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Liebesfluch

Liebesfluch

Titel: Liebesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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ich die Tasse in Händen halte, trinke ich gierig ein paar große Schlucke, damit endlich dieses Gefühl aufhört, ich müsste mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, um klar zu werden.
    »Also?«, sagt Stefan und verschränkt seine Arme, als wäre das die einzige Möglichkeit, nicht gewalttätig zu werden.
    Ju räuspert sich und schaut zu mir. Ich verstehe nicht, was sein Blick bedeuten soll.
    »Was ist hier eigentlich los?«, fragt Stefan und mustert mich von oben bis unten.
    Wenn ich das nur wüsste. Der Kaffee macht mich zwar etwas konzentrierter, aber mir fehlt ein Stück Erinnerung.
    »Keine Ahnung«, stammle ich also.
    »Jetzt wird sie auch noch frech.« Anja stemmt die Hände in die Hüften. »Da hast du mal einen Eindruck davon, wie sie ist, wenn du weg bist!«
    Ju stellt sich dicht vor Stefan, er ist weißgrau im Gesicht wie ein nasses Papiertaschentuch. Für einen Moment fixiert er Anja und scheint nach Worten zu suchen, doch dann sprudelt es nur so aus ihm heraus.
    Ich versuche, mich auf seine Worte zu konzentrieren und zu verstehen, was er da gerade behauptet. Ju erzählt, dass er hierhergekommen sei, um mich zu besuchen. Als ihm niemand die Türe geöffnet hätte, wäre er nach hinten in den Garten gegangen und dort hätte er angeblich Anja dabei beobachtet, wie sie Mia in das Planschbecken gesetzt, sie geschubst und dann dabei zugesehen hat, wie sie ertrinkt. Er hätte Mia gerade noch im letzten Moment aus dem Wasser gezogen und wiederbelebt.
    »Was für ein Spinner!« Anja kräuselt ihre schmalen Lippen und geht zu Mia, die sich gerade aufgesetzt hat und hingebungsvoll an ihrer Robbe lutscht. Vorsichtig hebt Anja ihre Tochter hoch, setzt sie sich auf ihren Schoß und schmust dann innig mit ihr.
    »Gibt es dafür irgendwelche Beweise?« Stefans Stimme ist tonlos, kaum zu verstehen. »Blue, was hast du dazu zu sagen?«
    Ich räuspere mich, um Zeit zu gewinnen, und versuche krampfhaft, mich besser zu erinnern. Hastig trinke ich noch ein paar Schlucke von dem Kaffee und ich sehe, dass Ju mir auffordernde Blicke zuwirft, also kippe ich die ganze Tasse hinunter. Denk nach, Blue, denk nach.
    Anja nutzt mein Schweigen und deutet mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf mich. »Und dann schau dir diesen fiesen Knutschfleck an ihrem Hals an! Die zwei schrecken ja wirklich vor nichts zurück, um ihr Schäferstündchen zu entschuldigen.«
    Kutschfleck? Das Wort habe ich noch nie gehört, keine Ahnung was das ist, aber mein Hals tut verdammt weh. Ich fasse an die Stelle, von der der Schmerz ausgeht.
    Alle stieren mich an.
    Ich muss wissen, was mit mir los ist. Immer noch reichlich benebelt stehe ich auf und humple in den Flur zu dem großen Spiegel, der neben der Eingangstür hängt. Erschrocken starre ich auf mein Spiegelbild. Ich sehe unmöglich aus!
    Mein T-Shirt habe ich falsch herum an, die Nähte sind außen und mein Jeansreißverschluss steht offen. Aber das Schlimmste ist mein Hals, an dem sich unten rechts, fast schon an der Beuge, ein riesiger blauer Fleck befindet.
    Und während ich noch mit einem Finger über die blaue Stelle streichle, weiß ich plötzlich wieder, wodurch der Fleck entstanden ist.
    Die Spritze – Anja und die Spritze, oben im Kinderzimmer …
    Ich merke, dass ich anfange zu zittern, aber ich versuche, mich zu fassen, und schaue zu Ju hinüber, um mich zu beruhigen. Langsam laufe ich zurück in die Küche und blicke Anja direkt ins Gesicht. Sie wirkt nun deutlich nervöser als noch vor ein paar Minuten. »Das an meinem Hals ist kein Kutscherfleck«, sage ich, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Das war Anja.«
    »Ich brauche etwas zu trinken, hier, nimm mal, Stefan«, unterbricht mich Anja und drückt Stefan Mia in den Arm.
    Bennie ist auf der Krabbeldecke eingeschlafen.
    Ich rede einfach weiter, wende nun meine ganze Aufmerksamkeit Stefan zu und erzähle ihm alles, an was ich mich erinnere. Und während ich ihm sage, was am Nachmittag hier passiert ist, kehrt Stück für Stück meine ganze Erinnerung zurück.
    Anja nimmt völlig ungerührt eine der Holunderschorlen, die ich vor einer Ewigkeit zubereitet habe, gibt ein paar Eiswürfel hinein und rührt darin herum. Dann setzt sie sich an den Tisch.
    Stefan räuspert sich mehrfach und starrt zu seiner Frau, die einfach nur dasitzt und an ihrer Schorle nippt. »Blue, hast du irgendwelche Beweise, die diese Märchengeschichte stützen können?«
    Nicht dass ich wüsste, denke ich, nur den blauen Fleck am Hals.
    Plötzlich springt Ju auf.

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