Liebesfluch
gebogen bin. Wütend schaue ich Ju dabei zu, wie er einfach mit dem Rad drum herumfährt. Damned!
Dann werde ich eben zwischen den Bäumen einen Weg suchen! Ich versuche es rechts von der Schranke, wo die Kiefern nicht sehr dicht stehen. Aber keine Chance, der Waldboden ist übersät von Sträuchern, die jedes Weiterkommen verhindern. Genervt lege ich den Rückwärtsgang ein, setze zurück und versuche es auf der linken Seite. Der Motor jault ganz schön auf, als ich zu viel Gas gebe, es ratscht und kracht, Büsche haben sich zwischen den Rädern verfangen, und als ich erneut Gas gebe, schlagen Ranken und tief hängende Äste an die Fenster und gegen die Seiten. Der Lack ist bestimmt schon total verkratzt, aber das ist mir egal, ich muss Mia und Bennie retten.
Ich fahre ein Stück weiter nach rechts, um einer kleinen Baumgruppe auszuweichen, und schreie erschrocken auf, als die Vorderräder plötzlich keine Bodenhaftung mehr haben. Sie hängen im Leeren, der Weg stürzt an dieser Stelle steil nach unten. Verdammt, verdammt, verdammt!
Ich setze zurück, bis alle Räder wieder Bodenhaftung haben und ich erneut vor der Scheißschranke auf dem Hauptweg stehe. Mein Herz rast, mein Knöchel fühlt sich an, als würde ein Feuer darin wüten, aber ich weiß, dass ich nicht aufgeben darf!
Dann eben zu Fuß. Ich steige aus und falle sofort lang hin, weil mein rechtes Fußgelenk sich weigert, mein Gewicht zu tragen. Ich krieche über den schmutzigen Waldboden und schaffe es, mich an der Schranke hochzuziehen. Sie wackelt, als ich mich daran festhalte.
Sie wackelt? Ich dachte, die wäre festbetoniert?
Ich humple zum linken Ende der Schranke und kann nicht fassen, was ich da entdecke. Diese Schranke liegt einfach nur lose auf dem Gestell! Und ich dumme Kuh habe kostbare Zeit damit vergeudet, drum herumzufahren, dabei muss ich sie nur irgendwie hochstemmen. Aber wie? Ich hebe sie nach oben, so hoch ich kann, bis über meinen Kopf. Aber wenn ich loslasse, fällt sie sofort wieder runter.
Na toll, was jetzt? Ich brauche Hilfe, verdammt noch mal! Und während ich mich hier mit dieser Schranke abmühe, ist Ju in der Zwischenzeit über alle Berge. Ich muss es irgendwie schaffen, dass dieses Ding oben bleibt. Wenn ein Förster hier im Wald unterwegs ist, versuche ich logisch zu denken, ist der ja auch allein … Es muss also einen Trick geben mit diesen Dingern – aber welchen?
Keine Zeit mehr zum Denken, Blue! Los, nimm beide Hände und wirf die Schranke, so hoch du kannst! Ich tu’s, aber natürlich siegt auch dieses Mal die Schwerkraft.
Jetzt kommt mir noch eine Idee. Ich muss etwas zwischen Gestell und Schranke klemmen, sodass ich mit dem Auto durchfahren kann. Aber dazu brauche ich einen Stock – und als ich mich nach einem Stück Holz umsehe, gebe ich einen wütenden Schrei von mir. Auf der rechten Seite der Schranke hängt ein Gewicht!
Ich bin ja so was von blöd – ich muss natürlich die Schranke von dort aus hochdrücken! Also humple ich auf die andere Seite und keine halbe Minute später steht die Schranke senkrecht.
Ich habe es geschafft!
Ich würde gern stehen bleiben und mich ausruhen, der Schmerz in meinem Knöchel bringt mich fast um, aber ich muss jetzt endlich hinter Ju her. Hoffentlich geht es den Kindern gut!
Ich hüpfe auf einem Bein zum Auto und fahre mit angehaltenem Atem durch die offene Schranke, dann gebe ich Gas und hoffe, dass der Weg keine Abzweigung hat. Äste knallen gegen die Windschutzscheibe und erschrecken mich zu Tode, trotzdem drücke ich das Gas noch weiter durch. Es kommt mir so vor, als hätte ich Stunden an der Schranke vertrödelt, aber der Blick auf die Autouhr bestätigt mir, dass ich nur sieben Minuten gebraucht habe – sieben Minuten Vorsprung mit Fahrrad und Anhänger, die werde ich bestimmt einholen können!
Wo will Ju überhaupt hin mit den Kindern? Hat er im Wald eine Hütte, oder was? Hänsel und Gretel fällt mir ein und dann natürlich Grannie, die mich gewarnt hat, die gesagt hat, ich soll gut auf die Kinder aufpassen.
Plötzlich sehe ich Augen aufblitzen, direkt vor mir. Um Gottes willen, ich schnappe nach Luft, trete auf die Bremse, gerate ins Schlingern, bremse trotzdem weiter. Bitte nicht, flehe ich, bitte lass mich nicht in dieses wunderschöne Tier knallen …
Ich bleibe stehen. Sehe, wie das Reh zur Seite wegspringt. Dieses zarte Hüpfen, so leicht und elegant, macht etwas mit mir, legt einen Schalter um. Tränen schießen mir in die Augen, es schüttelt
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