Liebesdienst
Vermögen hin, als sich den Wunsch einzugestehen, seine Frau hinzugeben. Oder, noch besser â denn wenn wir ehrlich sind, geht es hier nur um Abstufungen von Gut und Böse â, seine Frau möge sich aus freien Stücken einem anderen hingeben.
Selbstverständlich ist eine Fantasievorstellung nicht dasselbe wie ein Verlangen. Was man vor seinem gestörten geistigen Auge sieht, muss man nicht gutheiÃen mit dem Herzen. Oder vielleicht doch. Wozu ist die Fantasie sonst da, wenn sie unser Herz nicht aus seiner Gewissheit locken darf?
Hier ein einfacher Test für Ehemänner. Würden Sie eher sagen: Ich habe die Befürchtung, dass ein anderer Mann mit meiner Frau schläft? Oder: Ich habe die Hoffnung, dass ein anderer Mann mit meiner Frau schläft? Was von beiden wäre Ihnen lieber?
Nehmen Sie sich Zeit zum Nachdenken. SchlieÃen Sie die Augen. Malen Sie sich die Szene ruhig ein bisschen aus. Natürlich haben Sie Angst. Aber könnte es sein, dass Sie sich das, was Sie abschreckt, in gleichem MaÃe herbeiwünschen? Erregt Sie die Fantasievorstellung nicht ebenso sehr, wie sie Sie abschreckt?
Je mehr man eine Frau liebt, desto mehr befürchtet man, sie zu verlieren. Wäre es da nicht eine vernünftige Strategie â der Fantasie und des Herzens â, diesen Verlust einzuüben?
Nennen Sie es von mir aus Selbstschutz: In allen anderen Bereichen praktizieren wir ihn, wir wappnen uns gegen Tragik und Zerstörung, wir schlieÃen Versicherungen ab, wir treffen Vorkehrungen. Wenn Sie wissen, dass Sie nicht ertragen werden, was die Zukunft bringt, wenn Ihr Herz wachsweich ist â und wessen Herz ist nicht wachsweich? â, dann überraschen Sie es, bevor es Sie überrascht.
Gegen die rasenden Fluten der Eifersucht gib es, soweit ich weiÃ, keinen besseren Schutz. Springen Sie ins kalte Wasser. Auf diese Weise bestimmen Sie wenigstens selbst über Ihr Schicksal. Und ob Sie untergehen oder oben bleiben, die Wirkung könnte belebend sein.
»Mich lockt eine gröÃere Aufgabe â¦Â«â das sind nicht meine Worte, sondern die eines anderen Devianten mit moralischer Mission: Pervert Pervert, wie ein verklemmter Englischlehrer ihn naserümpfend nannte, als ich erwähnte, ich hätte in den Ferien Lolita gelesen. Er solle sich an die eigene Nase fassen, hätte ich ihm antworten sollen, aber ich wollte ihn zu nichts verleiten. In meiner Schule brauchte man einen Lehrer nur anzugucken, und schon steckte er einem Liebesbriefe in den Ranzen. Die von Pervert Pervert gemeinte Aufgabe bezog sich auf Mädchen, die noch minderjährig waren, sodass selbst Marius sich mit ihnen abgegeben hätte, wobei zudem in seinem Fall der Abscheu vor alterndem Fleisch die Freude an jungem überwog. Meine Aufgabe hingegen ist eindeutig legal und nicht so bedrohlich für die Gesellschaft. Ich möchte mich für gehörnte Ehemänner starkmachen, den Hahnrei, den Cuckold, obwohl ich sagen muss, dass mir die Komik des Wortes missfällt. Mit starkmachen meine ich nicht, die Ãffentlichkeit für unsere Sache zu gewinnen. Ich will keinen Verein gründen. Mein Anliegen ist eher seelsorgerischer Natur â ich möchte die langen Arme der Brüderlichkeit um die Abermillionen Ehemänner schlieÃen, die ihre Frauen auffordern würden, sie zu hintergehen, wenn sie nur den Mut dazu fänden. Gehörnte aller Länder, vereinigt euch! Ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten!
Die andere Person, die ihre Arme um unsere Frau legt, ist natürlich ein Mann. Die Fantasie, der manche Männer gerne nachhängen â ihre Frauen in sinnlicher Umarmung mit einer anderen Frau â, ist etwas vollkommen anderes. Ich bin nicht so puritanisch, dem Kitzel seinen Platz in der Erotik verweigern zu wollen oder so zu tun, als hätte der Anblick zweier sich küssender Frauen nicht auch etwas Anziehendes â mein Vater hat mehr als einmal verkündet, dass er Geschmack daran fände â, doch der Kitzel ist nicht etwas, worum es mir geht. Die weich gespülten Experimentierfreuden eines Zeitalters, das alles einmal ausprobiert und dem Sex fein säuberlich alle Gefahr raubt â auÃer Geschlechtskrankheiten â, führen nicht in die Hölle. Die Nymphen klettern aus dem Bett, verbeugen sich anmutig vor ihrem Publikum, kleiden sich an und gehen wieder zum Alltag über, es sei denn, sie hätten zu viel Gefallen gefunden
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