Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
eine neue Familie wird für euch geschaffen, und ihr wisst es noch nicht, Zweige und Blätter und Fäden und Stoffstreifen werden um euch herum gesammelt, fesseln euch aneinander, und bevor ihr es überhaupt merkt, seid ihr gefangen. Ich habe noch sechs Päckchen gekauft, erzähle ich Gili, drei für jeden, und er verkündet, hast du gehört, sie hat uns Sammelkarten gekauft, und sofort will er wissen, hast du sie gekauft, bevor Jotams Papa angerufen hat oder danach, um zu überprüfen, ob nicht alle sechs Päckchen eigentlich für ihn allein bestimmt waren, und ich sage, natürlich danach, und er bleibt einen Moment stehen, nachdenklich, als würde er an meinen Worten zweifeln, reibt die Karten in den Händen, dann sagt er zu Jotam, ich kenne deinen Papa gar nicht, in einem leicht tadelnden Ton, und Jotam wehrt sich sofort, er kommt fast nie zur Schule, weil er so viel arbeitet, ich sehe ihn auch nicht oft, gibt er zu, aber jetzt werde ich ihn öfter sehen, weil er in eine neue Wohnung gezogen ist und wir die halbe Zeit bei ihm wohnen werden.
Was soll das heißen, die halbe Zeit, frage ich mich und versuche schweigend, die Neuigkeit zu verdauen, höre, wie Gili schnell sagt, auch ich bin die halbe Zeit bei meinem Vater, stimmt’s, Mama? Sie haben etwas gefunden, womit sie angeben können, die armselige Errungenschaft von Scheidungskindern, und ich sage, ja, ungefähr, vermeide, ihm zu widersprechen, aber die Nachricht von der neuen Regelung, die zufällig an mein Ohr gedrungen ist, beschäftigt mich viel mehr, die halbe Zeit? Und was ist mit unserer Zeit? Und zum ersten Mal versuche ich, mir unseren Alltag vorzustellen, wird er weniger arbeiten, um mit seinen Kindern zusammen zu sein, oder verlässt er sich auf meine Hilfe, werden wir die halbe Zeit mit allen drei Kindern zusammen sein, oder werden wir sie trennen, die eine Hälfte mit seinen, die andere Hälfte mit meinem, und nie allein, und ich höre Taljas Stimme, das ist viel komplizierter, als du denkst, aber ich bringe sie schnell zum Schweigen, was bedeutet das schon, was der Junge gesagt hat, schließlich ist nicht er es, der die Zeit festlegt, und selbst wenn es Probleme geben sollte, werden wir sie mit der Kraft unserer Liebe überwinden, und als ich an unsere Liebe denke, an dieses neue, überraschende Wir, scheint eine warme, wohltuende Sonne durch die Kammern meines Herzens zu strömen, das abgedunkelt ist wie das Zimmer eines Kranken, warum soll ich mich mit Details aufhalten, wenn ich ihn so sehr begehre, dass ich eigentlich keine Wahl habe?
Zieht draußen eure Schuhe aus, damit ihr den Dreck nicht in die Wohnung bringt, sage ich zu ihnen, als wir die Treppe hinaufsteigen, und merke wieder, wie angenehm es ist, im Plural zu sprechen, und Gili, der als Erster eintritt, stellt fest, du hast aufgeräumt, Mama, für wen? Und ich umarme ihn und sage, für euch, damit ihr es schön habt, und obwohl er nicht beruhigt ist, gibt er nach, stürmt sofort zu den neu gekauften Kartenpäckchen, gibt Jotam drei, mit demonstrativer Höflichkeit, und schon fangen sie an zu vergleichen und zu tauschen, und ich gehe ins Schlafzimmer, überlege, was ich anziehen soll, etwas Bequemes, Häusliches, das mir schmeichelt, aber nicht zu schlampig aussieht, und schließlich wähle ich den roten Pullover und ausgeblichene Jeans, doch ich bin immer noch nicht zufrieden, soll ich die Haare zusammenbinden oder offen lassen, ich glaube, ich habe mich noch nie so gründlich auf eine Verabredung mit ihm vorbereitet, schließlich waren die meisten unserer Treffen zufällig, und diesmal ist alles geplant, soll ich mich noch einmal schminken oder mich mit den Resten des Morgens begnügen, und als ich versuche, meine Haare mit einem roten Samtband zusammenzubinden, bereue ich es sofort, ich frage mich, für wen all diese Vorbereitungen wirklich bestimmt sind, für den Mann, der mich schon schlafend und nackt gesehen hat, oder für seine schöne zehnjährige Tochter, ist sie es, die ich mit meiner Erscheinung beeindrucken möchte?
Wieder und wieder schlagen sie mit ihren kleinen Händen auf den Teppich, das gehört wohl zu ihrem Zeremoniell beim Bildertauschen, und vielleicht überhöre ich deshalb das Klingeln, und während ich noch auf dem Sofa liege, knarrt schon die Tür, und sie kommen herein, der Vater und seine Tochter, Arm in Arm, und sofort bereue ich, dass ich die Haare nicht zusammengebunden habe, denn ihre blonden Haare sind zu einem vollendeten Knoten gebunden, der ihr
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