Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
schwere Entscheidungen habe ich in den letzten Monaten getroffen, und jetzt fehlt mir selbst bei diesen alltäglichen Angelegenheiten der Mut.
Ich bleibe hier, sage ich schließlich, als er im Kühlschrank den Proviant für unterwegs zusammensucht, alles, was ich voller Euphorie für unser Wochenende gekauft habe, Wein und Käse, frisches Roggenbrot, Äpfel und Bananen, Zimtkuchen, und er presst die Kiefer zusammen, wie du willst, sagt er mit verschlossenem Gesicht und fügt hinzu, ich habe meine Lektion schon gelernt, ich werde dich nie mehr zu etwas zwingen, dann kannst du mir hinterher auch nichts vorwerfen. Schnell stopft er die Lebensmittel in Tüten, leert den Kühlschrank, als hätten sie eine lange Fahrt vor sich, beeilt euch, treibt er seine Kinder an, während er sich den Mantel anzieht, schaut nach, ob ihr nichts vergessen habt, und sie stellen sich neben ihn, winken mir spöttisch zum Abschied zu, als wären sie schon weit entfernt, doch als sie draußen sind, springen sie leichtfüßig die Stufen hinunter, die Rucksäcke über den Schultern, wie unwiderstehlich ist der Anblick einer Familie, die etwas vorhat, wechselnde Landschaften, die am Fenster vorbeiziehen, gemeinsame Pläne, Abenteuer. Was wirst du hier allein tun, zwei ganze Tage, dafür bist du doch nicht zu ihm gezogen, warum versuchst du nicht, dich einzufügen, flexibel zu sein, ihm zu beweisen, dass du bei ihm bist, trotz der Probleme, dass du seine Freunde kennen lernen und ihm mit den Kindern helfen willst, vielleicht ist gerade das die Chance, ihnen näher zu kommen, wenn Gili nicht dabei ist und dich daran hindert, sie so zu sehen, wie sie sind, schließlich sind sie doch nicht schuld, er vielleicht auch nicht, was hätte er überhaupt tun sollen, er sorgt sich genauso um seine Kinder wie du dich um deines, und ich schreie ihnen nach, wartet, ich komme mit.
Unwille zeigt sich auf Majas Gesicht, als sie sich mir zuwendet, aber sie sagt nichts, sie klammert sich an die Hand ihres Vaters, der mir zuruft, dann beeil dich, Ella, ich möchte nicht in einen Stau geraten, und Jotam fragt begeistert, kommt Gili dann auch mit? Nein, sage ich, leider kommt er nicht mit, er ist bei seinem Vater, ich betone diese Worte, als wollte ich sagen, merkt es euch, Kinder, die Wochenenden werden zwischen den Eltern aufgeteilt, auch ihr solltet jetzt bei eurer Mutter sein.
Sei leicht und entspannt, sage ich mir, während ich hastig meine Sachen packe, sonst werde ich ihn verlieren, wie distanziert sein Blick war, und sei natürlich und geduldig den Kindern gegenüber, und sei zugleich auch voller Weiblichkeit und angedeuteter Sinnlichkeit, Anmut und Glanz und Lebensfreude, ich muss ihm beweisen, dass er sich nicht in mir getäuscht hat. Vermutlich habe ich ihn in der letzten Zeit erschreckt, und ich sehne mich so sehr danach, die ganze Schuld auf mich zu laden, zu glauben, dass alles an mir hängt, ich muss mich nur beruhigen, dann wird alles wieder so, wie es früher war, ich packe diese lebenswichtigen Beschlüsse zwischen meine wenigen Kleidungsstücke, und einen Moment lang kommt mir alles so einfach vor, Hauptsache, er ist bei mir, die Kinder werden sich auf dem Rücksitz selbst beschäftigen, und ich werde neben ihm sitzen, die Hand auf seinem Bein, und wer uns von der Seite sieht, aus dem Fenster eines vorbeifahrenden Autos, wird uns bestimmt für eine Familie halten, denn so sieht eine Familie aus, eine Mutter, ein Vater und zwei Kinder, keiner wird auf die Idee kommen, dass mein Sohn anderswo ist und dass diese beiden Kinder gar nicht meine sind, dass ich sie gar nicht will, so wie sie mich nicht wollen, und vielleicht täuscht auch mich dieses verlockende Bild, vielleicht glaube ich selbst daran, und bis wir das Haus seiner Freunde erreichen, werden wir eine richtige Familie sein, die sich nicht ständig von neuem in Frage stellt.
Aber du hast versprochen, dass ich vorn sitzen darf, protestiert Maja mit fordernder Stimme, als ich die Vordertür öffne, und er antwortet sanft, weil ich nicht gewusst habe, dass Ella mit uns kommt, das ist ihr Platz, aber natürlich bin ich wegen seiner verständnisvollen Reaktion schon eingeschnappt und biete mit gespielter Gleichgültigkeit an, kein Problem, dann sitze ich eben hinten, es ist besser, ein Opfer zu sein als eine Täterin, es ist besser, hinten zu sitzen als neben ihm und ihre stechenden Blicke im Rücken zu spüren, und er vergewissert sich müde, wirklich, bist du sicher? Ich mache mir nicht die
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