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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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völlig aufgelöst, ich entschuldige mich bei
     ihr, da stellt sich eine blöde Göre dazu und sagt zu ihr, daß es volle Absicht gewesen sei, er habe mich dabei beobachtet,
     wie ich Anlauf genommen hätte, sie solle auf meine Kollisionsmasche bloß nicht hereinfallen …
    Der miese kleine Teichmolch! sagte der Polizist.
    Und? sagte Leber.
    Ich habe der Göre einen Klaps gegeben, wohlgemerkt, keinen Fausthieb, keine Ohrfeige, keine Kopfnuß, nur einen Klaps, und
     das bringt die Zerstreute dermaßen aus der Fassung, daß sie sich schützend vor die Göre stellt und mit mir schimpft, ich muß
     zugeben, ich bin verblüfft, sie hat wirklich ordentlich geflucht, ich möchte das hier alles nicht wiedergeben …
    Jetzt bloß keine falsche Scham, sagte Bluterguß.
    Dann drückt sie der Göre einen Schein in die Hand, wirft mir einen vernichtenden Blick zu und eilt weiter. Ich natürlich hinterher.
     Ich entschuldige mich ein zweites Mal, ich sage ihr, daß ich von dem Zusammenstoß noch ganz benommen gewesen sei, vorhin,
     sonst sei es nicht meine Angewohnheit, fremden Kindern Klapse zu verpassen, außerdem, sage ich, habe mich ihr Anblick |41| derart überwältigt, erschüttert und bezaubert, daß ich nicht wußte, was ich tat.
    Die alte Kavaliersschule, stellte der Polizist fest.
    Ich konnte sie schließlich überzeugen, und da sie sich nicht darauf einlassen wollte, mit mir in einer Konditorei zu sitzen,
     habe ich sie auf ihrem fast zweistündigen Spaziergang begleitet. Ich hasse es zwar, sinnlos herumzulaufen, aber ich paßte
     mich an. Sie läßt mich erzählen, dann und wann bringt sie einen langen Kommentar unter, dem ich nicht folgen kann, und plötzlich
     sagt sie: Eine letzte oder vorletzte Frage – Woher du kommst, ist mir egal, was du machst ist mir egal, aber wieso mußt du
     bei mir sein?
    Eine harte Braut, sagte Leber, und?
    Es geht dann alles Schlag auf Schlag, fuhr Messer fort, ich packte ihre Hand und schrieb mit dem schon gezückten Kugelschreiber
     meine Handynummer auf ihre Hand, sie reißt sich los, und seitdem warte ich auf ihren Anruf.
    Donnerwetter! rief der Polizist aus, das nenn’ ich Courage.
    Ich bestellte eine neue Runde Kaffee und bewunderte Messer im stillen für seinen Mut, mit wildfremden Frauen zusammenzustoßen.
     Mir fielen zwar jede Menge Verzweiflungstaten ein, es reichte aber selten für einen ersten Schritt der Annäherung, ich hielt
     es in den meisten Fällen sogar für unanständig, meine Begierde vor mir zuzugeben. Messer war anders, Messer blieb ruhig. Sie
     ringt mit sich, sagte Bluterguß, das ist doch wohl sonnenklar. Eine Frau wie sie hat ihren Stolz, also wird sie dich mindestens
     eine Woche und höchstens zehn Tage zappeln lassen. Du gehst aus dieser Geschichte als Sieger hervor.
    Andererseits könnte sich auch eine Komplikation einstellen, ließ sich Leber vernehmen. Bei diesem Wort |42| zuckten wir Männer im Morgenmantel zusammen, Leber schien seine Ansage schon zu bereuen.
    Du hast recht, sagte Messer überraschenderweise, wir dürfen die Wirklichkeit nicht nach unserem Wunschtraum formen.
    Also, ich möchte dir ja nicht zu nahetreten, sagte ich, aber …
    Ich weiß, sagte Messer, Frau Nebel und die schöne Frau Ärztin sind nur Zeitvertreib, ich überbrücke die Wartezeit.
    Ich wußte um sein Geheimnis, ich wußte aber nicht, daß es ein offenes Geheimnis war, denn keiner der Anwesenden schien von
     dieser Enthüllung überrascht zu werden, sie nickten nur verständnisvoll, und ich stampfte mit den Füßen auf der Stelle, um
     die Kälte aus den Gliedern zu vertreiben.
    Abwarten und liegen, sagte Bluterguß, er hatte den Schiedsspruch ausgesprochen, und wir warfen die Plastikbecher in den Mülleimer
     und gingen wieder hinein, der Polizist bog auf halbem Wege zum Saal nach rechts ab, er würde in der Sportzeitung blättern,
     die ihm Leber freundlicherweise nach der Lektüre geschenkt hatte. Es gab für mich nichts Wichtiges zu tun, ich legte mich
     hin, versuchte trotz des Lärms der Besucher einzuschlafen, ich stand nach einer halben Stunde mit zerwühltem Haar auf, drehte
     ein paar Runden, verirrte mich, fragte mich wieder zurück und lieh mir von einer Schwester ein Groschenheft aus, das ich in
     einem Atemzug durchlas. Es ging um ein Waisenkind, das jeden Tag in die noblen Viertel zog, um Pfandflaschen und kleinen Schrott
     zu sammeln und am Ende des Tages den halbvollen Sack vor die Füße des Großschrotthändlers zu leeren. Jahre vergehen, das Kind
    

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