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Liebesbisse

Liebesbisse

Titel: Liebesbisse
Autoren: Claire Castillon
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der Markthalle, sondern vom Wochenmarkt. Hast du den Handwerker wegen des Tors bestellt? Ein kaputtes Tor ist gefährlich.
    Das ist nicht meine Sache, ich werde es nicht tun. Ich hab’s doch nicht kaputt gemacht. Na ja, du vielleicht auch nicht. Andererseits, du hast es wohl immer mit Gewalt geöffnet und das Schloss beschädigt. Ja, du machst alles mit Gewalt. Du drückst auch mehrmals auf die Fernbedienung, dabei reicht ein Mal. Nun bin ich mir sicher, dass du das Tor ruiniert hast.
     
    Was? Aber nein! Bleib hier. Er wird in zehn Minuten aufwachen. Höchstens. Nein, ich will dich nicht am Mittagsschlaf hindern, ich denke nur, dass du so nett sein und bei mir bleiben könntest, anstatt ein Nickerchen zu machen. Hier. Im Wohnzimmer. Du warst es doch, der mich haben wollte, also musst du dich jetzt auch um mich kümmern. Du hast dir doch das Recht herausgenommen, meine Freilassung wegen guter Führung zu organisieren, nachdem du mich zwei Jahre lang aus meiner Zelle geholt hast, wann immer es dir passte, zwei Jahre, in denen du mich schändlich ausgenutzt hast. Du hast dir erlaubt, mich zu schwängern, mein Schweigen zu fordern, mir dafür die Freiheit zu versprechen, sie auch zu bekommen und mich zu heiraten. Und nachdem ich nun hier bin, willst du schlafen? Schlafe ich denn? Oh! Gut, wenn es dir lieber ist, dann leg dich hin, in zehn Minuten musst du sowieso wieder aufstehen. Ich finde es besser, wenn wir ihn nicht in die Windel machen lassen, er soll sich so schnell wie möglich ans Töpfchen gewöhnen, er muss selbstständig werden. Ich will ihm beibringen, was Freiheit heißt.
    Bevor du dich aufs Ohr haust, könntest du mir aber noch ein Küsschen geben. Ich mag dich.

Den Schmerz muss man töten
    Mein Mann entschuldigte mich bei den Gästen. Er trug mich ins Schlafzimmer. Rot war er, wütend, der Schweiß glänzte an seinen Schläfen, und er ballte die Fäuste. Dann öffnete er sie wieder, um meine Hände zu fesseln, mir den Maulkorb anzulegen und die Vorhänge zuzuziehen. Ich weiß, dass er wiederkommen wird, wenn das Haus leer ist, er wird mich fragen, was in mich gefahren sei, aber ich habe keine Ahnung, ich bin einfach ausgerastet.
    Er wollte mich schlagen, wagte es aber nicht. Er kann sich beherrschen. Ich will weg, aber die Tür ist versperrt. Er hat den Schlüssel zweimal umgedreht, bevor er hinuntergegangen ist. Ich höre sie alle da unten essen und plaudern. Und ich bin ganz allein und kann nicht einmal rufen, denn er hat mich geknebelt – mit dem Maulkorb des Hundes, der draußen wacht. Ich hätte ihn nicht beißen sollen, hat er behauptet. Schon gut, man wird dich therapieren, aber fang nicht wieder damit an, das kann ich nicht ertragen. So, leg dich jetzt hin und sei endlich still.
    Da ich nicht mit den Fäusten an die Wand schlagen kann, trete ich mit den Beinen dagegen. Damit ich aufhöre, musst du mich schon umbringen!
    Ich erwarte von ihm, dass er etwas tut, er müsste mich umlegen. Von wem soll ich das verlangen, wenn nicht von demjenigen, der einmal Ja zu mir gesagt hat?
    Ich steige auf einen Stuhl, drehe mich mit dem Rücken zum Fenster, öffne es mit meinen hinten gefesselten Händen und schätze die Höhe bis zum Boden ab. Die Arme auf dem Rücken verdreht, springe ich hinunter und lande auf der kalten Erde, zufrieden wie ein Köter, der abends Gassi gehen darf, und dennoch überrascht, dass ich mir nichts gebrochen habe. Mein Meister sitzt mit seinen Gästen bei Tisch. Der Maulkorb hat sich nicht gelockert, er weiß, wie man ihn festzurrt. Bis zum Schlafengehen darf ich ihn nicht stören. Ich darf mich aber gefahrlos auf dem Bauch wälzen und durch den Garten laufen; er ist eingezäunt. Ich würde mir wünschen, dass er mich küsst, sofort, dass er vom Tisch aufsteht und mich im Gras findet, wo ich fröhlich herumtolle, ich würde mir wünschen, dass er mich umarmt, nicht nur im Konzert, wenn das Publikum sich erhebt, um die Mitwirkenden zu begrüßen. Dort nimmt er immer meine Hand, und ich würde am liebsten weinen. Ich wünsche mir, dass er mich nachts streichelt, damit ich einschlafe und ihm verzeihe, wünsche mir, dass er sich schwer auf mich legt wie früher, am Anfang unserer zwanzigjährigen Ehe. Unsere Tochter wäre nun fünfzehn.
     
    Mein Mann hat mir im Haus ein Zimmer eingerichtet, das er »Studio« nennt. Dort soll ich versuchen zu singen, um die Dämonen zu vertreiben, die in mir schlummern. Ich glaube nicht, dass sie schlafen. Er hat einen Spiegel aufgestellt, damit ich
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