Liebeskind
aus dem Badezimmer und zog sich das kurzärmelige T-Shirt aus. Es war ganz nass unter den Armen und es roch nach Angst.
Anna sah Sigrid Markisch aus dem Büro des Chefs kommen, als sie den Flur im Präsidium entlangging. Nicht einmalaus dieser Entfernung heraus war das selbstgefällige Lächeln der Giraffe zu übersehen.
„Wenn es Ihnen recht ist, treffen wir uns in einer Stunde zur Besprechung in meinem Büro“, rief sie Anna Greve zu.
In ihrem eigenen Büro traf die Kommissarin Lukas Weber vor seinem Computer sitzend an.
„An die Arbeit, Weber, wir haben nicht mehr viel Zeit bis zur nächsten Besprechung mit der Giraffe und sollten dann, wenn möglich, erste Ergebnisse präsentieren können. Monika Diebach heißt mittlerweile Diebach-Meyer und ist laut Information aus unserem Computer in Hannovers Innenstadt, unweit des Regierungsviertels wohnhaft. Versuchen Sie doch bitte herauszubekommen, ob sie, wie Dirk Adomeit vermutet hat, tatsächlich bei der niedersächsischen Landesregierung tätig ist. Ich kümmere mich derweil um ihre private Telefonnummer.“
Als Anna, gefolgt von Weber, kurz darauf das Büro von Sigrid Markisch betrat, stand diese vor ihrem Schreibtisch und schwenkte eine Liste mit Telefonnummern zwischen ihren Fingern.
„Dirk Adomeit hat, genau wie ich vermutet habe, doch Kontakt zu Rainer Herold aufgenommen, hier sehen Sie den Beweis. Am neunzehnten Mai hat er in der Frankfurter Bankzentrale angerufen.“
Weber starrte auf den Zettel und versuchte, mehrere auf dem Kopf stehende Zahlen zu lesen.
„Vielleicht ist Herr Adomeit dort Kunde, oder aber er hat sich über irgendetwas informieren wollen.“
Die Giraffe winkte ab.
„Ich habe das natürlich überprüft, Lukas. Dirk Adomeit hat sein Konto bei der Kreissparkasse. Auch wird er sichwegen einer allgemeinen Information wohl kaum mit der Zentrale in Frankfurt verbunden lassen haben. Wenn man etwas Allgemeines erfahren will, geht man doch erstmal in seine Zweigstelle vor Ort, oder?“
„Vielleicht hat er das ja auch gemacht, aber nichts erreicht.“
„Wie auch immer, ich habe Herrn Adomeit zu einer weiteren Befragung gebeten. Er wird gleich hier sein, und ich würde es gut finden, wenn Sie beide dabei sind.“
„Das trifft sich gut, Frau Markisch, denn wir gehen zurzeit einem Hinweis von Herrn Adomeit zu einer seiner damaligen Mitschülerinnen nach und könnten ihn gleich noch einmal gemeinsam zur Sache befragen. Es geht um eine Frau namens Monika Diebach-Meyer“, antwortete Anna entgegenkommend, als die Tür aufgerissen wurde und Günther Sibelius hereingestürmt kam.
„Jetzt lassen sie die Katze endlich aus dem Sack“, schimpfte er aufgebracht.
Sibelius nickte Sigrid Markisch zu, dann setzte er sich zu Weber und Anna und reichte ihnen einen Zettel hinrüber.
„Hier, diese Dienstanweisung kam heute per E-Mail rein. Stichwort bessere Kommunikation, dass ich nicht lache. Jeder von Ihnen soll in Zukunft noch detailliertere Wochenberichte anfertigen, als das bislang schon der Fall war. Ab heute werden wir über jede Stunde des Tages Rechenschaft ablegen müssen. Fein säuberlich notiert in Exceltabellen. Und Personenüberwachungen müssen ab sofort von ganz oben genehmigt werden, oder aber wir werden sie allein und ohne Unterstützung anderer Abteilungen vornehmen müssen. Das heißt für uns noch mehr Überstunden ohne jeglichen Lohn- und Freizeitausgleich.“
„Solange wir nicht während der Dienstzeit einkaufen gehen, haben wir doch gar nichts zu befürchten. Und das Hinterfragen von Sinn und Nutzen einer Rund-um-die-Uhr-Überwachung kann auch dazu führen, dass man ihre Notwendigkeit genau überdenkt, bevor man sich für diese personalintensive Maßnahme entscheidet.“
Günther Sibelius musterte die Giraffe argwöhnisch.
„Seien Sie froh, Frau Markisch, dass Sie von dieser Anweisung nicht lange betroffen sein werden. In Hannover ticken die Uhren zu Ihrem Glück anders.“
„Ich hätte nichts dagegen, unter der Leitung von Martin Schönauer zu arbeiten. Endlich werden die vorhandenen Probleme wieder einmal richtig von jemandem angepackt, selbst wenn das für einige Beamten bedeuten mag, sich von liebgewordenen Gewohnheiten verabschieden zu müssen.“
Anna hielt den Atem an. Günther Sibelius sagte zwar kein Wort, doch sie hatte ihren Chef noch nie zuvor so wütend gesehen. Die Probleme würden endlich wieder einmal richtig angepackt, hatte die Giraffe gesagt, was doch eine klare Anspielung auf das Gebaren des
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