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Liebesfluch

Liebesfluch

Titel: Liebesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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Blues Handy? Was hat sie nur vor? Und wo ist Blue?
    »Wie, du kannst nicht?«, ruft sie nun empört und läuft ein paar Schritte im Garten auf und ab. »Das, mein Lieber, ist schlimm, sehr, sehr schlimm.« Sie legt auf und flucht leise vor sich hin, sodass ich nicht genau hören kann, was sie sagt.
    Sie legt das Telefon beiseite, beugt sich zu ihrer Tochter und gibt ihr ein Küsschen. Dann seufzt sie tief und versetzt Mia einen liebevollen kleinen Stoß in den Rücken.
    Ich höre auf zu atmen und starre ungläubig auf die Szene, die sich gerade vor meinen Augen abspielt.
    Mia fällt mit dem Gesicht nach vorne ins Wasser und schwimmt so auf der niedrigen Wasseroberfläche.
    Und obwohl ich sofort einschreiten müsste, bin ich wie zur Salzsäule erstarrt. Mutter hat recht gehabt. Ich kann es nicht glauben, will es nicht glauben. Mein Verstand kann nicht verarbeiten, was meine Augen gerade sehen. Doch es gibt keine Zweifel: Mutter hatte recht.
    Anja setzt sich neben das Becken und schaut ungerührt dabei zu, wie Mia strampelt und langsam ertrinkt.
    Und mit einem Schlag kehrt alles Leben in meinen Körper zurück. Es darf keine weiteren Opfer mehr geben!
    Ich renne, so schnell ich kann, zum Becken, vorbei an Anja, die mit dem Rücken zu mir sitzt und mich erst sieht, als ich am Planschbecken bin. Hastig reiße ich Mia aus dem Wasser. Die Kleine hängt schlaff in meinen Armen.
    »Was tun Sie da mit meiner Tochter?« Anja ist aufgesprungen und starrt mich fassungslos an, als wäre ich derjenige, der ihrer Tochter etwas angetan hat. Sie kommt ein paar Schritte auf mich zu, ich überlege nicht länger, sondern versetze ihr einen sehr brutalen Stoß und renne mit Mia die Treppe nach oben auf das Deck.
    Dort lege ich sie auf den Tisch, halte ihre winzige Nase zu und beatme sie, mache eine vorsichtige Herzmassage. Versuche, mich fieberhaft zu erinnern, was man bei der Wiederbelebung von Babys beachten muss. Sage mir wieder und wieder alles genau vor und gebe mir alle Mühe, es richtig zu machen: Den Kopf in die »Schnüffelstellung« bringen, dazu das Kinn leicht anheben, langsam und vorsichtig ein bis eineinhalb Sekunden ein bisschen Luft einblasen, sodass sich der Brustkorb des Kindes hebt, auf keinen Fall mit zu viel Druck einblasen, die Atemspende bis zu fünf Mal wiederholen, einmal – oh Mann, Mia, bitte komm, los, komm.
    Ich werfe einen schnellen Blick zur Wendeltreppe, aber ich kann Anja zum Glück nicht sehen, und als ich wieder zurück zu Mia schaue und weitermachen will, da schlägt sie gerade ihre Augen auf.
    Sie atmet!
    »Mia, du tapfere Heldin du!«, flüstere ich und könnte heulen vor Glück. Sie schaut mich überrascht an und fängt gar nicht heldenhaft an zu weinen. »Ich verstehe dich, Mia«, sage ich, nehme sie auf den Arm und gehe ins Haus, um nach Blue zu suchen.
    »Blue!«, brülle ich. »Blue, wo bist du?«
    Nichts. Stille.
    Ist sie vielleicht gar nicht im Haus, sondern mit Bennie spazieren?
    Von oben höre ich ein leises Bumpern, als würde jemand gegen die Decke oder die Wand klopfen. Ich stürme mit Mia die Treppen hinauf. Vor dem Kinderzimmer auf dem Gang steht eines der Kinderbetten, darin liegt Bennie. Er schläft. Ich lege die pitschnasse Mia zu ihm, die nun laut brüllt und wütend mit den Beinen strampelt.
    Ich versuche, die Tür zu öffnen. Aber sie ist zugeschlossen und nirgends ist ein Schlüssel zu sehen.
    »Blue?«, schreie ich, um Mias Weinen zu übertönen, und hämmere gegen die Tür. Aber ich höre nur weiterhin das Klopfen aus dem Kinderzimmer. Was ist da drin nur los?
    »Blue, kannst du mich hören?«, versuche ich es noch einmal, obwohl mir längst klar ist, dass hier etwas nicht stimmt. Ich kann nicht mehr klar denken, der Gedanke, dass Blue etwas zustoßen könnte, macht mich rasend. Ich muss da jetzt rein.
    Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und konzentriere mich, dann nehme ich Anlauf, ziehe alle Muskeln zusammen und breche die Tür mit der Schulter auf.
    Blue steht auf dem Wickeltisch vor dem Fenster und haut wie besessen immer wieder mit ihrer flachen Hand gegen die Scheibe.
    Sie ist splitternackt.
    Und obwohl ich noch nie so viel Angst in meinem Leben gehabt habe, wird mir genau in diesem Moment bewusst, wie schön sie ist und wie sehr sie mir ans Herz gewachsen ist.
    »Blue! Blue, komm da runter!«
    Sie scheint mich nicht zu hören und haut weiter gegen die Fensterscheibe. Ich gehe zu ihr und hebe sie von dem Wickeltisch herunter, was sie sich stumm und

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