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Liebesfluch

Liebesfluch

Titel: Liebesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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mich, ich kriege keine Luft mehr, und obwohl ich am liebsten einfach nur sitzen bleiben und heulen möchte, weiß ich, dass ich weiterfahren muss, wenn ich die Kinder retten will, und zwar schnell.
    Ich gebe mit zitternden Händen wieder Gas, umklammere das Lenkrad und starre mit tränenblinden Augen in die Dunkelheit.
    Nachdem ich ein paar Minuten gefahren bin, bilde ich mir ein, etwas aufblinken zu sehen, und ich fahre noch ein bisschen schneller. Ja, das ist ein Rücklicht.
    Jetzt bist du dran, Ju!
    Ich ziehe die Nase hoch, keine Zeit zum Schnäuzen jetzt, und gebe noch einmal Gas. Dann blende ich auf und ab, fahre hinter ihm her, hupe, es ist mir egal, dass der Wald schläft, ob die Kinder schlafen, ich will einfach nur, dass er stehen bleibt.
    Aber er fährt weiter, immer weiter, als ob ich nicht da wäre, und ich kriege Angst, dass er vielleicht noch mal irgendwohin abbiegt, wohin ich ihm nicht folgen kann. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als ihn zu überholen und mich vor ihn zu stellen, aber der Weg ist so schmal, dass ich keine Chance habe. Außerdem will ich die Kinder nicht gefährden. Ha! Nicht gefährden …! Wessen Schuld ist es denn, dass die Kleinen mitten in der Nacht aus ihren Betten entführt werden konnten?
    Nein, ich darf jetzt nichts Unüberlegtes tun. Der Weg ist zu schmal. Und wenn ich anhalte und aussteige, dann kriege ich ihn nie, weil ich nur humpeln kann. Ich mache das Fenster auf und rufe Mias und Bennies Namen in die Nacht hinaus. Ich rufe, ich schreie, ich brülle, bis ich keine Luft mehr habe, und hoffe, dass die Kinder weinen, damit Ju sich schlecht fühlt und endlich aufgibt.
    »Ju, verdammt, bleib stehen«, brülle ich irgendwann. »Wenn du jetzt stehen bleibst, hole ich nicht die Polizei und wir vergessen alles, was passiert ist.«
    Nichts. Ju tritt unbeirrt in die Pedale. Ich muss es anders versuchen.
    »Ju, ich weiß, dass du den Kindern nichts tun wirst.«
    Keine Ahnung, ob es Einbildung ist, aber es kommt mir so vor, als ob er langsamer in die Pedale treten würde – oder ist er vielleicht sogar erschöpft? Ein kleiner Hoffnungsschimmer macht sich in mir breit.
    »Ju, du bist kein Perverser, das ist mir klar«, versuche ich es weiter. »Ich vertraue dir, Ju, aber du kannst nicht einfach mit den Zwillingen abhauen. Ich bitte dich, bleib stehen! Und sag mir endlich, warum du das alles tust.«
    Er fährt weiter, dreht aber seinen Kopf zu mir und ruft.
    »Du würdest mir sowieso nicht glauben«, schreit er und kommt ins Schlingern, als er durch ein Schlagloch fährt. Ich halte den Atem an, doch Ju dreht sich erneut zu mir um. »Ich konnte es ja selbst kaum glauben.«
    »Versuch es wenigstens, Ju, bitte! Bitte, bleib stehen und lass uns reden!«
    Bennie und Mia brüllen – endlich. Sie klingen zornig, ängstlich, verletzt. Kein Wunder, seit fast zwanzig Minuten ist Ju nun schon auf diesem holprigen Waldweg unterwegs. Als er um eine Kurve fährt, kann ich erkennen, dass er den Kinderanhänger mit Decken ausgepolstert und die Kleinen darin eingewickelt hat. Trotzdem haben Bennie und Mia nur ihre Schlafanzüge an. Gott, hoffentlich bleibt Ju endlich stehen!
    »Hör doch mal, wie die Kleinen weinen, sie spüren, dass etwas nicht stimmt! Bitte, um der Kinder willen.«
    »Und wenn du mich reinlegst?«
    »Das wird nicht passieren.« Schnell überkreuze ich zwei Finger, weil ich nicht weiß, ob ich ihn nicht doch anlüge. Ich würde ihm alles versprechen, nur damit er die Zwillinge hergibt.
    »Hör mal, ich kann die ganze Nacht hinter dir herfahren, der Tank ist voll!«
    Er zuckt mit den Schultern, als ob er sagen wollte, dass ihm das egal sei.
    »Warum glaubst du mir nicht? Ich bitte dich, halte an und lass uns reden. Wir müssen die Kleinen beruhigen, hör doch nur, wie sie schreien. Sie haben Angst!«
    Und endlich, endlich wird Ju langsamer, bremst. Auch ich steige auf die Bremse und bleibe stehen, als Ju absteigt. Ich schalte den Motor aus, lasse das Licht aber an.
    Mit klopfendem Herzen öffne ich die Autotür.

17.
    Aber ich kannte sie und wusste, dass sie schon ein Kind durch den plötzlichen Kindstod verloren hatte, weil ihr Mann es mir erzählt hatte. Als Erklärung für ihr extrem überbehütendes Verhalten. Sie hat es aber niemandem auf der Station verraten – und das kam mir merkwürdig vor.
    Er atmet genauso schwer wie ich. Wir stehen uns gegenüber. Ich habe Angst vor Ju. Zwar hat er mich vorhin in der Wohnung nicht angegriffen, aber er hat mich einfach auf dem

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