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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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Hauptstraße, zwischen all den Autos, fühlte ich mich sicherer, und da war ich auch schon ganz in der Nähe meiner Eltern, meine Schritte machten einen ohrenbetäubenden Lärm, als sie die Schicht angefaulter Blätter auf der Treppe zerquetschten, ich ging hinauf, nur eine Woche war es her, da hatte er hinter dieser Tür gestanden, als sei das seine Wohnung, doch nun stand meine Mutter vor mir.
    Ich hatte Lust, zu ihr zu sagen, geh weg, du gehörst nicht mehr hierher, das ist jetzt sein Platz, und sie wunderte sich, du bist nicht in der Universität, und ich sagte, doch, ich bin auf dem Weg dorthin, ich habe nur vergessen, eine Jacke mitzunehmen, und es wird kalt, und sie rannte zum Schrank, zog ein altes kariertes Jackett heraus und warf einen mißtrauischen Blick zu dem klaren Himmel hinauf, bist du sicher, daß es dir nicht zu warm wird? Ich sagte, ja, es ist kalt draußen, und sie zuckte mit den Schultern und bot mir Kaffee an, und ich setzte mich mit ihr in die Küche und sagte beiläufig, ich habe euren Freund in der Stadt getroffen, Arie Even, mit seiner Tochter, und sie korrigierte mich sofort, er ist Papas Freund, und er hat keine Tochter, er hat überhaupt keine Kinder. Enttäuscht versuchte ich es weiter, dann war es vielleicht seine Frau, wie sieht seine Frau aus? Eine alternde kokette Französin, verkündete meine Mutter triumphierend, ich habe sie allerdings seit Jahren nicht gesehen, aber solche Frauen ändern sich nicht. Sie versuchte noch nicht einmal, ihre Genugtuung darüber zu verbergen, daß es einen Zeitpunkt im Leben gab, zu dem sowohl sie, die ihr Aussehen immer vernachlässigt hatte, als auch verwöhnte Französinnen einen bestimmten, unabänderlichen Zustand erreichten.
    Warum haben sie keine Kinder, fragte ich, und unter meinen Fingern bewegte sich sein Penis, und meine Mutter antwortete kurz, ach, Probleme, warum interessiert dich das überhaupt?
    Probleme bei ihm oder Probleme bei ihr, beharrte ich, und sie sagte, bei ihm, was geht dich das an? Ich rächte mich an ihr und hatte plötzlich keine Zeit mehr für Kaffee, gleich fing meine Sprechstunde an, ich nahm das Jackett und verschwand in den Tag, der immer heißer wurde, ganz und gar glühend in dem Bewußtsein, daß sie weder seine Frau noch seine Tochter war, einfach seine Geliebte, die Intimität zwischen ihnen war klar und offensichtlich gewesen, und ich ging nach Hause, sah unterwegs, je näher ich kam, wie die Häuser immer älter und grauer wurden, während mir die Menschen immer jünger vorkamen, junge Mütter, die an einer Hand ein jammerndes Kleinkind hinter sich herzogen und mit der anderen einen Kinderwagen schoben, und ich dachte an seine Kinderlosigkeit, dachte so intensiv an sie, daß ich sie förmlich als eigene Existenz empfand, da war er, und da war seine Kinderlosigkeit, hohl und gewölbt wie der Mond, der um so hohler wird, je voller er wird, ich lachte ihn an, ich verspottete ihn, was war sein großartiges Glied in der schwarzen Unterhose wert, wenn es nicht in der Lage war, die Aufgabe zu erfüllen, für die es bestimmt war, und zu Hause ging ich sofort ins Bett, als wäre ich krank, aber auch dort beruhigte ich mich nicht, das Gefühl eines schweren Verlustes verdeckte die kleinen Fenster wie Vorhänge, ich starrte sie an und sagte mir, warte, warte, wußte aber nicht, worauf, auf die nächste Sprechstunde? Darauf, daß die Wäsche, die ich am Morgen aufgehängt hatte, getrocknet sein würde? Daß es ein bißchen kühler wird? Auf den kürzesten Tag? Auf den längsten Tag? Und als ich nicht mehr warten konnte, nahm ich das Telefon und wählte die Zahlen, die in meinem Kopf herumschwirrten.
    Ich gab schon fast auf, fiel beinahe zurück auf das Bett, als er antwortete, nach mindestens zehnmal Läuten, ein seltsames kokettes Hallo, mit Pariser Akzent, seine Stimme war tief und dumpf, und ich fragte, habe ich dich geweckt? Und er sagte, nein, und atmete schwer, als hätte ich ihn bei etwas anderem gestört, und ich biß mir auf die Zunge und sagte, ich bin’s, Ja’ara, und er sagte, ich weiß, und schwieg. Ich wollte dir nur sagen, daß ich meinem Vater ausgerichtet habe, was du wolltest, stotterte ich, und er sagte, schön, danke, und schwieg wieder, und ich wußte nicht, was ich noch sagen könnte, ich wollte nur nicht, daß er auflegt, deshalb sagte ich schnell, leg nicht auf, und er fragte, warum nicht, und ich sagte, ich weiß es nicht, und er fragte, was willst du, und ich sagte, dich sehen, und er fragte

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