Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
wie er mit seinem Jungen umgeht, er ist ein wunderbarer Vater.
Er ist ein wunderbarer Vater für seine eigenen Kinder, nicht für deine, das ist der große Unterschied, sagt sie, trinkt schnell Amnons Kaffee aus und verzieht den Mund, hör zu, Ella, im Gegensatz zu Amnon möchte ich sehr wohl, dass es mit euch klappt, aber ihr müsst es langsam angehen, warum lasst ihr euch nicht von einem Fachmann beraten, und ich sage, er ist selbst ein Fachmann, er ist Psychiater, und ich bin sicher, dass er gründlich darüber nachgedacht hat, und sie sagt, es beruhigt mich überhaupt nicht, dass er Psychiater ist, im privaten Leben sind sie wie alle anderen Menschen und sogar noch schlimmer, weil sie so sicher sind, alles zu wissen, verlass dich nicht auf ihn, Ella, denk nach, denke daran, was es für Gili bedeutet, plötzlich zwei Stiefgeschwister zu bekommen, und ich sage, aber Gili ist der beste Freund seines Sohnes, so haben wir uns überhaupt kennen gelernt, na und, sagt sie, Gili war der beste Freund von Jo’av, glaubst du etwa, es wäre leicht für die beiden, wenn ich morgen mit Amnon zusammenziehen würde? Bestimmt nicht.
Ach, jetzt verstehe ich, du hast dich in Amnon verliebt, sage ich kichernd, und sie steht schnell auf, ich muss los, pass auf dich auf, sie küsst mich, ihre langen schwarzen Haare fallen über meine Wange, wir müssen das Gespräch fortsetzen, vielleicht kommst du am Nachmittag mit Gili zu mir, du hast mich schon ein halbes Jahr nicht mehr besucht, und ich sage, ein andermal, heute wollen wir uns mit den Kindern treffen, wir versuchen, Liebe zu inszenieren, und wieder verzieht sie den Mund, Liebe inszenieren? Das hört sich nicht gut an, Ella, du machst mir Sorgen, versprich mir, dass du über meine Worte nachdenkst.
Unsere Aufgabe ist es, Liebe zu inszenieren, erzähle ich dem leer gewordenen Stuhl mir gegenüber, eine allmähliche, natürliche, familiäre Liebe. Wir haben kein großes Publikum, alles in allem drei Personen, alle sind klein, jung an Jahren, sie sind voll Zuneigung und zugleich feindselig, gedankenlos, aber auch sehr konzentriert, zutraulich und misstrauisch, ruhig und verängstigt, junge Augen entdecken jeden Betrug, jede Disharmonie, heimliche Blicke, aufgesetztes Bemühen, und im Gegensatz zu einem normalen Publikum sind sie angespannt wie Soldaten vor dem Kampf, denn das Schauspiel, das wir ihnen heute Nachmittag vorspielen, ist die Geschichte ihres eigenen Lebens, die Geschichte ihrer durcheinander gewirbelten Kindheit.
Da sitzen sie sich gegenüber auf der Wippe im Schulhof, steigen und sinken wie Pendel, begleiten jede Bewegung mit freudigem Geschrei, die kalten Sonnenstrahlen tanzen über ihre Jacken, deren Ärmel schlammverschmiert sind, über ihre Wangen, die eine seltsame bläuliche Rötung zeigen, als wären sie geschminkt. Mama, noch nicht, schreit Gili, lass uns noch ein bisschen wippen, und Jotam ruft als Echo, noch nicht, noch ein bisschen, und mein Herz öffnet sich weit, als wären sie beide meine Kinder, Zwillinge, von mir geboren, und mit einer zu aufgeregten Stimme, als hätte ich noch nie ein fremdes Kind von der Schule abgeholt, verkünde ich, Jotam, du kommst mit uns, dein Papa hat mich gebeten, dich heute abzuholen, und schon trifft mich Gilis Blick, während er die Beine streckt, um Schwung zu holen, und mir ist klar, dass ihm der begeisterte Ton meiner Stimme nicht entgangen ist, ihm, dem jedes Detail auffällt. Wirklich, fragt Jotam erstaunt, meine Mama hat heute Morgen nichts davon gesagt, und ich beruhige ihn, mach dir keine Sorgen, dein Papa hat mich gerade angerufen und mich gebeten, dich abzuholen, er kommt nachher, wenn er Maja vom Ballett abgeholt hat, so hat er es gesagt, beeile ich mich hinzuzufügen, um zu erklären, warum ich so genau über Odeds Tagesablauf informiert bin.
Wie ein Körper springen sie gleichzeitig von der Wippe, nehmen ihre Ranzen, die sie auf den Boden geworfen haben, und wir gehen durch die lauten, stickigen Korridore, ich nehme Jotam mit, verkünde ich der Lehrerin, und sie streicht über ihre Köpfe, schön, sagt sie, sie sind die besten Freunde, diese beiden, wirklich wie Brüder.
Auf dem Heimweg gehe ich nah hinter ihnen, versuche, ihrem Gespräch zu lauschen, sie gehen dicht nebeneinander, zeigen sich gegenseitig zerknitterte Sammelkarten, die sie aus ihren Jackentaschen ziehen, die ist am meisten wert, woher hast du sie, die habe ich doppelt, vielleicht tauschen wir, sie zwitschern wie kleine unschuldige Vögel,
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