Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
bei dieser Aussage, doch das Erstaunliche an ihr ist, dass sie so einfach und zutreffend ist, warum ist es mir nicht eingefallen, Talja zu korrigieren, sie auf ihren Fehler hinzuweisen, wir sind keine Familie, was sind wir dann, und er steht hilflos vor seiner Tochter, zum ersten Mal fällt mir eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihnen auf, obwohl sie so viel heller ist als er und ihre Gesichtszüge weicher sind als seine. Es gibt alle möglichen Formen von Familien, Maja, versucht er sie zu beschwichtigen, jetzt, da wir zusammenwohnen, sind wir so etwas wie eine Familie, und sie giftet, wozu wohnen wir überhaupt zusammen, es ist uns besser gegangen ohne sie, und schon mischt sich ihr Bruder ein, Papa, ich will auch einen Fernseher in meinem Zimmer, er wirft sich in die Arme seines Vaters, das ist nicht gerecht, dass nur Gili einen bekommt, und Oded seufzt, was ist heute bloß mit euch los? Da gehe ich nur für ein paar Stunden aus dem Haus, und schon dreht ihr durch, sein tadelnder Blick wandert zu mir, als hätte ich meinen Auftrag nicht gut ausgeführt, und dabei ist es doch gerade seine Anwesenheit, die unsere Ruhe gestört hat.
Mama, du hast es versprochen, du hast mir einen Fernseher für mein Zimmer versprochen, ruft Gili und drückt sich an mich, und Maja schreit, dann will ich auch einen, warum soll nur er einen haben? Jotam stimmt sofort ein, und ich will auch eine Ritterburg, warum hat er ein Geschenk für sein neues Zimmer bekommen und wir nicht? Gili weint schon bitterlich, ich habe ihn mit meiner Ritterburg spielen lassen, aber er lässt mich nicht mit seinen Sachen spielen, und ich betrachte die drei offenen, weit aufgerissenen Münder, die Worte fallen aus ihnen heraus, dickflüssig wie verdorbenes Essen, jeder erbricht sich in die Familienschüssel, und wir sitzen hilflos drum herum, und als ich Oded anschaue, auf einen teilnahmsvollen Blick hoffend, weicht er aus und presst die Lippen zusammen, und ich höre mich sagen, komm, Gili, gehen wir hier weg.
Wohin, schreit er, es scheint ihm schwer zu fallen, sich von der lärmenden Gruppe zu trennen, und ich ziehe ihn gegen seinen Willen mit, vergesse, den Mantel zu nehmen, blind vor Enttäuschung, und wir stürzen hinaus in die Dunkelheit, die Gasse der Bußgebete erstreckt sich schmal und zerbrechlich vor uns, was soll ich ihm jetzt sagen, wohin soll ich ihn bringen? Ich habe ihn mit all meinen Spielsachen spielen lassen, jammert er, und als ich mit seinen spielen wollte, hat er mich nicht gelassen, und ich nehme ihn an der Hand, der Geruch nach familiärem Abendessen dringt aus jeder Wohnung, aus jedem Fenster, und ich schlage vor, komm, gehen wir etwas essen, du hast kein Mittagessen gehabt, willst du eine Pizza? Nehmen wir sie mit nach Hause, fragt er, und ich sage, nein, wir essen sie in der Pizzeria, und er sagt, aber es macht mehr Spaß, sie zu Hause zu essen, und ich wage nicht zu fragen, welchen Ort er mit zu Hause meint, vielleicht die Wohnung, aus der wir gerade geflohen sind, verstoßen und unerwünscht.
Schau nur, wie warm und angenehm es hier ist, sage ich und setze mich seufzend auf einen hohen Barhocker, dann helfe ich ihm auf den Hocker daneben, und er sitzt da wie ein Zwerg auf Stelzen, und als ich versuche, die allereinfachsten Worte auszusprechen, eine Pizza mit Oliven, merke ich, dass ich sie nicht herausbringe, denn aus meinen Augen strömen plötzlich Tränen, unaufhörlich und unaufhaltsam, und ich greife mir eine Papierserviette und deute mit einem Finger auf die gewünschte Pizza, und Gili schaut mich besorgt an, Mama, nicht weinen, bettelt er, dann will ich eben doch keinen Fernseher, ist doch egal, dass du ihn mir versprochen hast, ich brauche keinen Fernseher in meinem Zimmer, und ich umarme ihn, während meine Verzweiflung durch seinen erwachsenen, rücksichtsvollen Verzicht nur noch größer wird, und sage, ich weine nicht deshalb, mein Schatz.
Warum weinst du denn dann, fragt er, und ich gebe zum ersten Mal zu, weil ich Schwierigkeiten habe, und er schweigt, betrachtet die Pizza, die ihm serviert wird, Mama, ich will zu Hause essen, mit den anderen, sagt er schließlich ernst, als wäre dies seine wohlerwogene Antwort auf mein Bekenntnis, los, kaufen wir eine große Pizza und bringen sie ihnen mit, und ich betrachte ihn erstaunt angesichts dieses plötzlichen Gemeinschaftsgefühls, das innerhalb eines Tages in ihm gewachsen ist, viel schneller als bei mir. Bist du sicher, frage ich, vielleicht essen wir doch lieber
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