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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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hervorbrachte, sah ich das Leuchtschild eines Hotels, ich fuhr auf den Parkplatz und
     schaute erst zur Seite, als ich ihren Blick auf mir spürte.
    Erst gehe ich hinein, sagte sie, und nehme ein Einzelzimmer. Du wartest eine Dreiviertelstunde und folgst mir dann, auch du
     nimmst dir ein Einzelzimmer, aber unbedingt im zweiten Stock. Du hängst das Schild für die Zimmermädchen über die Klinke,
     mit der grünen Seite nach außen. So finde ich dich.
    Und was ist, wenn es kein Zimmer im zweiten Stock gibt?
    Dann eben ein Stockwerk höher.
    Wir sehen uns, sagte ich, sie aber war schon ausgestiegen und eilte zum Hoteleingang, der Regen prasselte auf die Windschutzscheibe,
     und wegen des Krachs konnte ich mich auf keinen Gedanken konzentrieren, ich schaute immer wieder auf die Uhr, nach vierzig
     Minuten hielt ich es nicht mehr aus, ich schloß das Auto ab und lief im strömenden Regen zum Hotel. Auf dem Holztresen standen
     an den äußersten Enden zwei mit Kaffeebohnen gefüllte Salatschalen, in die jeweils eine Altarkerze versenkt war, dazwischen
     hatte sich ein dicker Mann aufgestützt und las in einer Mallorca-Zeitschrift.
    Haben Sie ein Zimmer frei? sagte ich.
    Mein Gott, sagte er, was brummt plötzlich das Geschäft. Ja, hab ich. Einzelzimmer, nehm’ ich an.
    Ja, bitte.
    |101| Ich hab’ Sie noch nie gesehen, also füllen Sie hier das Formular aus. Geburtsdatum und so lassen Sie frei, Ihre Heimatanschrift
     reicht. Und die Unterschrift. Das ist hier ein Nichtraucherhotel, heimlichtun geht nicht, ich merk’s. Dann schick’ ich Ihnen
     eine Rechnung für die Kammerjäger hinterher.
    Was?
    ’n Scherz, sagte er, hier ist der Schlüssel. Frühstück gibt’s von halb sechs bis halb zehn. Später kriegen Sie nur Kaffee,
     wenn Sie nett drum bitten. Bis halb zwölf müssen Sie hier raus sein, sonst tickt die Uhr für den zweiten Tag.
    Danke, sagte ich.
    Danken Sie dem himmlischen Vater, sagte er, er läßt das schöne Geld regnen.
    Das Zimmer war besser, als ich vermutet hatte, der Fernseher auf dem Schwenkarm ließ sich bis an die Wand schieben, das Rosenmuster
     des Teppichbodens war leicht angegraut, der Saum des schweren Vorhangs wischte über den Boden, als ich ihn zuzog. Ich spritzte
     mir Wasser ins Gesicht, ging mit dem Handtuch zurück und setzte mich auf die Bettkante. Es klopfte leise an der Tür, ich schloß
     Tyra auf. Sie stand im Türrahmen und musterte mich verwundert.
    Nein, nein, sagte ich, ich habe mir nur das Gesicht gewaschen, ich ließ sie eintreten, sie legte ihren Mantel über die Sofalehne,
     sie band ihre Stiefeletten auf und rieb ihre kleinen Füße aneinander, die in blauen Nylonstrümpfen steckten, sie hat die Füße
     einer Chinesin, dachte ich und kniete mich vor ihr hin, und als ich anfing, ihre chinesischen Füße zu massieren, versteifte
     sie bei diesen ersten Berührungen, sie schüttelte den Kopf, als wollte sie ihren Widerstand anzeigen, und dann entwand sie
     sich meinen Händen, stand auf und schlüpfte angezogen unter die Bettdecke.
    |102| Du mußt wissen, daß ich etwas … verklemmt bin, sagte sie, es geht nicht so schnell.
    Das macht nichts, sagte ich dumm, wieso, in Gottes Namen, sprach ich wie ein liberaler verständiger Idiot, der die Dinge laufenläßt,
     weil er glaubt, diese Dinge überstiegen seine Macht und seinen Willen.
    Das Kommodenlicht soll brennen, sagte sie.
    Es wäre mir nicht eingefallen, ihr den Rücken zuzuwenden, auch fand ich es schamlos, ihr meine Vorderseite zu zeigen, also
     zog ich mich, halb abgewendet, hastig aus und kroch schnell ins Bett, sie lag auf der Seite, die wie zum Gebet gefalteten
     Hände unter ihrer linken Wange auf dem Kissen, und ich bettete mich in ihrer Nähe, meine Füße ragten unter der Bettdecke hervor,
     und als ich die Beine anwinkelte und meine Knie ihre Beine kurz berührten, zuckte sie zurück, es war nur ein Reflex, eine
     natürliche Abwehr gegen einen fremden Mann, der aus dem Nichts auftaucht und seine Liebe beschwört, ich lächelte sie an, sie
     schaute mich weiter ernst an, ich veränderte meine Kopfhaltung, um ihr nicht ins Gesicht zu atmen.
    Ich habe Angst vor dir, flüsterte sie.
    Liegt es an meinen Narben?
    Nein, sagte sie, du bist ein Mann, und du willst mit mir schlafen. Und wenn du deinen Willen nicht bekommst, wirst du wütend
     sein.
    Werde ich nicht.
    Doch, widersprach sie, vorhin bist du auch von mir weggegangen.
    Ich kam mir vor wie ein Bittsteller, sagte ich.
    Das bist du doch auch, sagte

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