Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)
gleiche Abfolge von immer gleichen Tagen. Einmal am Tag dürfen wir an die frische Luft. Aber was heißt frisch? Das Klima ist feuchtheiß, entsprechend stickig sind die Zellen. Hygiene? Essen? Nun, ich kann Dir nicht alles beschreiben, die Briefe werden zensiert.
(Bei euch zu Hause ist es sicher wunderbar kalt. Vielleicht liegt sogar Schnee?)
Alle zwei Wochen darf ich eine halbe Stunde Besuch empfangen. Dann kommt ein anglikanischer Pfarrer, den die deutsche Botschaft schickt, er ist ganz nett.
Nächsten Monat will Lars Seehafer kommen. Wegen einer halben Stunde! Aber ich freue mich trotzdem. Nur, wie ich aussehe! Sie haben mir die Haare ganz kurz geschnitten, und ich trage die beige Anstaltskleidung. Beige hat mir noch nie sonderlich gut gestanden.
Ich habe mit meinem Urteil Glück gehabt, trotz allem. Eine Zellengenossin ist wegen eines ähnlichen Delikts zu zwanzig Jahren Zuchthaus und zwanzig Stockschlägen verurteilt worden. Die britische Kolonialzeit läßt grüßen.
Mein Anwalt hat eine Laboruntersuchung machen lassen, und es stellte sich heraus, daß der Stoff so schlecht war, daß von den 50 Gramm Kokain nur 28 Gramm reine Substanz übriggeblieben sind. Ab 30 Gramm gilt man hierzulande als Dealer. Zwei Gramm, die mich vom Tod trennen! Nun gelte ich nicht mehr als Drogenhändlerin, sondern als Konsumentin. Deshalb sind es »nur« fünf Jahre geworden. Der Anwalt sagt, daß ich bei guter Führung nach drei Jahren begnadigt werden kann.
Erst jetzt erkenne ich, was für ein herrliches Leben ich hatte. Aber ich mußte ja mit dem Feuer spielen … Wenn ich wieder draußen bin, werde ich etwas Sinnvolles aus meinem Leben machen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wenn man ein freier Mensch ist. Du siehst, nun, da mir nicht mehr der Galgen droht, habe ich wieder Mut gefaßt. Zumal ich von Lukas’ Tod gehört habe. Es ist gut, daß er tot ist, sonst hätte ich meine Zeit hier drin mit Rachegedanken vergeudet, anstatt nach vorn zu sehen. Es tut mir nur leid um die Psychologin. Sie hat ihn bestimmt sehr geliebt, zu sehr. Wie muß sie unter seiner Kälte gelitten haben.
Ich denke oft an Franziska und Merle. Gut, daß die beiden meinen Niedergang nicht mehr erlebt haben. Ich glaube, meine Großmutter Merle hat – ohne eigenes Verschulden – noch schlimmere Dinge als ich durchgemacht. Aber sie hat sich niemals gehenlassen. Ich folge ihrem Beispiel, sie werden auch mich nicht unterkriegen.
Es grüßt Dich von Herzen, Deine Mathilde.
P.S. Liebe Leona, kannst du mir ein paar Bücher schicken, Bücher darf ich haben. Egal was, Hauptsache eine Ablenkung. Und vielleicht meine Tarotkarten? Ich muß doch sehen, was die Zukunft bringt.
Danke
Etliche Personen und Persönlichkeiten haben beim Schreiben dieses Buches mitgeholfen, ihnen allen möchte ich danken.
Kerstin Müller von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der JVA Hannover und Matthias Borman, Leiter der JVA Hannover, erteilten mir detaillierte und wertvolle Auskünfte über den Strafvollzug und vermittelten mir unvergeßliche Eindrücke.
Die Leitung der JVA Sehnde hat mir zu 24 Stunden Knast verholfen und mich nicht nur mit Gefängniskost, sondern auch mit zahlreichen Informationen versorgt.
Jörg Aehnlich vom LKA war stets eine zuverlässige Quelle für Auskünfte über ermittlungstechnische Details.
Kriminaloberkommissarin Kathrin Ziegenbein vom Kriminaldauerdienst gewährte mir tiefe nächtliche Einblicke in die Polizeiarbeit.
Mein Mann »durfte« mich, wie immer, in medizinischen Fragen beraten.
Meine Freundin, die Autorin Iris Anna Otto, hat im Vorfeld die ärgsten Schnitzer im Manuskript beseitigt und, wenn nötig, den Kurs kor rigiert.
Elke Fleing und Marita Kirschlager waren kritische Testleserinnen, auf deren Urteilsvermögen ich mich verlassen konnte.
Katja Menzel, meine Lektorin bei Piper, verpaßte dem Manuskript die notwendige Politur.
Meine Hunde Bruno und Wilma haben mich regelmäßig vom Computer weggezerrt und mir während zahlloser Spaziergänge geholfen, den Kopf frei zu bekommen und nicht durchzudrehen.
Literatur
Cliffort L. Linedecker, »Prison Groupies«,
Pinnacle Books Windsor Publishing Corp., New York, 1993
Sheila Isenberg, »Women who love men who kill«,
Simon & Schuster, New York, 1991
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