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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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früheren Innensenators von Hamburg, Hartmut Poll, gewesen war. Und Anna wusste genau, wie sehr Günther Sibelius es verabscheut hatte, unter der Leitung von Poll zu arbeiten und all die absurden und teilweise sogar menschenverachtenden Dienstanweisungen in die Tat umsetzen zu müssen. Endlich war es heraus, und die Giraffe würde keine berufliche Zukunft mehr in Hamburg haben. Jedenfalls nicht, solange Günther Sibelius ihre Abteilung leitete.
    „Wie ich vorhin bereits sagte, haben wir einen neuen Hinweis bekommen, Chef“, kam Anna erneut auf ihr Anliegen zurück. „Es geht um eine ehemalige Mitschülerinvon Rainer Herold und Torsten Lorenz. Monika Diebach-Meyer hat früher wohl auch sehr unter den beiden zu leiden gehabt und könnte daher möglicherweise ebenfalls als Täterin in Frage kommen. Da sie allerdings mittlerweile in Hannover wohnhaft ist, werden wir unsere Ermittlungen auf diese Stadt ausdehnen müssen.“
    „Machen Sie das, Frau Greve, und informieren Sie mich bitte weiterhin laufend über Ihre Ergebnisse“, entgegnete Günther Sibelius und verließ mit einem letzten, prüfenden Blick auf Sigrid Markisch das Büro.
    Im Rückspiegel ihres Wagens beobachtete Elsa das Gebäude, in dem sich Doreen verkrochen hatte. Es war ein gepflegt aussehendes Fachwerkhaus mit einem zweiten, kleineren, das direkt daneben stand. Davor befanden sich ein Parkplatz und eine großzügige Auffahrt. Die Tannen vor dem Haus waren bereits weihnachtlich geschmückt, und an den Fenstern im ersten Stock klebten selbst gebastelte Sterne aus roter und goldener Metallfolie. Aus dem Nebengebäude drang das gleichförmige Geräusch einer Schleifmaschine. Hinter dieser Tür befand sich also demnach die Tischlerei, hinter dieser Tür musste der Ernährer von Doreen gerade an der Arbeit sein. Auch der weiße Lieferwagen mit der blauen Werbeaufschrift, der in der Einfahrt stand, zeigte, dass er zu Hause war. Ein kleines Mädchen von vielleicht fünf Jahren spielte im Vorgarten des Hauses. Sie hatte ein Kaninchen in einen mit Maschendraht umzäunten Auslauf gesetzt und amüsierte sich, dem Tier dabei zuzusehen, wie es seine Haken schlug. Gerade versuchte die Kleine, ihr Kaninchen wieder einzufangen, als sich die Eingangstür öffnete.
    „Mittagessen!“

    Doreen hatte sich kaum verändert. Sie war noch immer sehr schlank und hübsch. Die langen blonden Haare hatte sie mittlerweile zu einem modischen Pagenkopf gestutzt, außerdem trug sie eine Brille auf der Stupsnase. Doch sonst sah man ihr die vielen Jahre, die inzwischen vergangen waren, nicht an. Das Mädchen hatte sein Kaninchen unterdessen in den Stall gesperrt, lief nun auf Doreen zu und umarmte sie stürmisch. Elsa sah, wie Doreens Gesicht weich wurde. Sie beobachtete, wie Doreen ihre Tochter in die Luft hob und diese daraufhin juchzte und lachte. Elsa nahm dieses Bild in sich auf, fühlte aber nichts. Es machte für sie keinen Unterschied, ob Doreen inzwischen Kinder hatte oder nicht. Elsas Plan stand fest, und sie würde keinen Millimeter davon abrücken. Wie sehr hatte sie sich damals zu Doreen und ihrer Mutter hingezogen gefühlt. Am liebsten wäre es ihr gewesen, ganz bei den Possels bleiben zu können. Oder vielleicht auch bei der freundlichen Frau und ihren sauber gewaschenen Kindern. Elsa verstand bis heute nicht, warum sich Doreen von ihr abgewendet hatte. Wieso hatten es auf einmal Reitstunden sein müssen? Warum schwarze Lackschuhe? Bestimmt trug Vera die Schuld daran, dass sich die Dinge von einem Tag auf den anderen geändert hatten. Elsas Mutter schien es nicht gepasst zu haben, dass sie so oft bei den Possels gewesen war. Irgendwann hatte Vera sogar darauf bestanden, Elsa zu den Possels zu begleiten, und so getan, als interessierte es sie wirklich zu sehen, mit wem ihre Tochter ihre Zeit verbrachte. Dabei war es wohl vor allem Neugier gewesen, die Lust daran, zu sehen, wie andere Familien lebten. Frau Possel hatte gar nicht anders gekonnt, als Vera einen Kaffee anzubieten. Wie hatte sich Elsa nur für das schrille Lachen ihrer Mutter, das man sogar noch durch die geschlosseneTür hatte hören können, geschämt. Von diesem Tag an war Vera regelmäßig zu Doreen mitgekommen. Mindestens einmal in der Woche saß Vera nun in der gemütlichen Küche von Frau Possel herum und beschwerte sich über ihr freudloses Leben, vor allem jedoch über ihren Mann Friedrich. Mitgenommen hatte Elsas Mutter von diesen Nachmittagen leider überhaupt nichts. Bei ihnen war alles beim

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