Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
Kerzenleuchter, der seinen warmen Lichtschein auf die aus edlem Kristallglas und Meißener Porzellan bestehenden Gedecke warf.
Über dem offenen Kamin hing das riesige Porträt eines verdienten hanseatischen Kaufmanns, der schon länger tot war als er jemals gelebt hatte und eine für seine Zeit typische ungraziöse, steife Haltung einnahm.
Paul Cornelius hatte gemeinsam mit seiner Tochter Kitty die Gäste am Eingang zu den Räumen des Ratskellers, in denen man feiern würde, persönlich empfangen. Es gab nicht den geringsten Zweifel an der Freude dieses Mannes angesichts der Gästeschar, die an ihm vorbei defilierte. Kitty dagegen wirkte beinahe teilnahmslos, irgendwie apathisch, rang sich nur hin und wieder zu einem matten Lächeln durch.
Dennoch sah sie hinreißend aus in ihrem Gewand aus reiner grüner Seide, das sie sich raffiniert über die linke Schulter geworfen und dort mit einer silbernen Spange zusammengerafft hatte. Ihr rechter Arm blieb nackt, wenn man einmal von dem breiten goldenen, mit schillernden Saphiren besetzten Armband absah, das an ihrem rechten Handgelenk glänzte.
Zu schwarzen Netzstrümpfen trug sie schwarze Schuhe mit sehr hohen Absätzen, auf denen sie sich etwas unsicher bewegte. Wer sie kannte, konnte nicht umhin, festzustellen, dass sie stark an Gewicht und damit auch an Energie, vor allem aber jene für sie typische erotische Ausstrahlung verloren hatte.
Bei den Abendkleidern der Damen beherrschten die Farben Blau und Rot das Bild, die Herren trugen Smoking oder den schlicht eleganten Abendanzug. Nachdem sich die Gästeschar endlich auf denen für sie vorgesehenen Plätze niedergelassen hatte, hielt Paul Cornelius eine kleine, überraschend kurze Rede zur Einleitung des Abends, und außer, dass er sich bei all jenen bedankte, die seiner Einladung gefolgt waren, gab es weiter keine großartigen Lobeshymnen – weder auf den Erfolg des ständig wachsenden Unternehmens noch auf jene, die möglicherweise damit gerechnet hatten, besonders erwähnt zu werden.
Eigentlich hätte man mit dem Dinner anfangen können, aber es fehlten noch zwei Gäste. Robert Debus und seine „Begleitung“. Solange Robert nicht aufgetaucht war, wurde die Stimmung weder dem Essen noch den ausgezeichneten Weinen gerecht.
Hinter der glitzernden Fassade und dem unverbindlichen Geplauder verbarg sich eine deutlich spürbare Spannung, ja, hier und da sogar Gereiztheit, ganz besonders bei Kitty Cornelius, die mit Jens Schneider und einem anderen jungen Paar an einem Tisch ziemlich nahe beim Eingang saß – und wartete.
Jene, die den Hintergrund kannten, wussten, worauf Kitty wartete. Sie aß nicht, trank nur einen Schluck Wein, ließ hin und wieder eine Bemerkung fallen und behielt dabei die ganze Zeit die Tür im Auge.
Robert hatte nicht die Absicht gehabt, als Letzter der geladenen Gäste zu kommen. Er war nicht der Typ, der diese Art von großem Auftritt brauchte. Aber Maren kam eine halbe Stunde später als verabredet, weil der Babysitter für ihre Söhne aus irgendwelchen Gründen, an die Maren sich nicht mehr erinnerte, unpünktlich war.
„Es tut mir so leid“, sagte sie, restlos außer Atem, umarmte Robert hastig und atmete einige Male tief durch. Er, der die ganze Zeit draußen auf dem Flur zum Saal auf und ab gegangen war, winkte lässig ab.
„Paul hat sicher gar nicht bemerkt, dass wir noch nicht da sind. Er ist immer viel nervöser als seine Gäste, gewissermaßen wie ein Kind am Weihnachtsabend.“
Daraufhin begann Maren zu lachen. Sie lachte auch noch, als sie an Roberts Seite den Saal betrat, wo sich schlagartig sämtliche Köpfe nach ihnen umdrehten und für einen Moment alle Gespräche abbrachen.
Es herrschte absolute Stille, als Paul Cornelius sich erhob, um Robert und seine Begleiterin zu begrüßen.
„Robert“, sagte er geradezu erleichtert, „ich fürchtete schon, du würdest nicht kommen.“
„Wieso das?“ Robert war überrascht. „Ich hatte mich doch angemeldet.“
„Ich weiß, aber manchmal kommt ja alles anders, als man plant, nicht wahr? Gut, nun bist du da und dann mit einer so zauberhaften Begleiterin. Ich glaube, wir kennen uns noch nicht, oder?“
Robert lächelte. „Das ist Dr. Maren Schellhorn. Maren, darf ich dir den Big Boss von Cornelius Company vorstellen?“
Cornelius hatte aufgehorcht, als er Marens Namen hörte. „Frau Doktor, wenn Sie mögen, nahmen Sie hier Platz,“ bot er ihr nun, sichtlich beeindruckt, aber auch irgendwie befangen an.
Maren
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