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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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fing
     sofort an, es mit Kosenamen anzusprechen, dafür löste sie ihre Hand von meiner Hand und ging vorsichtig auf das Weibchen zu,
     doch es zog sich zurück und versteckte sich hinter dem Sockel einer Bronzestatue. Ich langweilte mich, ich hatte es satt,
     jahrhundertealte Gebäude zu bewundern, und als hätte Jarmila meinen Unmut bemerkt, zog sie mich hinter sich her, wir verließen
     den Palastgarten, und nach einer kurzen Fußstrecke führte sie mich zu der Parkterrasse der jungen Verliebten an der Ujezd-Straße.
     Auf den Parkbänken saßen tatsächlich junge Männer und Frauen, und es sah aus, als wären sie zu ihrem ersten Liebestreffen
     hierhergekommen, sie versuchten sich in schamvollen Gesten, es schien, als kostete jede Berührung große Überwindung, und doch
     küßten sie sich oder verharrten in einer langen Umarmung. Zwei Liebende standen auf, wir setzten uns hin, hinter uns erhob
     sich der kleine Laurenziberg, unten auf der Straße zog eine Touristengruppe vorbei.
    |269| Eigentlich haben wir kein Recht, die Parkbank zu besetzen, sagte Jarmila.
    Müssen wir denn Eintritt bezahlen? sagte ich dumm. Es heißt, wenn Nichtliebende hier sitzen, bringt es Unglück für die Liebenden.
     Wir sind unaufrichtig. Ich glaube es jedenfalls.
    Das Pfauenweibchen im Garten … es war kein Tourist, und trotzdem hat es sich dort aufgehalten. Das ist ein blöder Vergleich,
     sagte sie.
    Ja, stimmt.
    Wieso sind wir also hier?
    Ich fühle mich wohl.
    Denkst du nicht an die Liebenden?
    Doch, sagte ich, aber wir stören sie nicht.
    Wir stören sie, sagte sie, ich will kein Unheilsbringer sein.
    Mich drängte es plötzlich, sie zu küssen, ich drehte mich zu ihr um und drückte meine Lippen auf ihre Lippen, ich spürte ihre
     Zunge in meinem Mund, ich nagte leicht an ihrer Zunge, der Kuß dauerte lange, sie löste sich und schnappte nach Luft.
    Jetzt sind wir von den Liebenden angenommen worden, sagte sie, jetzt wissen sie, daß wir unser Recht erküßt haben.
    Ja, flüsterte ich.
    Habe ich den Kuß erpreßt?
    Nein, sagte ich mit rauher Stimme.
    Fühlst du dich so wohl wie vor dem Kuß?
    Besser, sagte ich.
    Siehst du? Es könnte übrigens sein, daß der Mann gerade in diesem Augenblick die Likörpralinen überreicht. Ich stelle mir
     folgende Szene vor: Sie liebt es, sich so spät wie möglich anzuziehen, heute ist womöglich ihr freier Tag, also geht sie im
     Pyjama in der Wohnung herum und blättert in der Zeitung von gestern …
    |270| Wieso von gestern?
    Weil es ihre Art ist, weil sie es liebt, sagte sie, es klingelt an der Tür, ihr Mann hat vergessen, den Zweitschlüssel mitzunehmen,
     das passiert manchmal. Und jedesmal ärgert sie sich, weil sie ihm vorwirft, kein wirklich organisiertes Leben zu führen, und
     da hat sie also wieder einen Beweis für seine Untauglichkeit. Sie reißt zornig die Tür auf, und da steht er, ihr Mann nach
     der Blutabgabe, aber das kann sie ja nicht wissen, wir wissen es. Er hält in der einen Hand einen Strauß Blumen, in der anderen
     die Schachtel Pralinen. Sie lächelt ihn an, ihr Ärger ist verflogen.
    Und dann?
    Sie ißt so viele Pralinen, bis ihr davon leicht übel wird. Er kocht ihr Tee. Sie sieht ihm dabei zu und denkt, daß sie es
     mit ihm doch nicht so schlecht getroffen hat. Sie rührt ihren Tee nicht an, sie hat Lust auf ihn, also werden sie sich in
     ungefähr einer Stunde im Wohnzimmer lieben.
    Ich habe heftige Kopfschmerzen, sagte ich.
    Wo?
    Es ist, als würde eine Kralle von meinem Nacken ausfahren und mir das Haar scheiteln.
    Sie stand auf, ging um die Parkbank herum, stellte sich hinter mich und begann mir den Nacken zu massieren, einige junge Liebende
     lachten auf, ein Mann polierte unten die Reifenfelgen seines Autos. Ich wußte nicht mehr, wie lange ich schon in Prag war,
     ich wußte nur, daß sich auch hier meine Verwirrung nicht gelegt hatte, ich rauchte mehr als sonst.
    Ist es jetzt besser?
    Ja, log ich.
    Gut, ich muß dich jetzt verlassen … In sechs Tagen können wir wieder die Maschine mit Blut beleben. Möchtest du mitkommen?
    |271| Bin mir nicht sicher, sagte ich.
    Genieß’ den Abend, sagte sie, und als ich mich umdrehte, war sie verschwunden.
    Vor dem Treppenaufgang, der zum Laurenziberg führte, standen alte Männer in kurzen Hosen und fotografierten das Mahnmal für
     die Opfer des Kommunismus, es bestand aus deformierten Skulpturen, die sich Stufe für Stufe zu einem ganzen Menschen zusammenfügten.
     Es hieß, die Prager wären dagegen Sturm

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