
- Schafft es Ihre Freundin allein?, fragte die Ersthelferin.
Petra sah mich an. Ihre Haare waren ganz zerzaust, und ihr Augen-Make-up hatte sich aufgelöst. Sie hatte geweint, das war klar. Sie lächelte mich an.
- Natürlich schafft sie es, sagte sie. Meinst du, du kannst auf stehen?
- Ich glaube schon.
Die Ersthelferin griff mir unter die Arme, und ich stand auf. Mein Kopf fühlte sich federleicht an, so als könnte er sich jeden Moment losmachen und gen Schutzschild der Hoffnung davonsegeln. Nach einer Weile verabschiedeten sich die Ersthelferin und die Leute vom Sicherheitsdienst. Ich musterte mich im Spiegel. Ich war sehr blass in den neuen Sachen. Ich blickte zu Petra.
- Tut mir leid.
Sie umarmte mich lange. Ich zitterte. Da standen wir in der Kabine, und alles war wieder ganz still, abgesehen von unserem Atem und den summenden Deckenspots.
Meine alten Sachen ließen wir einfach in der Kabine zurück. Das Einzige, was ich mitnahm, war Mr. Rabbit. Petra bezahlte die Sachen, die ich anhatte. Sie kosteten mehr als unser alter Astra.
Draußen war es inzwischen Mittag geworden. Das Wetter war herrlich, der Hyde Park nur einen Katzensprung entfernt.
- Komm, bleiben wir ein bisschen an der frischen Luft, sagte Petra. Wir könnten zum Serpentine gehen und uns ein Ruder boot nehmen.
- Boote mag ich nicht, die machen mich nervös.
- Unsinn, sagte Petra. Und wenn es uns anödet, gehen wir einfach wieder an Land und verführen die Parkwächter.
Mir war noch immer ein bisschen schwummrig. Petra musste mich an der Hand nehmen. Wir gingen in ein Take-away, welches genau, hab ich vergessen. Petra kaufte Sushi und 2 Flaschen kalten Weißwein, damit gingen wir bis zum See im Hyde Park.
Vor dem Bootsverleih war eine endlose Schlange, aber Petra steckte nur zwei Finger in den Mund und pfiff einem jungen Paar zu, das schon in einem der Boote saß wie in einem Taxi. Sie bot den beiden 50 Ocken an, damit sie uns das Boot überließen, so war sie eben. Das Einsteigen war eine wacklige Angelegenheit, aber ich schätze, das Boot war auch nicht für hohe Absätze gemacht. Wir nahmen die Ruder, kriegten es aber nicht hin, geradeaus zu steuern, deshalb ließen wir uns treiben.
Wir legten uns auf den Boden, so schwankte das Boot nicht so stark. Man denkt eigentlich, dass es schön sein müsste auf dem Wasser, aber das war es nicht,
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