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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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sie.
    Das klingt aber sehr unromantisch.
    Bist du ein Romantiker? sagte sie lächelnd.
    Ich bin vor allem etwas altmodisch, sagte ich, deshalb reicht es mir, daß wir hier einfach nur liegen.
    |103| Du lügst, sagte sie, ich sehe es dir an.
    Und du mußt immer das letzte Wort haben, sagte ich.
    Sie rutschte weiter weg, sie ließ es geschehen, daß ich meine Hand kurz auf ihre Wange legte, ich wollte mich so wenig rühren
     wie möglich, also streckte ich langsam meine Beine aus, es störte mich, daß die Bettdecke zu kurz war, es störte mich, daß
     die Kommodenlampe hell brannte und das Licht jede Regung erkennen ließ, jetzt wollte ich das Licht löschen und im Dunkeln
     flüstern, ich tat es.
    Wieso? sagte sie.
    Es ist unromantisch, sagte ich, und sie lachte über meine Worte, dann wurde sie schlagartig still, plötzlich warf sie sich
     auf mich und fing an, mich wild zu küssen, die harten Küsse taten weh, ihre Zähne drückten auf meine Lippen, ihre Hände rissen
     an meinem Fleisch, es war ein Anfall von überlegter Wildheit, die genauso abrupt endete, wie sie begann, sie rollte sich von
     mir herunter und lag still.
    Es quält mich, flüsterte sie.
    Was quält dich? sagte ich.
    Der Gedanke, daß du mich haben willst. Du suchst ein Opfer. Ich kann es nicht ertragen.
    Mein Gott, rief ich aus, du liegst unter der Decke wie eine alte Jungfer, du küßt mich, als wolltest du mich töten, ich bin
     jetzt nicht tot, aber verletzt.
    Ich sprang aus dem Bett, meine Nacktheit war mir nicht mehr peinlich, sollte sie sich doch erschrecken, ich riß einen Streifen
     Toilettenpapier ab, knüllte ihn und preßte ihn auf meine aufgeplatzte Oberlippe, ich spürte, daß sie mich beobachtete, und
     es war mir gleichgültig, die Frauen wollen nicht mehr mit den Männern ins Bett gehen, dachte ich, sie werfen den Männern vor,
     daß sie roh seien und sich in eingeübten Berührungen |104| nutzlos verschwenden, aber sie selbst sind infiziert vom Keim des Argwohns, sie bestrafen jeden Mann, der es wagt, sich mit
     ihnen zu verschmelzen, der Mann muß für jeden Beischlaf zahlen und büßen. Ich wußte, daß das nur die halbe Wahrheit war, aber
     ich weigerte mich, alles aus der Sicht eines liberalen verständigen Idioten zu betrachten, wenn die Grenzen verschwimmen,
     gibt es nur noch ein offenes unbebautes Land, durch das die geschlechtslosen Minnesänger streifen, Mann und Frau sind füreinander
     geschaffen, und die schwulen Männer und Frauen fordern doch nur ein Glück ein, das sie sich von uns abgeschaut haben, verdammt
     noch mal, die Schwulen waren Hasardeure in der Peripherie, und wir in der Mitte balgten uns sinnlos miteinander, so etwas
     wie den normalen Sex gab es längst nicht mehr. Es war typisch für mich, daß ich in Momenten des glühenden Zorns zum thesenschwangeren
     Gewäsch griff, das Unglück war hier und jetzt, und die Frau, die ich begehrte, lag im Hotelbett und verbot mir, sie zu begehren.
     Ich warf das Papier mit den Bluttupfen in die Kloschüssel.
    Ich verplempere meine Zeit nicht mit Verrückten, rief ich, du bist nicht richtig im Kopf. Für dich ist ein Mann deshalb schon
     ein Feind, weil er ein Mann ist. Du bist eine biologische Faschistin.
    Was bin ich? sagte sie.
    Der Faschismus und der Feminismus haben eines gemeinsam, sagte ich, die biologische Konstante. Der Faschist glaubt an die
     Rasse. Die Feministin an das Geschlecht.
    Du spinnst doch völlig, sagte sie.
    Da haben wir beide etwas gemeinsam, sagte ich. Was war ich doch für ein Idiot, ich dozierte nackt vor ihren Augen, und meine
     Idiotenthesen waren bestimmt nicht dazu angetan, sie von ihrer Verklemmung zu erlösen.
    Ich will nichts weiter als dein Liebhaber sein, flüsterte |105| ich, wenn ich dich damit belästige, gehe ich am besten jetzt gleich.
    Es ist dein Hotelzimmer, du hast dafür bezahlt.
    Ach, red’ doch keinen Blödsinn, sagte ich.
    Bitte, komm her.
    Ich kroch wieder unter die Bettdecke, sie hatte sich in der Zwischenzeit von ihren Kleidern befreit, und als sie mich an ihren
     nackten Körper drückte, nicht sanft, nicht zärtlich, fühlte ich den Schmerz an meinen Rippen, doch ich biß die Zähne zusammen,
     eine weitere Ablehnung würde sie nicht hinnehmen, sie würde flüchten, ich kannte ihre Hotelzimmernummer nicht, und also könnte
     sie bis zum frühen Morgen schlafen und zu ihrem Mann zurückkehren. Sie biß mich fest in die Schulter, in den Hals, sie biß
     mich in die Brust und in die Oberlippe, die wieder zu

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