Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Mühe zu antworten, ich setze mich auf den Rücksitz, neben Jotam. Vielleicht könnt ihr unterwegs tauschen, schlägt er vor, und ich schweige düster und überlasse es ihr, seinen Vorschlag zurückzuweisen, aber du hast es versprochen, Papa, du hast es mir für die ganze Fahrt versprochen, sie täuscht ein Weinen vor, und meine Beschlüsse fliegen bereits auf starken Flügeln durch das Fenster davon, wie Vögel, die der Knall einer Explosion aufgescheucht hat, schau nur, werde ich zu ihm sagen, wenn ich endlich die Gelegenheit habe, allein mit ihm zu sprechen, merkst du nicht, welche anormalen Verhältnisse du da schaffst, ein zehnjähriges Mädchen sitzt vorn und eine sechsunddreißigjährige Frau hinten? Merkst du nicht, was für eine Botschaft du ihr vermittelst, du ermunterst sie, mit mir zu rivalisieren, statt ihr Grenzen zu setzen, die sie beruhigen und solche Auseinandersetzungen in Zukunft verhindern würden.
Maja dreht sich zu mir um, ihr Porzellangesicht strahlt triumphierend, kennst du Orna und Dani überhaupt, fragt sie und nimmt damit auch die Gastgeber für sich in Beschlag, und ich gebe zu, nein, aber ich werde sie ja gleich kennen lernen, und sie sagt, ich war schon ganz oft dort, genüsslich demonstriert sie ihre Überlegenheit, und Jotam ruft sofort, ich auch, und sie erwidert schnell, aber ich viel öfter, ich bin schon mit Papa und Mama hingefahren, bevor du auf der Welt warst, stimmt’s, Papa? Und Oded bestätigt gehorsam, stimmt, aber was spielt das für eine Rolle, das ist kein Wettbewerb, Orna und Dani haben euch beide gern. Mama auch, fügt Maja hinzu, und er bestätigt wieder, ja, stimmt, Mama auch, und sie fragt im Ton eines verwöhnten Kindes, warum kommt sie dann nicht mit uns? Ich bin daran gewöhnt, dass Mama mit uns zu Orna und Dani fährt, und er sagt, ich bin sicher, dass Mama irgendwann mit euch hinfährt, aber ohne mich, Eltern, die sich getrennt haben, fahren am Wochenende nicht mehr zusammen weg, und ich presse die Lippen zusammen, eine bedrückende Stimmung breitet sich im Auto aus, und ich versuche, mich zu erinnern, was er über die Gastgeber erzählt hat, einmal hat er sich beklagt, dass alle gemeinsamen Freunde ihn schneiden, seit er Michal verlassen hat, und er hat ganz nebenbei einige Namen genannt, aber das kam mir damals nebensächlich vor, ein Tropfen Trauer im Meer unserer Liebe. Warum hat er mir überhaupt angeboten, mitzufahren, vielleicht nur aus Höflichkeit, in der Hoffnung, dass ich ablehne, und ich war dumm genug, zuzustimmen und ihnen allen zur Last zu fallen, nur für Jotam bin ich wenig von Nutzen, seine Augen fallen ihm zu, sein Kopf lehnt sich an mich, ganz zufällig, eine Nähe, die nur im Schlaf entsteht, und einen Moment lang bin ich bereit, mich sogar mit dieser bescheidenen Nützlichkeit zufrieden zu geben, doch dieser Kinderkopf an meiner Schulter betont plötzlich das Fehlen meines eigenen Sohnes, vergrößert die Schwere des Betrugs, der darin besteht, dass ich diese Fahrt ohne ihn unternehme, ich darf mich nicht einfach anderen Kindern hingeben, meine Schulter ist nur für diesen einen geliebten Kopf bestimmt. Viele, viele Male haben wir so gesessen, auf dem Rücksitz, dicht aneinander geschmiegt, während Amnon fuhr, und ich legte den Arm um seine Schulter, betrachtete mit unendlicher Bewunderung das zarte Gesicht, die schmale Nase, die fast unsichtbaren Sommersprossen auf seinen Wangen, den besonderen Glanz seiner Augen, den Schwung seiner Lippen, die Wellen seiner dichten braunen Haare, und jetzt schiele ich zornig zu dem breiten geöffneten Mund, aus dem etwas Spucke auf mein Jackett rinnt, den aufgesprungenen Lippen, und meine Schulter beginnt zu jucken, ich rutsche unbehaglich auf meinem Platz herum.
Vor mir, auf dem Beifahrersitz, plappert die Kleine unaufhörlich, jeden Satz fängt sie mit Papa an, Papa, stimmt’s, dass Orna und Dani sich freuen, wenn wir sie besuchen, Papa, stimmt’s, dass wir mit ihren Kaninchen spielen dürfen, wie beim letzten Mal, Papa, erinnerst du dich noch, wie Dani uns einmal mit seinem Jeep auf einen Ausflug mitgenommen hat und Mama die ganze Zeit Angst hatte, dass wir umkippen, Papa, wie alt war ich damals? Und er hört ihr aufmerksam zu, antwortet freundlich, nur ja keine Spur von Ungeduld. Macht ihm dieses Geschwätz wirklich Spaß, warum bringt er sie nicht mal für einen Moment zum Schweigen und wendet sich mir zu, das Jucken in meiner Schulter wird immer schlimmer, als wäre ich mit einem Tier in
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