LIEBES ABENTEUER
gesprochen. Kevin tastet sich blind vor, und ich werfe ihm eine Rettungsleine zu. »Werdet ihr noch genug Zeit haben zu reservieren, wenn ihr mich bei meinen Eltern absetzt?«
»Wir sind die Novaks, meine Liebe«, erinnert mich Kevins Mutter. »Sie werden uns einen Tisch freihalten.« Mrs. Novak wirft lachend ihren Kopf zurück. Ich könnte schwören, ich habe sie schon einmal in einer Soap gesehen (trotz sehr gelungener Schönheitschirurgie). »Wir würden Ihre Familie wirklich sehr gerne kennen lernen, meine Liebe. Sie sind bestimmt stolz darauf, dass Sie es jetzt schon zum Chefsyndikus in Ihrer Firma gebracht haben.«
»Die Sache ist nur ... wenn wir zu meinen Eltern gehen, wird meine Mutter Sie zum Essen einladen wollen. Sie kann es nicht ausstehen, wenn jemand zu Besuch kommt und ohne zu essen wieder geht. Das verursacht ihr richtiggehend Schmerzen, glaube ich.« Ich lächle Kevin an, und er zwinkert mir warmherzig zu. »Sie wäre ziemlich beleidigt, wenn Sie nur hereinkommen und wieder verschwinden würden, deshalb ist es vielleicht das Beste, wenn ...«
»Mama, ich glaube, es wäre das Beste, wenn wir direkt ins Restaurant gingen. Bei Ashley ist eine Familienzusammenkunft. Da können wir nicht einfach hineinplatzen.«
»Nein, nein, ihr würdet nicht hineinplatzen«, erwidere ich, obwohl, nun ja, sie würden schon. »Ich rufe schnell meine Mutter an und warne sie vor. Sie hätte Sie sicher gerne zu Gast.« Ich wähle die nur allzu vertraute Nummer. »Mama? Ich bin’s, Ashley. Ich habe doch gesagt, dass ich jemanden mitbringe.«
»Ja, mein Schatz. Wir warten mit dem Abendessen auf euch. Kommt ihr bald?«
»Kann ich auch drei Freunde mitbringen?«
»Aber es sind keine Freunde von Seth, oder?« Daraus schließe ich, dass meine Mutter Seth offiziell von ihrer Weihnachtsliste gestrichen hat.
»Nein, Mama. Ich bin ein bisschen mit diesem Arzt befreundet, und seine Eltern sind gerade aus Atlanta zu Besuch gekommen.« Ich muss die Hand auf den Hörer legen, damit man den Freudenschrei am anderen Ende nicht hört. »Mama, es ist nichts Ernstes. Es ist nur ein Freund, mit dem ich heute in der Suppenküche zusammen Essen ausgeteilt habe.« Ein Mann, neben dem ich aussehe wie ein welkes Salatblatt.
»Oh Schatz, ich sehe schrecklich aus!« Ich höre ein unterdrücktes Geräusch, das sich anhört, als kämpfte meine Mutter mit dem Telefon. »David, deine Schwester bringt einen Mann mit. Räum schnell auf.«
»Ashley hat sich einen Typ geangelt? Das liegt aber nicht an dem Hund, oder?«, ruft Dave.
Wenn es noch einen Gedanken daran gibt, dass ich die Richtige für ihren Sohn sein könnte, und wenn Rhett nicht schon alle verbleibenden Zweifel beseitigt hat, dann wird meine Familie den Rest besorgen. Ich schaue zu Kevin hinüber, und er gibt mir wirklich das Gefühl, eine Prinzessin zu sein. Nur schade, dass seine Eltern direkt aus dem Allerheiligsten des Country Clubs am Feuersee kommen.
Kevin steht im Wohnzimmer und stellt seine Eltern den Silicon-Valley-Freaks vor, die nun mal auf Gedeih und Verderb meine Freunde sind. Der Gesichtsausdruck seiner Mutter verrät, dass sie sich ernsthaft Sorgen macht, weil ihr Sohn unter einer Herde wandelnder Roboter lebt. Aber im Moment kann sie nichts dagegen tun, und so ist sie gnädig. Sie wird sie ein andermal bekämpfen, wie der Terminator.
»Mama, wir kommen bald. In Ordnung?«, sage ich ins Telefon.
»In Ordnung, Schätzchen. Ich stelle die gute Weinkaraffe auf den Tisch. Trinken sie Rot- oder Weißwein?«
Supermarkt-Chablis oder Essig-Chianti? Hmm. »Ich weiß nicht, Mama. Ich bezweifle, dass sie überhaupt Alkohol trinken, mach dir also keine Gedanken und mach nicht zu viel Aufwand. Alkoholfreie Getränke sind bestimmt auch in Ordnung. Sie sind aus dem Süden. Vielleicht mögen sie auch Tee.«
In mir kommt wieder die Gehässigkeit hoch, und ich kann es kaum erwarten, mit meinen Eltern anzugeben. Nicht, weil mir ihr totaler Mangel an gesellschaftlichem Benimm peinlich wäre, sondern weil ich stolz auf sie bin. Meinen Eltern mag vielleicht ein bisschen vornehmes Getue fehlen, aber sie sind gute, bodenständige Leute. Salz der Erde, wie man sagt. Meine Mutter würde für andere ihr letztes Hemd geben. Mein Vater würde jemandem ganz umsonst eine Veranda bauen und sich nichts dabei denken. Ich glaube, Dr. und Mrs. Novak würde eine Lektion in Anstand nichts schaden. Und die werden sie gleich bekommen, und zwar auf Stockingdale-Art.
Ich komme ins Wohnzimmer. »Meine
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