LIEBES ABENTEUER
sieht, dass der Ring nicht mehr da ist. Oh ja, das wird mir eine Lektion sein: Spontankäufe sind nie gut.
»Ich habe den Ring heute Morgen zurückgegeben. Ich wusste, was sie denken würden, und ich hätte es besser wissen müssen. Es war mein Fehler. Ich war naiv, aber das ist jetzt vorbei.«
Er schnaubt verächtlich. »Ich bin sehr angesehen hier im Silicon Valley. Die Vorwürfe gegen mich werden keinen Bestand haben. Und Sie haben was? Einen Abschluss von einer Nullachtfünfzehn-Uni und ein paar Jahre Berufserfahrung?«
»Entschuldigung, aber die Santa-Clara-Universität ist keine Nullachtfünfzehn-Uni.« Meine Berufserfahrung? Das ist noch mal etwas ganz anderes. »Ich kann Ihnen nicht helfen, Hans. Sie wussten von Anfang an, dass ich Christ bin, und auch wenn Sie vielleicht gedacht haben, dass ich deshalb naiv bin, haben Sie nicht damit gerechnet, dass Gott mir zu meinem Recht verhelfen wird.«
»Bitte, sprechen Sie nicht von ihrem erdachten Himmelreich.
Mein Magen dreht sich ohnehin schon.« Er springt mit einem Satz die Veranda hinunter und trabt zu seinem Auto.
Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben, sage ich mir vor, als Hans die Tür seines Jaguars zuknallt.
Hans wird nicht im Gefängnis landen. Ganz gleich, wie viele Millionen er irgend so einem armen Trottel aus seiner Altersversorgung gestohlen hat, er wird dafür nicht im Gefängnis landen, weil dadurch für die Aktionäre alles nur noch schlimmer würde. Er wird ein anderes junges Unternehmen finden und das ganze Spielchen von vorne anfangen.
Kay klopft sich auf der Veranda den Staub ab. »Wer war denn das?«
»Das war mein Boss.«
Sie hält inne. »Und was wollte er hier?« Dann bekommt sie ganz große Augen und streicht sich ihre krausen Strähnen aus dem Gesicht. »Dein Boss oder dein ehemaliger Boss?«
Ich seufze. »Mein ehemaliger Boss.«
»Warum kannst du nicht wie alle normalen Menschen einfach arbeiten gehen? Das Leben ist keine griechische Tragödie.« Sie nickt in Richtung der Blumen, als sie ins Haus kommt. »Von wem sind die?«
»Kevin.« Ich will ihr gerade von seinem Gedicht erzählen, überlege es mir dann aber doch anders.
»Er scheint ja ziemlich an dir interessiert zu sein, was?«
»Entweder das, oder er will sich damit für seine Eltern entschuldigen. Mei Ling hat mich gestern Abend angerufen. Scheinbar hat seine Mutter meiner Mutter vorgeschlagen, ihr Schönheitschirurg könne etwas für sie tun, und ihr dann seine Karte gegeben und sie eingeladen, solange bei ihnen in Atlanta zu wohnen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass das deine Mutter aus der Fassung bringt, Ashley. Sie würde so etwas nie in Betracht ziehen.«
»Nein, aber dann hat Dr. Novak meinem Bruder vorgeschlagen, nach Atlanta zu kommen, weil er dort als Golfjunge genauso viel verdienen könne wie hier als Busfahrer.«
»Wir reden hier von Dave. Warum sollte es ihn kümmern, was Dr. Novak sagt?«
»Weil er Mei Ling scheinbar eine kostenlose Blepharoplastik angeboten hat.«
»Heißt was?«
»Eine Augenlidstraffung, damit sie nicht mehr so asiatisch aussieht.«
Kay verschluckt sich an ihrer Wasserflasche. »Oh Ashley, das tut mir so leid. Hat er Mei Ling gesehen? Ist ihm aufgefallen, wie wunderhübsch sie ist?«
»Ich glaube nicht, Kay. Er ist ein Fanatiker. Er glaubt, alle Frauen sollten so aussehen wie Elaine Novak mit ihrem ständig überraschten Gesichtsausdruck.«
»Weiß Kevin das?«
Ich schüttle den Kopf. »Ich glaube nicht, und ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll.«
»Du musst es ihm sagen. Seine Eltern können nicht in dieses Völkergemisch hier im Silicon Valley kommen und allen ethnischen Gruppierungen chirurgische Eingriffe anbieten, damit sie aussehen wie Weiße. Was glauben sie eigentlich, wer wir sein wollen? Michael Jackson vielleicht?«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich werde es ihm sagen. Gleich nachdem ich ihm erzählt habe, dass ich chronisch arbeitslos bin.«
»Vielleicht solltest du dich dieses Jahr gegen Grippe impfen lassen, Ash. Du hattest in letzter Zeit viel Pech.«
»Kann nicht schaden.«
Kay hat ihren Ärger über meine Jobsituation schon überwunden. »Soll ich etwas zum Mittagessen machen?«
»Nein, danke.« Vielleicht kann ich irgendwo einen Aushilfsjob im Keller finden, wo ich nie jemandem begegne. Nein, Idee gestrichen. Dann würde ja nie jemand meine wunderbaren Kleider sehen.
Es muss an mir liegen. Ich bin der gemeinsame Nenner in all diesen Situationen. Vielleicht setzte ich mich zu
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