LIEBES ABENTEUER
Dave findet an den seltsamsten Dingen Vergnügen, und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie er irgendeine Krankheit vortäuscht, nur um Kevin auf die Probe zu stellen. Alles, worüber Dave lachen kann, bereitet ihm das größte Vergnügen. Deshalb bringe ich normalerweise keine Männer mit nach Hause, es sei denn, ich will sie loswerden oder ich meine es wirklich ernst mit ihnen. Im Augenblick gehört Kevin in keine dieser beiden Kategorien.
»Ashley!« Dave kommt die Treppe heruntergerannt und nimmt immer zwei Stufen auf einmal. Er nähert sich meinem Ohr und flüstert mir zu: »Nicht schlecht. Was ist mit ihm? Hat er nur noch sechs Monate zu leben, oder was?«
Ich räuspere mich und stelle alle einander vor, wobei ich mich bemühe, meinen Bruder zu ignorieren, der sich schon von Natur aus an meiner Misere ergötzt.
Meine Großtante Babe kommt mit ihrem Markenzeichen aus dem Haus - einer extradünnen Zigarette im Mund und einem abgespreizten kleinen Finger - und schaut sich die ganze Szene an, als wäre sie unsichtbar. »Ich begrüße euch alle, wenn ich meine Zigarette geraucht habe«, krächzt sie.
Die Fähigkeiten meines Vaters im Bereich der Gartenpflege vermitteln den Eindruck, als lebten wir auf einer Müllhalde, aber meine Mutter ist die reinlichste Hausfrau in ganz Palo Alto. Neben ihr wirkt Kay schlampig. Und ich? Nun, ich wirke neben ihr wie die Reinkarnation meines Vaters.
Mrs. Novak geht ins Haus, oder besser, in das bisschen Haus, das wir haben, und versucht einen angemessenen Sitzplatz zu finden. Meine Mutter nimmt ihr den Mantel ab und führt sie in die Küche zu den anderen Damen. Bei Novaks empfängt sicherlich nur das Hausmädchen Gäste in der Küche, aber Mrs. Novak scheint es nichts auszumachen. Vielleicht will sie an diesem besonderen Feiertag ihre Dankbarkeit gegenüber Bediensteten zeigen.
Mein Vater und Dr. Novak nehmen mit Dave ihren rechtmäßigen Platz vor dem Fernseher ein. Sie sind sofort in Football vertieft und unterhalten sich über Spiele und Verletzungen. Dr. Novak gibt einige scheußliche Geschichten über das Einrenken von Knochen zum Besten, und mein Vater hört aufmerksam und mit glänzenden Augen zu. Als ich die Geschichten von den ausgerenkten Knochen höre, flüchte ich in die Küche zum Gesinde. In der Tür drehe ich mich noch einmal um. »Möchten Sie etwas trinken, Dr. Novak?« Kevin und sein Vater schauen beide auf. »Beide Dr. Novaks.«
»Gerne, Ashley. Eine Limo wäre nett.« Kevin wirft mir einen warmen Blick zu, als gäbe es keinen Ort auf der Welt, wo er jetzt lieber wäre, und ich denke: Ach, Schatz, ich würde dir jeden Tag, für den Rest meines Lebens eine Limo holen. Natürlich habe ich dabei Schuldgefühle, denn es ist noch nicht einmal eine Woche her, dass Seth mich fallen lassen hat wie den Müllsack von gestern. Ich kann es mir nur so erklären, dass mein Romantikmesser nicht mehr richtig geeicht ist. Schließlich will ich nicht jedem Paar Sportschuhe schwanzwedelnd hinterherlaufen, wie ein Hund im Tierheim, der zu wenig Zuwendung bekommt. Noch nicht einmal, wenn sie von Cole Haan sind.
»Kevin«, sagt seine Mutter in der Küchentür, »ruf doch das Restaurant an und sag Bescheid, dass wir nicht kommen.«
Nicht kommen? Ohne die Bestellung von Kevins Vater entgegenzunehmen, renne ich in die Küche und stelle fest, dass Tante Babe ihre Zigarette zu Ende geraucht hat und dass sie und Mrs. Novak und meine Mutter um den Küchentisch herumsitzen und das Essen vorbereiten. Mrs. Novak scheint vollkommen entspannt zu sein, und es fällt kein Wort übers Golfen. Alle miteinander fühlen sich für meinen Geschmack ein bisschen zu wohl.
»Da habe ich zu meinem Mann gesagt, lass uns Kevin besuchen gehen, und jetzt sitzen wir hier.« Mrs. Novak lacht, während meine Mutter der todschicken Jacke aus Atlanta gegenübersitzt und Kartoffeln stampft.
»Ach Ashley, ich bin so froh, dass du diese netten Leute mitgebracht hast. Die Novaks bleiben zum Essen. Kannst du noch mehr Gedecke auf den Tisch stellen? Mei Ling kommt etwas später.«
»Wo ist Mei Ling?«, frage ich meine Mutter, wobei mir erst jetzt auffällt, dass meine Schwägerin nicht da ist.
»Sie hat sich nicht gut gefühlt, die Ärmste.«
Die Ärmste, allerdings. Da spüre ich selbst auch einen leichten Magenkrampf. Mei Ling hat ihre Zeit hier abgesessen. Sie musste sechs Monate bei meinen Eltern leben, während mein Bruder die Kaution für eine Mietwohnung »zusammensparte«. Sie hat es sich verdient,
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