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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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klopfte mit dem Autoschlüssel auf die Tischplatte und verzog sich dann, nach einem knappen Abschiedsgruß
     in Richtung der Mutter und ihrer Tochter, zu der Baustelle um die Ecke. Sie würden am Augustinbrunnen sitzen, sie würden aus
     Flaschen trinken, und sie würden vielleicht keinen weiteren Gedanken an diese Begebenheit verschwenden.
    Ich ging die Piaristengasse bis zum Ende, betrat den Schönbornpark, die Kinderbetreuungsstätten waren mit Maschendrahtzaun
     umgeben, an denen sich einige stille Jungen festgekrallt hatten, sie versuchten, hochzuklettern, rutschten aber langsam ab,
     ich lenkte meine Schritte auf den zerlöcherten Steinfelsen im runden Wasserbecken, der Springbrunnen war abgestellt, auf fast
     allen Parkbänken lagen Obdachlose, unter den Parkbänken im Schatten schliefen die Tauben. Sie waren noch nicht da, ich hatte
     nicht wirklich damit gerechnet, also löste ich eine Eintrittskarte im Volkskundemuseum, starrte in Glasvitrinen, auf breitkrempige
     Filzhüte, auf Kappen mit Litzenband und auf Persianerfellmützen, die als die Kopfbedeckung von Bewohnern der östlichsten Kronländer
     der Monarchie gekennzeichnet wurden. Der Lärm einer Schulklasse verscheuchte mich wieder ins Freie, und in wenigen Minuten
     schwitzte ich mein Hemd durch, ich drehte eine Runde in diesem nichtssagenden |350| häßlichen Park, die Hitze setzte mir zu, und alles, worauf mein Blick fiel, schien mir häßlich und nichtssagend, sogar der
     Anblick von Gabriel und Napp hob nicht meine Stimmung. Sie hatten ihre Hemden ausgezogen und achtlos auf den vertrockneten
     Rasen geworfen, jetzt beschielten sie heimlich den Bauch des anderen, Gabriel schnitt in diesem Speckfleischvergleich besser
     ab, und als ich mich ihnen von hinten näherte, rückten sie zusammen, natürlich waren sie als ehemalige kämpfende Maoisten
     in den Metropolen auf der Hut, sie wirkten entspannt und lauschten doch ihre Umgebung nach verdächtigen Geräuschen ab. Napps
     linke Gesichtshälfte war zugeschwollen, und immer wieder befühlte er vorsichtig seinen Wangenknochen, der, wie er mir sogleich
     versicherte, einen kräftigen Schlag abbekommen hatte, aber nicht gesplittert und nicht gebrochen war. Herr Zoller und Herr
     Doktor Baumann, diese beiden alten Herren, hatten sich als wenig verständnisvoll erwiesen und einen ausländischen Knochenbrecher
     eingestellt, der Napp abgepaßt und mit Fausthieben niedergestreckt hatte. Napp beschwerte sich über die untätigen Zuschauer,
     andererseits hätte auch er in einer ähnlichen Situation nicht wirklich eingegriffen, aber zumindest eine halblaute Mahnung
     vorgebracht, das Gesicht und die Weichteile des Opfers zu schonen.
    Woher kennst du überhaupt die beiden alten Geier? sagte Gabriel.
    Man sucht sich seine Kunden eben nicht aus, sagte Napp.
    Sie wurden dir also vermittelt.
    Es gibt da einen Kontaktmann.
    Hach, rief Gabriel aus, du bist ein Idiot!
    Wieso? sagte Napp ruhig.
    Der Vermittler hat den Ausländer auf dich angesetzt.
    Wieso sollte er das tun?
    |351| Weil du ihm die Geschäfte ruinierst, sagte Gabriel, weil sich sonst jeder als Reliquienhändler ausgeben kann. Und weil du
     tatsächlich ein Betrüger bist.
    Bin ich ein Betrüger? sagte Napp und wandte sich zu mir.
    Nach strengen Kriterien ja, sagte ich.
    Napp stand auf, schlenderte zum zerlöcherten Steinfelsen, tauchte seine Hand ins Wasser und benetzte vorsichtig sein Gesicht,
     dann kam er wieder zurück und setzte sich in unsere Mitte, ich sah, wie die Wassertropfen ihm in den Nacken liefen, er hatte
     die Abreibung bekommen, die er verdient hatte, ich mußte nach einer schönen Nacht die Wohnung der Frau verlassen, die in mir
     immer mehr eine künftige arme Seele im Fegefeuer entdeckte, und Gabriel … was war mit Gabriel los? Er hatte die Beine ausgestreckt
     und überkreuzt, seine verschränkten Hände ruhten auf seinem glänzenden unbehaarten Bauch, und er grinste wie ein Yogaschüler,
     der die große Anstrengung der Leibestötung lieber den Meistern überläßt.
    Dir geht es gut, stellte ich fest.
    Es ist zu heiß, sagte er.
    Und abgesehen davon?
    Auch nach strengen Kriterien bin ich zufrieden.
    Er ist der Glücklichste von uns allen, sagte Napp, er hat eine Frau gefunden, der es nichts ausmacht, neben einem Yeti diagonal
     im Bett zu liegen.
    Nein! rief ich aus.
    Früher, in unserer Kadergruppe, gab es die Regel: einer plaudert immer, sagte Gabriel, damals hatte ich den Verdacht, daß
     du beim Staat eingestellt bist.
    Nimm

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