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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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möchte in anständiger Kleidung am Grab meiner Mutter stehen.«
    »Regle das bitte mit dem Sozialen Dienst, die sind dafür zuständig, nicht ich.«
    »Das weiß ich. Aber du kannst sicher ein gutes Wort für mich einlegen.«
    Seine Augen begegneten den ihren. Wenn er wollte, konnte er eine gewisse Wärme in seinem Blick vortäuschen, wie ein künstliches Kaminfeuer. Vorsicht, Treeske, nur nicht in die Erinnerungsfalle treten.
    Unvermittelt sagte er: »Was neulich passiert ist, tut mir leid.«
    Treeske mißtraute ihren Ohren. So lange sie Lukas Feller kannte, hatte er sich noch nie für etwas entschuldigt. Was bezweckte er damit?
    »Du bekommst deinen Ausgang, mach keine Verrenkungen.«
    »Es tut mir trotzdem leid«, beharrte er. »Ich habe die Beherrschung verloren.«
    Sie schluckte. »Das glaube ich dir nicht. Du weißt immer, was du tust.«
    Ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht. »Marie mit den Perlmuttaugen«, seufzte er. Er beugte sich über den Tisch und flüsterte: »Es war so leer ohne dich. Du bist so lebendig, und wie warm du mich aufgenommen hast in dir. Ich will dich, und du willst mich, wir werden Wege finden, nicht wahr, Marie?«
    Sie sah ihn an. Eine akute Paralyse hatte jeden Nerv ihres Körpers erfaßt und zwang sie, seinen Worten widerspruchslos zuzuhören. Das Erschreckende war: Im innersten Inneren wußte sie, daß er recht hatte. Denn er war nicht zu leugnen, dieser Augenblick in ihrem Büro, als er seinen Griff um ihren Körper gelockert hatte und der Zopf aus ihrem Mund gefallen war. Ein Schrei hätte genügt. Durch die Wände der Büros hörte man schon, wenn auf der anderen Seite jemand kräftig nieste. Aber sie hatte nicht geschrien und auch nicht den Alarmknopf an ihrem PNG gedrückt.
    Endlich – sie hätte nicht sagen können, ob Sekunden vergangen waren oder Minuten – löste sich ihre Starre, und sie konzentrierte sich nur noch auf zwei Dinge:darauf, nicht zu hastig aufzustehen und dem kalten Feuer seiner Augen zu entkommen. Sie mußte all ihre Kraft aufbringen, um die Hand zu heben und dem wartenden Bediensteten ein Zeichen zu geben.
    »Ach, und Frau Tiffin …«, sagte Lukas, denn der Bedienstete war schon an der Tür.
    Sie wandte sich um.
    »Ich möchte auf keinen Fall nach Sehnde verlegt werden. Es gefällt mir hier.«
    An einem Abend Ende Januar traf sich Mathilde mit Florian. Er hatte sich ausgerechnet im Plümecke mit ihr verabredet, wo es am Freitag abend vor Lehrern nur so wimmelte. Mathilde war das egal. Geistesabwesend beobachtete sie ein knutschendes Pärchen an der Theke. Der Kellner brachte zwei frische Gläser Pils.
    Florian nahm ihre Hand. »Hey, was ist los mir dir? Es war doch immer schön mit uns.«
    War es das? Florian pflegte im Bett Jaaaa! zu schreien, obwohl er gar nichts gefragt worden war. Wieso nur hatte sie sich dem wiederholt ausgesetzt?
    Sie sah ihn an. »Es ist die Midlife-crisis«, erklärte sie.
    Sie tranken ihr Bier aus und gingen, jeder in eine andere Richtung.
    Mein Leben bröckelt weg wie ein morscher Felsen, dachte Mathilde, als sie wieder zu Hause war, und gab sich der Melancholie hin. Sie fischte wahllos einen von Merles Liebesromanen aus dem Regal, legte eine alte Foreigner -LP auf und öffnete eine Flasche Dolcetto. Mitten in diese Zelebrierung von Weltschmerz platzte ein Anruf.
    »Wie geht es Ihnen, Mathilde?«
    Es war, als würde jemand eine Fessel durchschneiden. Etwas Warmes, Wohliges durchflutete sie, und sie antwortete: »Es geht.«
    »Ich vermisse Sie.«
    Ihr Herz machte einen Satz. »Sie fehlen mir auch.«
    »Wie kann man etwas vermissen, was einem nie gehört hat?«
    »Man kann«, sagte Mathilde. Und wie man das kann!
    »Ich fühle mich einsam, obwohl ich nie allein sein kann. Aber es gibt wohl verschiedene Arten von Einsamkeit.«
    »Darf ich Sie etwas fragen?«
    »Was immer Sie wollen«, antwortete er.
    »Wie heißt eigentlich die Frau, die mich im Besuchsraum angegriffen hat?«
    »Claudia.«
    »Nicht Claudine?«
    »Nein, so nennt sie sich nur. Sie heißt Claudia Ammer, das dumme Stück. Warum fragen Sie? Hat sie Sie etwa belästigt?«
    »Nein, nein«, versicherte Mathilde rasch. »Ich habe nur so gefragt.«
    Ein kurzes Schweigen entstand, dann sagte er: »Meine Mutter ist gestorben.«
    »Das tut mir leid.«
    »Die Trauerfeier ist am Freitag um drei Uhr im Krematorium Celle.«
    »Möchten Sie, daß ich komme?« fragte Mathilde. Ihn ansehen. Ihn vielleicht sogar berühren!
    »Ja, das wäre schön. Sehr sogar.«
    Das Krematorium

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