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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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darauf
     ankam, auf das |95| Entscheidende, das Finale, mußte man doch über Kleinigkeiten reden, sie hatte schon den Anfang gemacht und über den Nienburger
     Bleichspargel gesprochen, und ich wollte ihr davon erzählen, daß die frische Brise mittlerweile zum starken Wind geworden
     war, da draußen brauste die geballte Luft auf – sie wollte sich doch sicher nicht dem Regen aussetzen, sie wollte doch nicht
     ein nettes Gespräch geführt haben, um dann nach Hause zu eilen. Bestimmt blieb sie so lange, bis sie ihren Wein ausgetrunken
     hatte.
    Ich will dein Geliebter sein, sagte ich und rechnete fest damit, daß sie mich wegen meiner dramatischen Worte in die Schranken
     wies. Sie wandte den Blick ab, sie spielte mit ihrem Silberring.
    Du bist unverschämt, sagte sie.
    Ich will dich nicht … beunruhigen, sagte ich.
    Hör doch auf, sagte sie, ich habe einen Mann und zwei Kinder. Soll ich Ehebruch begehen? Erwartest du das von mir?
    Ich bin überrascht, sagte ich, du siehst nicht aus wie eine Mutter.
    Billige Komplimente, fauchte sie, hör auf damit.
    Ich hielt den Mund, ich hatte verloren, das Wunder trat nicht ein. Das gibt es doch im wirklichen Leben, dachte ich, ihr Frauen
     sitzt im Kinosaal, blickt wie gebannt auf den gutaussehenden Liebhaber auf der Leinwand, und alles an ihm gefällt euch, wie
     sehr wünscht ihr euch, daß es genauso und nicht anders zugehen möge, daß ein Mann vor euch steht, der euch begehrt, der euch
     lachen macht, der nur eure Schönheit kennt und keine andere, und hier sitze ich, nicht einmal halb so gutaussehend wie der
     Filmliebhaber, aber doppelt so wirklich und leibhaftig, und du Frau schlägst das Wunder aus, du läßt mich meine Lust nicht
     aussprechen.
    Gleich, als ich dich sah, habe ich Lust empfunden, |96| sagte ich, ich war halbtot, und als du dich über mich gebeugt hast, dachte ich: Sie schenkt mir Leben. Ach, stieß sie hervor.
    Du kennst mich nicht …
    Stimmt, sagte sie, du hast einen schönen Ausflug in meine Stadt gemacht. Wo lebst du eigentlich?
    In Kiel, sagte ich, am Rande der Zivilisation.
    Ich bin einmal im Kieler Hauptbahnhof ausgestiegen, sagte sie, mein Anschlußzug hatte fast eine Stunde Verspätung, und da
     bin ich die Treppen hinuntergestiegen. Ich erinnere mich an den Taxistand, links war ein fürchterliches Einkaufszentrum, rechts
     das Meer, Kräne, große Schiffe. Ich bin wieder zurückgegangen und habe auf dem Bahnsteig gefroren.
    Es kann sehr kalt sein in Kiel, sagte ich.
    Lebst du allein?
    Ja.
    Und was machst du?
    Nichts, sagte ich, bis vor kurzem habe ich … Börsengeschäfte gemacht. Ich habe genug Geld zum Leben.
    Sieh an, sagte sie nur.
    Und du? sagte ich.
    Ich bin wegen der Hausarbeit freigestellt, sagte sie, ich habe Geschichte studiert. Dann bin ich über einen Mann gestolpert,
     erster Kuß erstes Kind, zweiter Kuß zweites Kind.
    An Heirat habe ich nie gedacht, sagte ich und bereute sofort meine Worte, mit solchen Bekenntnissen machte sich ein Mann nur
     unbeliebt, er gab einen Weg vor, der zu beschreiten war, von dem man nicht abkommen durfte, dabei wußte ich seit langer Zeit
     nur, daß ich aufgehört hatte, mich nützlich zu machen, ich ging den Rüpeln und Gewalttätern aus dem Weg, ich verscheuchte
     allzu schlechte Gedanken, ich schwor mich auf nichts und niemanden ein.
    |97| Weißt du, sagte ich, ich bin einfach nur ein ziemlich dummer Kerl, du hast ja recht, ich bin dir völlig fremd, ich behellige
     dich trotzdem mit meinen Gefühlen. Aber ich lüge dich nicht an.
    Das wäre ja noch schöner, sagte sie.
    Erzähl’ mir von dir, bat ich sie, ich wußte, je weniger ich sprach, desto mehr Luft hatte sie zum Atmen, sie schaute mich
     erst wütend an und wollte mich wohl scharf zurechtweisen, doch dann entschied sie sich anders.
    Ich bezog eine neue Wohnung, sagte sie, das ist schon länger her, und das erste, was der Vermieter mir sagte, war, daß vor
     mir ein Mann in der Wohnung gelebt hat, der sich überschuldet hatte, die Gläubiger riefen immer wieder an. Ich habe daraufhin
     Kräuter verbrannt, die Wohnung ausgeräuchert, die Türen und Fenster geschlossen und den Rauch in alle Ecken und Nischen ziehen
     lassen. Das hat einen ganzen Tag gedauert, die Wohnung hatte eine Deckenhöhe von fast drei Metern. Dann kam meine neue Nachbarin,
     sie sagte, man kann bei Ihnen hineinsehen, sogar wenn man auf der anderen Straßenseite geht, besorgen Sie sich lieber mal
     einen dicken Vorhang. Das ging so weiter und weiter, alle haben

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