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Liebesgruesse aus Deutschland

Liebesgruesse aus Deutschland

Titel: Liebesgruesse aus Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Kaminer
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Verkostung mit der eigenen Produktion statt. Später kann die Runde wiederholt werden. Auch ein Besuch zwischendurch im Tabakmuseum lohnt sich. Vor der Wende befand sich hier eine große Tabakfabrik, die ein Drittel des gesamtostdeutschen Bedarfs an Rauch-, Schnupf- und Kautabak lieferte. Heute ist daraus ein »Museum zum Anfassen und Mitmachen« geworden, wie es im Touristenprospekt heißt. Die alten Mauern der Tabakfabrik wirken wahrscheinlich wie Nikotinpflaster: Wer sich dort an die Wand anlehnt, braucht zwei Wochen lang keine Zigaretten mehr.
    Oh, wie viele wunderbare Entdeckungen hält Mitteldeutschland noch parat für jemanden, der zufällig vom Wanderweg abgekommen ist.

Taspo Awards
    Jeder Schriftsteller wird ab und zu mit den Figuren aus seinen Büchern verwechselt. Er kann sich noch so lange dagegen wehren oder darüber schimpfen, er bleibt trotzdem für alles, was in seinen Büchern geschieht, verantwortlich. Selbst wenn er von solch unrealistischen Gestalten wie Drachen, Zauberern oder Außerirdischen berichtet, denkt der Leser sofort, der Autor muss doch, wenn auch vielleicht nicht selbst außerirdisch, dann mindestens mit einem Außerirdischen verwandt sein.
    So wurde ich zum Beispiel Gartenexperte. Ich habe ein Buch über das Leben und Arbeiten im Schrebergarten geschrieben, obwohl ich selbst dort selten anwesend war und bin. Meine Frau hat in diesem Garten gearbeitet und Wunder vollbracht, ich habe es bloß beschrieben. Trotzdem hat mich die Öffentlichkeit plötzlich zum Gartenspezialisten auserkoren. Fortan wurde ich zu Gartenfernsehsendungen, Gartenmessen und Gartenzwergkongressen eingeladen, verteilte Gartenpreise und gab wertvolle Ratschläge zum Gärtnern, obwohl ich keine Ahnung davon habe. In unserem Schrebergarten konnte ich nicht einmal den Todesstreifen vor unserem Gartenzaun richtig anlegen,
fünfundfünfzig Zentimeter breit und fünf Meter lang, so wie es die Gartengesetzgebung in unserer Schrebergartenkolonie vorschreibt.
    Die Idee, einen Garten zu pachten, kam ebenfalls von meiner Frau. Sie braucht ständig neue Kümmer-Objekte, um die sie sich sorgen kann. Eigentlich wollte sie einen Hund. Einen kleinen chinesischen Hund mit dem fast unaussprechlichen Namen Chihuahua. Oder eben einen Garten. Vor die Wahl gestellt favorisierte ich den Garten. Ich dachte in erster Linie an meine Ruhe. Ein Garten bellt nicht, man muss mit ihm nicht zweimal am Tag raus, und auch finanziell ist er bestimmt weniger aufwendig als ein Hund, dachte ich. Ich war zu dem Zeitpunkt, wie gesagt, eine völlige Gartenlusche. Ich hatte keine Ahnung.
    Nach einem Jahr Gartenbesitz habe ich ein Buch verfasst. Eine ziemlich oberflächliche Beschreibung eines Gartenjahres. Ich ahnte nicht, welchen Stein ich damit ins Rollen bringen würde. Eine Auflage jagte die nächste, Gartenvereine luden mich zu Vorträgen ein, irgendwelche Fonds, die in Großstädten Kleingartenkolonien aufkaufen, um sie in natureingebettete Wohnflächen für Großfamilien umzuwandeln, riefen an und boten mir noch einen weiteren Garten zu Forschungs- und Werbezwecken an. Ich verzichtete, wir hatten mit unserem eigenen bereits genug zu tun. Dafür nahm ich eine Einladung auf das Schloss Ippenburg bei Bad Essen an, wo eine große Gartenschau stattfinden sollte. In jenem Jahr zeigte die Schlossherrin Viktoria Freifrau von dem Bussche mithilfe von dreißig Russlanddeutschen in ihrem großen Park
eine Art Kunstausstellung, bestehend aus verschiedenen Schrebergartentypen. Es gab einen typisch deutschen mit Fahnenmast und Nationalfahne, einen chinesischen aus Bambus, einen philosophischen mit einer runden Laube und eine russische Datscha mit Samowar auf dem Tisch und großen Konfitüredosen auf dem Fußboden.
    Der Höhepunkt meiner bisherigen Gärtnerkarriere aber war eine Einladung zur feierlichen Verleihung der TASPO AWARDS, der Garten-Oscars. Die Preisverleihung fand im Hotel Hyatt am Potsdamer Platz statt. Der Konferenzsaal des Hotels wurde zu diesem Anlass von den besten Floristen des Landes dekoriert, und die ganze Gartenbranche versammelte sich in Smoking und Abendkleidern an den Tischen. Die Nominierung für die Garten-Oscars erfolgte in zweiundzwanzig Kategorien, angefangen mit dem Preis für die am längsten blühende Rose des Jahres bis hin zum Preis für kreative Topfpflanzenzüchtung und der einfallsreichsten Friedhofsgärtnerei. Für alle Fälle nahm ich meine Frau mit. Von uns beiden war sie diejenige, die notfalls ein einigermaßen

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