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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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Porzellangesicht älter und erwachsener aussehen lässt, sie schaut mich mit offenem Verdruss an.
    Guten Tag allerseits, sagt er feierlich, seine tiefe Stimme hört sich plötzlich ein wenig spöttisch an, aufgesetzt, und ich springe auf, ihnen entgegen, guten Tag, wie schön, dass ihr gekommen seid, sage ich, als handelte es sich um eine Überraschung, und wir beide würden bestimmt lachen, wenn wir nicht so angespannt wären, fast verzweifelt, und er versucht ganz beiläufig zu fragen, kennst du Maja? Aus irgendeinem Grund deutet er auf sie, und ich winke ihr zu, obwohl sie neben mir steht, hi, Maja, ich bin Ella, sage ich, und sie unterbricht die gezwungene Feierlichkeit rüde, ich weiß, sagt sie, ich habe dich schon einmal im Café gesehen, und ich sage schnell, gebt mir eure Mäntel, und er versucht, seinen Mantel auszuziehen, aber die Hand, die seinen Arm festhält, macht das unmöglich. Papa, ich will nach Hause, sagt sie, ich habe Hausaufgaben auf, und er sagt, komm, bleiben wir ein bisschen hier, meine Süße, danach kannst du Hausaufgaben machen, ich bin sicher, dass Jotam noch nicht weggehen will, und erst da schaut sich Jotam nach ihnen um, lässt die Sammelkarten fallen und stürzt sich auf seinen Vater, Papa, schreit er, als hätten sie sich seit Wochen nicht gesehen, Gilis Mama hat mir Karten gekauft, und Oded ruft, wie schön, herzlichen Glückwunsch, als handelte es sich um ein riesiges, unerwartetes Geschenk, während er immer noch versucht, den Mantel auszuziehen, dazu schüttelt er ihre Hand ab, die schmale, zarte Hand, die sich gekränkt zurückzieht, und ich registriere einen ersten kleinen Sieg für mich, nehme ihm schnell den Mantel ab und hänge ihn so sorgfältig auf einen Bügel im Garderobenschrank, als würde er ihn in absehbarer Zeit nicht mehr brauchen.
    Gib mir auch deinen, es wird dir sonst zu heiß, sage ich zu ihr, und sie zieht mit einem lauten Seufzer ihren Mantel aus, so dass ihr prachtvolles hellblaues Tanzkostüm zu sehen ist, ein glänzender Body und darüber ein langärmliges Ballettkleid, das ihren schmalen Körper eng umschließt, was für ein tolles Kostüm, schmeichle ich ihr, und sie lächelt ein wenig hochmütig, Papa hat es mir aus Amerika mitgebracht. Wirklich, frage ich und betrachte ihn anerkennend, was für ein Vergnügen ist es doch, ein Mädchen zu haben, dem es nicht, wie den Jungen, egal ist, was es anhat, spotte ich, versuche, eine Art weiblicher Solidarität herzustellen, dazu ziehe ich Gili an mich, der auch aufgestanden ist und sich neben mich gestellt hat, seine Augen verfolgen misstrauisch das Geschehen, mein kleiner Sohn und ich stehen am Eingang unserer Wohnung, und vor uns Oded und seine kleinen Kinder, wie zwei Lager, deren Streitkräfte sich schweigend beäugen.
    Habt ihr Hunger, frage ich schnell, es gibt Schokoladenkuchen, es gibt Gemüsesuppe, und wir könnten auch Pizza bestellen, und zu meiner Freude schreien die beiden Jungen begeistert, Pizza, und für einen Moment verwischt sich die Frontlinie, und ich bemühe mich, die Bestellung voranzutreiben, was wollt ihr auf die Pizza, frage ich, Oliven, Pilze, was magst du am liebsten, Maja, und sie antwortet kühl, ich habe keinen Hunger. Sie mag Pizza mit Mais, sagt Oded, und ich frage, und du, etwas verlegen, kennen wir uns überhaupt, den Geschmack deiner Haut kenne ich, aber nicht deinen Geschmack bei Pizza, und er sagt, mir ist es egal, und Gili schreit, ich mit Oliven, als hätte er Angst, ich könnte ausgerechnet seine Vorlieben vergessen, und Jotam schreit hinterher, ich mit Pilzen. Dann nehme ich vielleicht auch Pilze, damit ich nicht neidisch werde, sagt Gili zögernd, in seiner Sicherheit erschüttert, und ich frage erstaunt, warum solltest du neidisch werden, wenn du etwas anderes lieber isst? Und er murmelt, hör auf, Mama, sag mir nicht, was ich fühlen soll, und plötzlich werden seine Augen feucht, und er jammert, ich weiß nicht, welche Pizza ich bestellen soll.
    Du bestellst, was du magst, Oliven, entscheide ich, aber er kämpft mit sich, ich werde neidisch auf Jotam sein, ich möchte, dass Jotam auch Oliven nimmt, und ich seufze, gibt es auf der Welt eine kompliziertere Aufgabe, als Pizza für fünf Personen zu bestellen, die versuchen, zu einer Familie zu werden? Wo liegt das Problem, Gili, schimpfe ich, es kann dir doch egal sein, was er isst, und er klammert sich an mich, bricht in Tränen aus, es ist mir aber nicht egal, Rotz läuft aus seiner Nase, Tränen ziehen sichtbare

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