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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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geschieden? sagte ich.
    Seien Sie mir nicht böse, sagte sie, ich möchte Sie nicht näher kennenlernen. Lassen Sie uns daher vernünftig sein.
    Ich bin doch vernünftig.
    Wieso interessieren Sie sich für meine näheren Umstände?
    Da, schon wieder, sie sprach wie eine Auslandsdeutsche, ich nannte sie aber trotzdem im Geiste eine Tschechin, sie war es
     jedenfalls über den langen Aufenthalt in Prag geworden.
    Ist das eine schöne Stadt? sagte ich.
    Komische Frage, sagte sie, das müssen Sie selbst entscheiden.
    Jedenfalls sind Sie hier heimisch geworden.
    Ich lebe und wohne in Prag. Außerdem habe ich Freunde.
    Mich hindert etwas daran, mich wohl zu fühlen, sagte ich.
    Ich werde Sie dieser Stadt nicht vorstellen.
    Ich weiß, sagte ich, Sie zeigen mir nur die schönen Plätze.
    Plötzlich tauchte die große Frau im Nerzmantel wieder |183| auf, sie stand in der kleinen Seitengasse, sie war einen Bogen gegangen, um sich uns in den Weg zu stellen, aber ich war ihr
     egal, denn sie sprach sofort die Tschechin an, aus dem Singsang ihrer Aussprache ragte eine böse Spitze, und sie wurde, ohne
     daß die Tschechin ein Wort hätte einwenden können, übergangslos lauter, und dann griff sie sich zwischen ihre Beine und ließ
     die Hand dort ruhen, während sie mit fast knurrender Stimme schimpfte, ich war Teil dieser peinlichen Straßenszene, ein besseres
     Freudenmädchen und eine Fremdenführerin standen sich gegenüber, und ich hatte das Gefühl, daß auch ich Gegenstand ihrer grotesken
     Auseinandersetzung war, denn die Hand der Tschechin schoß vor, umschloß das Handgelenk der großen Frau und zerrte sie weg
     von der Stelle, auf die ein fremder ausländischer Mann nicht aufmerksam gemacht werden durfte. In der Zeit, da all das geschah,
     blickte mir die schöne große Frau unverwandt in die Augen, ich hielt ihrem Blick stand. Und wieder forderte mich die Tschechin
     auf, fortzugehen, sie griff sich einen Zipfel meines Jacketts und führte mich weg. Nach einigen Minuten blieb ich stehen.
    Sie sagen mir jetzt, was das soll. Sofort. Oder ich zahle Sie aus und suche mir eine andere Fremdenführerin.
    Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort, sie schaute sich um, nickte, setzte an und schüttelte aber dann den Kopf.
    Können wir das nicht später erledigen?
    Nein. Jetzt.
    Sie können sich vorstellen, womit sie ihr Geld verdient.
    Seien Sie nicht so spießig, sagte ich, sie ist eine Edelprostituierte, das habe ich schon verstanden.
    Und Sie war einmal eine gute Freundin von mir. Ich habe den Kontakt abgebrochen, weil sie versucht hat, mich … auf ihre Seite
     zu ziehen.
    |184| Kann ich ihr nicht verdenken, sagte ich, Sie sehen gut aus, Sie würden viel Geld machen. Sie wären nicht auf solche Idioten
     wie mich angewiesen, die Sie als Gesellschaftsdame mieten.
    Ich bin für Sie also eine Gesellschaftsdame?
    Sie wissen, wie ich es meine.
    Sie schwieg sich über mein Kompliment aus, und ich war schon kurz davor, mich dafür zu entschuldigen, daß ich sie für spießig
     befunden hatte, da erzählte sie von ihrer kleinbürgerlichen Erziehung und davon, wie sehr sie sich wünschte, davon wegzukommen,
     und für einige Minuten schämte ich mich, weil meine Worte sie zu dieser Erklärung bewogen hatten, ich war in meinen Ansichten
     vormodern und empfand auch sonst wenig Lust, mich zu einer modernen Einstellung durchzuringen, ich kam nach Prag und machte
     mir das Leben mit meinem Geld leichter, hier war sie, hier war eine Frau, die sich von wildfremden Kerlen wie mir fades Lob
     und faden Tadel anhören mußte.
    Morgen, sagte sie, morgen abend bespiele ich einen Hinterhof. Das heißt, ich bin eine von vieren, wir sind eingestellt für
     eine Vorstellung von einer halben Stunde. Ich bekomme einen guten Lohn dafür. Also, wenn Sie kommen, kommen Sie.
    Ich komme, sagte ich lächelnd.
    Wieso grinsen Sie?
    Es ist nichts, sagte ich, ich komme gern. Werden Sie mich abholen?
    Keine Mißverständnisse. Ich warte vor dem Hotel auf Sie. Wenn Sie fertig sind, steigen Sie die Treppen herunter und treten
     ins Freie. Dort treffen Sie auf mich.
    Es ist der richtige Zeitpunkt, sagte ich, ich glaube, ich muß Ihnen hier und jetzt sagen, daß Sie sich vor mir nicht in acht
     nehmen müssen. Sie sind für mich eine Unberührbare. Ich hege keine falschen Hoffnungen.
    |185| Das wissen Sie und ich. Das wissen aber nicht die Menschen um uns herum. Irgendwann verlassen Sie Prag, ich bleibe zurück.
     Dann möchte ich nicht meine Zeit damit vertun, böse

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