Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
sage, wieso einen neuen Vater, du bist sein Vater und niemand wird mit dir konkurrieren, wenn es das ist, was du befürchtest, dann brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen, und er wischt sich mit der Hand den Schweiß aus dem Gesicht, die ganze Geschichte stört mich, wie würdest du dich fühlen, wenn ich dich zum Frühstück eingeladen hätte und du sicher gewesen wärst, ich würde dir vorschlagen, zu mir zurückzukommen, und ich dir stattdessen sage, ich habe eine Neue und ich werde mit ihr zusammenziehen, würde dich das etwa nicht stören?
Ich habe genug von deinen Manipulationen, flüstere ich, denn zwei alte Frauen haben sich an den Nebentisch gesetzt und schauen neugierig zu uns herüber, du hattest keinen Grund, anzunehmen, dass ich zurückwill, ich bin sicher, dass du bis vor fünf Minuten auch gar nicht auf die Idee gekommen bist, du willst es mir nur schwer machen, aber das wird dir nicht gelingen, ich bin mir mit dieser Beziehung so sicher, dass sogar du es nicht schaffst, mich zu verunsichern, und er fragt, wirklich, geht es so weit, hast du endlich den vollkommenen Mann gefunden, einen fehlerfreien Mann? Ich hoffe für ihn, dass es so ist, denn er weiß noch nicht, was ihn erwartet, wenn du herausfindest, dass du dich geirrt hast, er wird dich nicht mehr wiedererkennen, auch ich war einmal ein vollkommener Mann für dich, auch ich hatte ein paar Monate der Gnade, bis du angefangen hast, mein Leben zu zerstören, du bist nicht anders als dein Vater, mach dir da keine Illusionen, du kannst nicht lieben, deine Liebe ist eine Pflanze, die nur einmal kurz aufblüht, und selbst das nur mit Mühe.
Ein scharfer Sonnenstrahl wandert über unseren Tisch, zwischen den Tassen hindurch, der Kaffee ist kalt geworden, und die Sonne streift sein Gesicht wie mit den Fingern eines Blinden, tanzt nervös von Auge zu Auge, von Wange zu Wange, und ich frage mich, hast du diese Haut geliebt, willst du dieses Auge zeit deines Lebens sehen, Tag für Tag, sie läßt die Fremdheit aufleuchten, die plötzlich zwischen uns entstanden ist, nach Jahren der Nähe, ist das mein Mann, es scheint, als hätte ich eine Grenze überschritten, und von meinem neuen Standpunkt aus ist er fremd und abstoßend, meine Ohren, die sich an die gemessene Redeweise Odeds gewöhnt haben, sind irritiert von diesen groben Ausbrüchen, geschützt hinter den Sandsäcken meines neuen Lebens, betrachte ich ihn vorsichtig durch die Ritzen, wie einen Feind, der sich schon ergeben hat, aber er ist noch immer gefährlich, noch immer kann mich eine letzte, verirrte Kugel treffen.
Ich bin nicht bereit, dir länger zuzuhören, Amnon, ich habe dich nicht gebeten, auf mich zu warten, ich habe gedacht, wir haben alles hinter uns, versuche, dich zu beruhigen, wir müssen vernünftig miteinander umgehen, Gili zuliebe, und er brüllt laut, Gili zuliebe, Gili zuliebe, das ist doch die reinste Heuchelei, Gili ist dir so wichtig, dass du seine Familie zerstörst, und das reicht dir dann noch nicht mal, du ziehst auch noch um und setzt ihm einen neuen Mann vor die Nase, mit dem er sich messen muss, und das alles mit einer solchen Geschwindigkeit, dass du nur ja keine Zeit hast, es zu bereuen, kapierst du überhaupt, was du tust, manchmal glaube ich, du bist einfach nicht normal, du brauchst dringend einen Psychiater, sage ich dir, und bevor ich ihm mitteilen kann, dass ich jetzt einen Psychiater habe, dass er sich also beruhigen kann, steht er plötzlich auf, stößt seinen Stuhl zurück und schreit, weißt du was, lass mich in Ruhe mit dem ganzen Durcheinander, das du veranstaltest, schau selbst, wie du zurechtkommst, von mir hast du keine Hilfe mehr zu erwarten, nicht mit Gili und nicht mit dem Rabbinat und mit überhaupt nichts, soll dir doch dein neuer Freund helfen, und schon stürzt er davon, zitternd, begegnet unterwegs der Kellnerin, die das Frühstück an unseren Tisch bringt.
Nervös beobachte ich ihre Bewegungen, wie sie sorgfältig den Tisch für zwei Personen deckt, vor den leeren Stuhl das duftende Spiegelei stellt, ein Glas mit frisch gepresstem Orangensaft, und das Besteck auf die gefaltete Serviette legt, als verspräche die präzise Ordnung seine Rückkehr, und auch ich setze ein abwartendes Gesicht auf, trinke nervös von dem kalt gewordenen Kaffee, während ich aus dem Fenster schaue, ein schwerer Schatten hat sich über den Glanz des neuen Lebens gesenkt, ein Wurm ist im Apfel, Ameisen auf dem Kuchen, und ich versuche, mich zu
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