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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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kommt bestimmt.
    Nein, sagte sie, das ist vorbei. Morgen ist auch noch Zeit für Schlechtwetter.
    An diesen ihren Sätzen merkte ich, daß sie selten Deutsch sprach, bestimmt übersetzte sie Redewendungen eins zu eins aus dem
     Tschechischen ins Deutsche, und weil sie eine Schauspielerin war, fiel es ihr auch nicht schwer, in der jeweiligen Sprache
     eine Rolle einzunehmen |180| , die wenig mit ihrem wahren Wesen zu tun hatte. Oder ich lag völlig falsch.
    Sind Sie jetzt eine Deutsche oder nicht? sagte ich.
    Ich bin in Ihrem Land aufgewachsen, sagte sie, ich kam kurz nach dem Zusammenbruch des alten Systems hierher.
    Und? Schön?
    Ja, schön, sagte sie.
    Eine große Frau im knöchellangen Nerzmantel auf Stöckelschuhen kreuzte unseren Weg, und ich mußte bei ihrem Anblick an die
     Empfehlung des Meisterkochs denken, der sich dazu herabließ, aus der Küche zu kommen, sich an meinen Tisch zu stellen und
     mit starkem Akzent auf ›das herrliche Menü‹ hinzuweisen, Hirschragout geköchelt mit Campari und Lebkuchengewürzen. Natürlich
     war ich ein höflicher Fremder, und natürlich entschied ich mich ohne Zögern für das Fleisch in Würztunke, und natürlich schmeckte
     es großartig. Als ich aber mit der übergroßen Papierserviette meine Mundwinkel abtupfte und mein Hemd auf Soßenspritzer musterte,
     kam ich mir plötzlich furchtbar idiotisch vor, meine Tugend war doch die Tauglichkeit, die meiste Zeit dämmerte ich dahin,
     und selten spürte ich eine Kraft, die mich befähigte, mutig zu werden. Gestern, in diesem Restaurant für Amerikaner und tschechische
     Neureiche, hatte ich eine überzeugende Vorstellung gegeben, die Bedienung, der Koch, die Gäste hatten mich nicht als den Täuscher
     erkannt, der ich war. Aber ich täuschte sie alle. Ich haßte das Extravagante.
    Meine Fremdenführerin roch nach einem Duft mit einem schwungvollen Namen, ich kam nicht auf den Namen des Parfüms, sie roch
     nach schwarzer Johannisbeere, gemischt mit Rose, wahrscheinlich hatte ein extravaganter Herr mit eindeutigen Absichten ihr
     das teure Duftwasser geschenkt. Ich sah sie von der Seite |181| heimlich an, sie war eine korrekte Person, sie hielt Büstenhalter, die ihre Brüste nach oben drückten, für einen Schwindel,
     der den Männern nicht zumutbar wäre. Sie starrte der Frau im Nerzmantel hinterher, und als hätte sie den Blick gespürt, drehte
     sich die große Frau um und blieb seltsamerweise stehen, dann überquerte sie die Straße und wartete, bis wir aufgeschlossen
     hatten. Ich bemerkte, daß sie den Lippenstift großzügig aufgetragen hatte, um den Effekt eines großen Mundes zu erzielen,
     alles an ihr war extravagant, die Stiefel, die dunkelblauen halbtransparenten Strumpfhosen, der Rock, der ihre Hüften eng
     umschloß, die falschen Wimpern und der Pelz, dessen Ärmel bis zu ihren Fingerspitzen reichten. Die beiden Frauen kamen sofort
     ins Gespräch, sie mußten sich kennen, die Frau im Nerz versuchte eine vertrauliche Geste, doch meine Übersetzerin verspannte
     sich und ging sogar einen Schritt auf Abstand, und als die große Frau daraufhin nicht abließ, zu meiner Tschechin wie zu einem
     Kind zu reden, ließ sie sie einfach stehen und winkte mich herbei, wir gingen weiter, und ich folgte einem Impuls und drehte
     mich um, die große Frau schaute in unsere Richtung, sie hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    Heute haben schöne Frauen Kinder, sagte die Tschechin an meiner Seite, und nach einer kurzen Pause sagte sie: Dann lassen
     sie sich scheiden. Es geht einfach nicht mehr. Die Männer, die sich in sie verlieben, nach der Scheidung, müssen die Kinder
     in Kauf nehmen.
    Haben Sie ein Kind? sagte ich.
    Die schönen geschiedenen Männer, sagte sie.
    Hat Ihre Bekannte ein Kind?
    Sie hat vor allem einen katastrophalen Lebenswandel, sagte sie.
    Sie kleidet sich sehr vornehm.
    Sie meinen den Nerzmantel?
    |182| Nicht nur, sagte ich und zählte auf, was mir an ihr aufgefallen war.
    Sie hat einen hohen Preis, sagte sie.
    Ich hätte sagen können: Ach, so ist das! oder auch: ich verstehe, aber ich blieb stumm, das Huhn tanzte auf der Pfanne, es
     hüpfte wegen der Hitze, mehr war nicht dran. Hätte ich das Kompliment ausgesprochen, das mir durch den Kopf ging, wäre die
     Tschechin vielleicht mindestens wütend geworden, ihre Bekannte war eine Frau, die die Blicke der Männer auf sich zog, und
     was änderte daran der Umstand, daß sie als Escort-Hosteß ihren Lebensunterhalt verdiente.
    Sind Sie

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